Politik/Inland

Verteilung der Flüchtlinge soll komplett neu geregelt werden

Es wird die erste außenpolitische Offensive des Kanzlers im neuen Jahr – und sie betrifft gleich jenen Bereich, der auch 2016 die heimische wie auch die internationale Politik dominieren dürfte: Werner Faymann will sich für ein gemeinsames EU-Asylrecht stark machen, um so den Flüchtlingsandrang in den Griff zu bekommen.

Im Jänner soll Kanzleramtsminister Josef Ostermayer mit seinem deutschen Amtskollegen Peter Altmaier (CDU) die "Grundsätze einer Neuordnung des Europäischen Asylwesens" koordinieren. Schon beim nächsten EU-Gipfel Mitte Februar in Brüssel könnte die Faymann-Merkel-Linie die Basis für eine Debatte unter allen Staats- und Regierungschefs bilden.

Das mögliche neue EU-Asylrecht im KURIER-Faktencheck.

Wieso soll das Asylrecht in der EU überhaupt neu geregelt werden?

Derzeit gibt es einige wenige Länder – u.a. Deutschland, Österreich und Schweden – in die besonders viele Flüchtlinge ziehen. Andere Länder, darunter die meisten osteuropäischen, sind viel weniger betroffen.

Faymann führt das auch darauf zurück, dass die Bedingungen (Verfahren, Versorgung, etc.) in den EU-Staaten sehr unterschiedlich sind – und die meisten Flüchtlinge eben in jene Länder wollen, die als besonders attraktiv gelten. "Wenn man will, dass sich nicht jeder aussucht, wo er hinkommt, braucht es überall gleiche Bedingungen", sagte Faymann am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

Was soll laut Faymanns Plan anders werden?

Die möglichst gleichen Bedingungen sollen die Basis sein für eine neue Verteilung der Flüchtlinge. Die soll mittels fix vereinbarter Quote erfolgen. Die EU-Kommission hat vor Monaten ein Modell vorgelegt, das sich an Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft und Arbeitslosigkeit der jeweiligen EU-Staaten orientiert – und an den bereits aufgenommenen Flüchtlingen. Österreich würde in diesem Modell stark entlastet.

Wie soll die Verteilung der Flüchtlinge in der Praxis konkret ablaufen?

Ein Arbeitspapier aus dem Kanzleramt skizziert den neuen Ablauf so: Alle Flüchtlinge sollen sich in den "Hot Spots", die an den Außengrenzen und entlang der Flüchtlingsrouten eingerichtet werden, registrieren, dort – und nur dort – einen Asylantrag stellen und abwarten, welchem Land sie zugeteilt werden. Gibt es grundsätzlich grünes Licht für ein Asylverfahren, geht es weiter in das Zielland, wo dann das Verfahren abgewickelt wird.

Können Flüchtlinge nicht trotzdem nach Belieben weiterreisen wie bisher?

Nein. Wer vor einer Zuteilung in ein Zielland weiterreist, soll zurück zum "Hot Spot" geschickt werden. Selbst bei positivem Asylbescheid soll die Reisefreiheit eingeschränkt werden: Fünf Jahre lang soll man "sein" EU-Land nur mit Erlaubnis der Behörden verlassen dürfen.

Wie sollen die Blockierer vom neuen System und der Quote überzeugt werden?

Am effektivsten wird wohl der finanzielle Druck über das EU-Budget sein. Faymann spricht sich seit Monaten dafür aus, dass der Zugriff auf die gemeinsamen Töpfe eingeschränkt werden soll, wenn man sich in der Flüchtlingsfrage "unsolidarisch" zeigt. Um eine Änderung der EU-Verträge zu erreichen, wird bereits an einer "Koalition der Willigen" gearbeitet.