Coronavirus: Regierung will Vorgang in Ischgl prüfen und aus Fehlern lernen
Der Coronavirus-Herd Ischgl sorgt zunehmend für vehemente politische Debatten und den Ruf nach Konsequenzen. Der FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer nimmt Gesundheitsminister Rudolf Anschober in die Pflicht. Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer forderte indes den Kopf von ÖVP-Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg. Zuletzt hatte es auch massive Kritik an den Verantwortlichen in internationalen Medien - vor allem in Skandinavien und Deutschland - gegeben.
Am Dienstag reagierten Gesundheits- und Innenminister auf die Vorgänge in Ischgl und auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) äußerte sich erneut zu Wort.
Anschober: "Man kann nirgendwo ausschließen, dass Fehler passieren"
Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer ( ÖVP) wollen den Umgang der Behörden im Tiroler Ischgl mit der Corona-Krise genau prüfen und aus allfälligen Fehlern lernen und Verbesserungen erzielen. "Man kann nirgendwo ausschließen, dass Fehler passieren", sagte Anschober. Jetzt aber laute sein Appell: "Konzentrieren wir uns auf die Bewältigung der Krise."
Der Gesundheitsminister berichtete, er habe sich die Daten vorlegen lassen, man werde das genau analysieren. "Schauen wir es uns an, wo hat es funktioniert, wo sind Fehler passiert." Fehler seien "in einer derartigen Situation nicht auszuschließen" - und: "Dann braucht es auch Konsequenzen, um Verbesserungen zu erreichen." Innenminister Nehammer sagte, alle, die im Einsatz stehen, seien gezwungen, "ihr Bestes zu geben". Und: "Ja, wir sind alle gefordert, aus Abläufen zu lernen, besser zu werden."
Platter: Abläufe müssen nach Krise auf "Prüfstand"
Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat Dienstagabend erneut auf die Vorwürfe, wonach die Tiroler Behörden - vor allem in Sachen Ischgl - zu spät hinsichtlich der Eindämmung des Coronavirus gehandelt hätten, reagiert. Man müsse im Nachhinein die Abläufe "auf den Prüfstand stellen und klären, was besser gemacht werden hätte können", räumte Platter ein.
"Wir werden das auch rasch aufarbeiten müssen", meinte der Landeshauptmann. Leider könne niemand "das Buch von hinten lesen". Alles richtig zu machen sei angesichts dieser Krise nicht möglich. Nachdem die Situation überstanden wurde, müsse Tirol "daraus Lehren für die Zukunft ziehen". In seinen Augen seien Entscheidungen "schnell" getroffen worden und "sehr radikal" - "aber diese Kompromisslosigkeit rettet am Ende Leben", so der Landeshauptmann in einer Aussendung.
Einmal mehr betonte Platter, dass Tirol "umfassend" reagiert "und das Menschenmögliche in der jeweiligen Situation getan" habe.
Norbert Hofer hatte zuvor eine Stellungnahme von Anschober gefordert. Das gestrige - "eher hilflos wirkende" - Interview von Tilg in der ZIB 2 lege für Hofer den Verdacht nahe, dass dieser nun der Öffentlichkeit als "Bauernopfer" präsentiert werden soll.
Während Island und andere skandinavische Länder bereits in der ersten März-Woche festgestellt hätten, dass sich ihre Bürger allesamt beim Skifahren in der Region Ischgl angesteckt haben, wären die Behörden in Österreich nicht in Gang gekommen und hätten das "ansteckende Apres-Ski-Treiben" weiter geschehen lassen. "Mittlerweile ist bewiesen, dass es hunderte Corona-Fälle europaweit gibt, deren Epizentrum in Ischgl liegt. Die Zahlen steigen weiter an", so der FPÖ-Chef.
Dornauer fordert Abberufung von Landesrat Tilg
Tilg sei laut Georg Dornauer mit der aktuellen Situation überfordert und mit seinen eigenen Fehlentscheidungen beschäftigt, so der Tiroler SPÖ-Vorsitzende. "Er muss mit sofortiger Wirkung abberufen werden", verlangte Dornauer. Es brauche jetzt Experten im Gesundheitsressort. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) stehe in der Verantwortung, so schnell wie möglich Maßnahmen zu ergreifen. Zumal die Krise ihren Höhepunkt noch nicht erreicht habe, meinte Dornauer, der Fahrlässigkeit und Fehlleistungen ortete.
Nachdem wir das Virus besiegt haben, werde die Tiroler SPÖ "mit allen parlamentarischen Mitteln" auf Bundes- und Landesebene für volle Aufklärung in dieser Angelegenheit sorgen, kündigte Dornauer Anfragen im Landesparlament und im Nationalrat an. Außerdem werde geprüft, wann eine Sondersitzung des Tiroler Landtags zur Causa möglich und sinnvoll ist.