Politik/Inland

BVT-Ausschuss: Goldgruber konnte Widersprüche nicht ausräumen

Der BVT-Untersuchungsausschuss startete mit einem prominenten Zeugen in die Ausschuss-Woche: Innenminister Herbert Kickls (FPÖ) Generalsekretär Peter Goldgruber musste am Dienstag erneut ins Parlament kommen.

Die zweite Befragung Goldgrubers gestaltete sich zäh. Goldgruber blieb bei seinen früheren Aussagen und wies zahlreiche Erinnerungslücken auf. Die Widersprüche zwischen seinen Angaben und den Aussagen anderer Zeugen blieben damit bestehen.

Keine Antwort zu "Aufräumen" im Innenministerium

So konnte Goldgruber nicht sagen, ob der bekannte Sager, wonach er von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) den Auftrag bekommen habe, im BVT "aufzuräumen" gefallen sei. Die für die Hausdurchsuchung zuständige Staatsanwältin Ursula Schmudermayer hatte eine entsprechende Aktennotiz angelegt. "Ich kann nicht sagen, ob dieser Satz so gefallen ist. Es kann sein, dass die einzelnen Wörter so gefallen sind", versuchte Goldgruber den Fragen von Peter Pilz auszuweichen. Als dieser nicht locker ließ, entschlug sich Goldgruber der Aussage.

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Widersprüche zu Kardeis-Notizen

Auch beim Thema verdeckte Ermittler orten die Abgeordneten Widersprüche zwischen Goldgrubers erster Befragung und den Aussagen von BVT-Chef Peter Gridling und der Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis. Goldgruber wollte aber nicht beantworten, ob er nun Gridling gefragt habe, wo im rechtsextremen Bereich verdeckte Ermittler eingesetzt werden, oder nicht - er verwies stattdessen darauf, dass gegen ihn selbst mittlerweile Ermittlungen laufen.

Goldgruber hatte ausgesagt, die Burschenschaft Germania sei in Gesprächen zwischen ihm und Generaldirektorin Kardeis "nie ein Thema" gewesen. Kardeis hingegen hatte unter Hinweis auf ihre Aufzeichnungen gesagt, Goldgruber habe mit ihr am 14. Februar über die Germania gesprochen. Heute sagte Goldgruber, er habe bei seiner ersten U-Ausschuss-Aussage vielleicht eine Frage falsch verstanden. Es sei möglich, dass über die Germania geredet wurde, im Zuge der überlegten Auflösung. "Wir reden im Lauf des Jahres über viele Themen, über tausende Themen, ich weiß nicht, mit welcher Führungsperson über welches, das kann nicht sagen, wie stellen Sie sich das vor", so Goldgruber. "Ich habe keine Erinnerung dazu. Meiner Erinnerung nach war die Germania nie Thema", sagte der Generalsekretär.

Im Visier der Justiz

Goldgruber ist mittlerweile jedenfalls selbst im Visier der Justiz: Nach zahlreichen Anzeigen in der Causa wird auch der Generalsekretär von der Staatsanwaltschaft Korneuburg als Verdächtiger geführt - gegen ihn wird wegen Amtsmissbrauchs, Verleumdung und falscher Beweisaussage ermittelt.

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Vom Verfahrensrichter wurde er dazu befragt, dass er in die Kanzlei des Rechtsanwalts Gabriel Lansky zu einer Aussprache auf dessen Einladung erschienen sei. "Ist das üblich?", fragte der Richter. Er wisse nicht, ob es üblich sei, dass ein hoher Beamter zu einem Rechtsanwalt gehe. "Ich rede mit jedem Menschen, unabhängig davon, ob er Anwalt ist oder nicht. Ich habe keine Berührungsängste mit Menschen", so Goldgruber.

"Er hat mir das übergeben und hat gemeint, das wäre etwas, was mich interessieren müsste. Wir haben drin geblättert und es war bald klar, dass mir viele Namen bekannt vorkamen." Er habe das Konvolut davor nicht gekannt, obwohl dieses bereits seit einem halben Jahr bei diversen Behörden im Umlauf gewesen sei. "Da war ich woanders tätig", sagte Goldgruber.

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Goldgruber: Kein Einfluss auf Aktenlieferung

Ein Teil der Befragung drehte sich um die Aktenlieferungen aus dem Innenministerium an den Ausschuss, die die Opposition für äußerst mangelhaft hält. Goldgruber verwies auf die Zuständigkeit von Sektionschef Mathias Vogl.

