Politik/Inland

Die Schulreform im Praxistest

Bis zu acht Schulen sollen in einem Cluster zusammengefasst und nur noch von einem Super-Direktor geleitet werden. Direktoren sollen künftig ihr Lehrpersonal aussuchen und inhaltliche Schwerpunkte setzen dürfen. Klassengrößen sollen variabel, 50-Minuten-Einheiten praktisch abgeschafft werden.

All das steht im Autonomie-Paket der Regierung. Experten und Ländervertreter sehen es durchwegs positiv. Aber was sagen die Direktoren, die von der Reform besonders betroffen wären? Der KURIER fragte nach.

"Mehrere Schulen zusammenzulegen, das kann man bei Klein- und Kleinstschulen am Land leichter machen, und dort wird es auch schon gemacht. Aber in der Stadt, wo es größere Schulen gibt, ist das schwieriger", meint Anneliese Hell (55), Direktorin der Neuen Mittelschule (NMS) Brüßlgasse in Wien-Ottakring. In ihrer Schule gebe es allein 12 Klassen und 300 Schüler. Hell "drängt sich der Eindruck auf", dass hinter der Cluster-Idee der "Spargedanke steht".

Befehlsausgeber

Das sieht auch Josef Huber (63) so. Der Direktor der Volksschule Hof bei Salzburg meint zudem, dass der persönliche Bezug abhandenkäme: "Wenn ein Direktor für bis zu acht Schulen zuständig ist, kann er nicht einmal jede Schule ein Mal in der Woche besuchen. Da ist der Direktor nur noch Befehlsausgeber."

Niederösterreich setzt schon jetzt auf Cluster. Wie funktionieren sie dort? Andrea Strohmayer leitet je zwei Volksschulen und zwei NMS in Rappottenstein und Schönbach mit insgesamt 190 Schülern in elf Klassen: "Ich hätte das nicht gedacht, aber die Zusammenlegung ist das Beste, was passieren konnte. Wir haben einen roten Faden in der Pädagogik von der 1. bis zur 8. Schulstufe, auch weil bei uns die Lehrer beider Schultypen eng zusammenarbeiten. An jedem Standort machen Volksschule und NMS die Konferenzen gemeinsam."

Besonders gute Erfahrungen hat Strohmayer mit dem Aufbrechen der 50-Minuten-Einheiten gemacht: "Wir haben an der NMS schon viel ausprobiert, so dass wir flexibler arbeiten können."

Skeptischer betrachtet man die Cluster offenbar in den höheren Schulen. Leopold Mayer (56), Leiter der HLW Hollabrunn, meint etwa: "Dazu sind unsere Schulen zu groß. Und anderes, was in dem Reformpapier gefordert wird, machen wir schon jetzt, etwa Leitbilder und Schulprofile entwickeln."

Niederösterreichs Landesschulratspräsident Johann Heuras findet Cluster grundsätzlich positiv, "weil man Ressourcen flexibler einsetzen und die Schulen besser aufeinander abstimmen kann." Dass eine Direktorin bis zu acht Schulen leitet, sei aber nur möglich, wenn sie von Sekretärinnen unterstützt wird: "Wenn Schulen kostenneutral zusammenarbeiten sollen, sollten die gewonnen Ressourcen für Administration und Unterstützungspersonal eingesetzt werden. Derzeit will niemand die Sekretärinnen bezahlen."

Direktor Huber ergänzt: "Mir fehlen im Schulpaket Schulpsychologen und Fachpersonal wie etwa Logopäden." Hell kritisiert, dass die Regierung verabsäumt hat, einheitlich zu regeln, wer für die Lehrer zuständig ist. Derzeit sind Pflichtschullehrer bei den Ländern, AHS-Lehrer beim Bund angestellt. "Und das Thema gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen wurde ausgespart."

Wie beurteilen die Schulleiter, dass sie Lehrer auswählen dürfen? Huber: "In Salzburg machen wir das schon seit etwa drei Jahren." Auch Hell schildert: "Es ist schön, wenn das niedergeschrieben wird, aber für mich persönlich wird sich nicht viel ändern. Denn ich kann schon heute Wünsche äußern. In der Regel nimmt der Stadtschulrat darauf Rücksicht."

Hätten die Direktoren gerne die Möglichkeit, sich von Lehrern trennen zu können? Huber würde nicht so weit gehen. Aber: "Die Pragmatisierung ist ein Hindernis. Eine Versetzung im Umkreis von 20 bis 30 Kilometer sollte möglich sein. Und es sollte alle fünf Jahre eine Dienstbeurteilung geben. Meine letzte wurde vor mehr als 25 Jahren verfasst."