Vogl hat laut Goldgruber alle Akten "freigegeben" und an das Parlament übermittelt. Das Kabinett habe Vogl die Dokumente, die es für relevant gehalten habe, weitergeleitet und dieser habe alles freigegeben. "Ich wollte mich ganz bewusst nicht einbringen, damit nicht der Eindruck entsteht, dass ich Einfluss nehmen wollte", sagte Goldgruber.

Bei der Befragung durch Jan Krainer von der SPÖ kam heraus, dass ausgerechnet jene Mitarbeiterin des Innenressorts, die mit einem Presseausweis im Medienraum des U-Ausschusses gesessen war, auch für Aktenlieferungen zuständig sei. Laut Krainer gibt es eine Sachverhaltsdarstellung, in der behauptet wird, dass Frau N. den Presseausweis unter Angabe falscher Daten erhalten habe. Diese werde derzeit geprüft.

Verschiedene Maßstäbe bei Suspendierungen geortet

Auf Befragen von Neos-Mandatarin Stephanie Krisper stellte Goldgruber in Abrede, dass er treibende Kraft bei den Suspendierungen der beschuldigten BVT-Beamten in der Affäre war. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese dann später wieder aufgehoben. Krisper bezweifelt offenbar, dass überall dieselben Maßstäbe angelegt werden: Sie merkte an, dass etwa gegen Kabinettsmitarbeiter Udo Lett ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs laufe. Er wurde aber nicht suspendiert.

Bei vielen anderen Fragen - etwa zur Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten - wollte Goldgruber nicht in medienöffentlicher Sitzung Auskunft geben.

 

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Sektionschef springt ein und verteidigt Aktenlieferungen

Der für die Aktenlieferungen aus dem Innenministerium an das Parlament zuständige Sektionschef Mathias Vogl hat im Anschluss die Arbeit seiner Abteilung verteidigt. Dass dem Ausschuss kein einziges Email eines ÖVP-Innenministers oder eines Kabinettmitarbeiters vorliegt, liege nicht in seiner Verantwortung, erklärte Vogl, der heute kurzfristig anstelle einer anderen Zeugin eingesprungen war.

"Ich bitte Sie, das mit den betroffenen Ministern auszumachen und nicht mit mir." Seine Abteilung habe dem Ausschuss mehr als 58.000 Seiten geliefert und das sei sehr viel. Für die Vollständigkeit und Inhalt der Akten sei er nicht zuständig. "Der Auftrag war, dass jeder involvierte Mitarbeiter gebeten wird, entsprechende Akten zu liefern."

Vogl, der als Leiter der Sektion Legistik schon bei vier U-Ausschüssen für Aktenlieferung aus dem Innenministerium an das Parlament verantwortlich war, bezeichnete das Vorgehen beim aktuellen Ausschuss als "üblich". Es habe dieses Mal keine Abweichungen zum üblichen Prozedere gegeben, man habe alles so gemacht wie bei früheren Ausschüssen. "Es ist genau der selbe Weg wie bei früheren Ausschüssen gewählt worden."

Vogl bestätige die Aussagen von Goldgruber, wonach sich dieser in die Aktenlieferungen nicht eingemischt hätte. Goldgruber habe ausdrücklich angeordnet, "dass es keine Abstimmung mit dem Kabinett geben soll". Die Verantwortung für die Vollständigkeit der Akten "obliegt jenen, die sie zusammenstellen". Das könne eine Einzelperson oder eine Organisationseinheit sein, erklärte Vogl. Diese nehmen die inhaltliche Beurteilung, Schwärzungen und etwaige Klassifizierungen vor und unterschreiben eine Vollständigkeitserklärung.

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Thema Postenschacher im BVT

Zweite Auskunftsperson am Dienstag wäre Hauptbelastungszeugin Ria-Ursula P. gewesen. Bei ihr besteht die Vermutung, dass sie ihren zwischenzeitlichen Posten beim Verfassungsschutz politischer Einflussnahme zu verdanken hatte. 

Bei ihrem ersten, überaus selbstbewussten Auftritt im Ausschuss Mitte Oktober bot P. einen Rundumschlag: Sie sprach von Machtspielen, Unprofessionalität, Sicherheitsrisiken und Mobbing im BVT. Sie hatte auch Innenminister Kickl von den Vorwürfen berichtet und wurde dann von dessen Kabinettsmitarbeiter zur Staatsanwaltschaft begleitet. Ihre Eignung für den Verfassungsschutz war auch schon in ihrer ersten Befragung im Ausschuss Thema - P., verheiratet mit dem Generalsekretär des Außenministeriums und Tochter eines früheren niederösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreters (der ÖVP), beharrte aber darauf, bestens qualifiziert zu sein.

Nach Informationen der APA hatte es zuletzt Unmut im Ausschuss gegeben, weil P. nicht fürs Parlament erreichbar gewesen sei, wie es aus mehreren Fraktionen hieß. Am Montag wies P. dies aber zurück und gab an, im Ausland zu weilen.

Am Dienstagnachmittag wurde allerrdings Auskunftsperson Theresa H. befragt. Sie soll bei einer Postenbesetzung zugunsten von P. übergangen worden sein soll. P. soll im BVT über ihre Bekanntschaft mit Ex-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) geprahlt haben, wie im U-Ausschuss thematisiert worden ist.

"Schaden von der Republik abgewendet"

H. stellte sich im Ausschuss als topqualifizierte Juristin dar, die die Aufnahme bei der Polizei und spätere Ausbildungskurse "mit der höchsten Punktezahl" bestanden habe und sogar "großen Schaden von der Republik abgewendet" habe.

Sie ist nach Eigenangaben Juristin mit Schwerpunkt Finanzrecht und war zwischen 2015 und 2018 für das Innenministerium in verschiedenen Positionen, u.a. im BVT tätig. August/September 2018 habe sie gekündigt und sich danach bei einem "attraktiven, renommierten Arbeitgeber" beworben und die Ausschreibung gewonnen. "Ich habe gekündigt, weil ich dieses Kapitel für mich abgeschlossen hatte." Ins Innenministerium gekommen sei sie über den Exekutivdienst, wo sie sich wegen ihrer "großen Begeisterung für die Polizei" beworben habe. "Für mich ist Sicherheit der wichtigste Aspekt in dieser Republik und daran hat sich nichts geändert." Aufgrund ihrer großen Expertise sei sie dann aber von der Personalabteilung ins BVT gelotst worden.

Ihr Vorgesetzter im BVT, der Chef der Spionageabteilung, sei von ihrer Arbeit begeistert gewesen. Als ein A1-Posten frei geworden sei, sei "sonnenklar" gewesen, dass sie diesen bekommen werde, schilderte H. die Vorgänge. Doch dann soll ihr Ria-Ursula P. aus parteipolitischen Gründen vorgezogen worden sein. "Es gab keine Bewerbung, es erfolgte eine Besetzung der Planstelle", erzählte H. und legte ein E-Mail ihres Vorgesetzten vor, in dem dieser ihre ausgezeichnete fachliche Eignung lobt und meint, dass H. "großen Schaden von der Republik abgewendet" habe. H. sei ad hoc nach Südkorea geschickt worden und habe dort verhindert, dass Österreich auf die "Graue Liste" in Bezug auf Geldwäschereibekämpfung gesetzt werde.

Überraschung

Ihr Vorgesetzter habe an der Besetzung der Stelle durch Ria-Ursula P. aber nichts ändern können. Über ihr Verhältnis zu P. wollte H. nichts sagen. Das seien "persönliche Befindlichkeit, die nichts im Ausschuss verloren haben". Aufgrund der Feedbacks zu ihrer Tätigkeit sei es für sie klar gewesen, dass sie die Planstelle bekomme. "Alles andere war eine Überraschung. Alle Kollegen haben gesagt, es sei sonnenklar, dass ich die Stelle bekommen."

P. habe mit ihrer Freundschaft zu Mikl-Leitner geprahlt. Der damalige Kabinettschef Michael Kloibmüller habe für P. im BVT interveniert. Wofür P. zuständig gewesen sei? "Das weiß ich bis heute nicht", so die Zeugin. Sie habe "sich als operative Fall-Analytikerin bezeichnet". In dieser Angelegenheit gibt es anonyme Anzeigen, von denen H. aber nichts wissen wollte. Sie schloss aus, die Autorin einer solchen Anzeige zu sein.