Politik/Inland

Platter im BVT-Ausschuss: "Ist mir alles nicht in Erinnerung"

Der frühere Innenminister und heutige Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat im BVT-U-Ausschuss am Mittwoch ausgeschlossen, als Minister Einfluss auf die Ermittlungen und das Verfahren gegen die Tierschützer genommen zu haben. Im Detail konnte sich Platter aber an fast nichts erinnern, was bei der Opposition für Ärger sorgte.

"Nach meiner Erinnerung hat es in der Causa meinerseits keinerlei Weisungen gegeben. Sollte jemand etwas anderes behaupten, weise ich das auf das Schärfste zurück", sagte Platter gleich zu Beginn und stellte klar, dass er sich "nach zwölf Jahren nur mehr vage erinnern kann".

Die ganze Sache sei ihm nur noch vage in Erinnerung, daher im Kabinett wohl auch kaum ein Thema gewesen. Seiner Erinnerung nach habe er weder mit dem Kleider Bauer-Chef telefoniert noch ihn getroffen noch kenne er ihn überhaupt, so Platter.

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Kein Wissen über SOKO-Gründung

Auch über die Gründung der SOKO Bekleidung wusste er nichts. "Die ganzen Ermittlungen sind Sache der Exekutive und ich gehe davon aus, dass sie das richtig gemacht haben." Den Vorwurf, dass er die Ermittlungen gegen die Tierschützer vorangetrieben habe, um mit den Stimmen des ÖVP-Bauernbundes zum Landeshauptmann gewählt zu werden, bezeichnete Platter als "lächerlich". Es habe eine Landtagswahl gegeben und er sei mit allen Bünden der Volkspartei in gutem Einvernehmen. "Ich bin Mitglied beim Bauernbund, ich bin Mitglied des ÖAAB, des Wirtschaftsbundes, der jungen ÖVP, des Seniorenbundes und ich bin Mitglied der ÖVP-Frauen in Tirol", sagte Platter und sorgte damit für Lacher.

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SPÖ und NEOS konfrontierten Platter mit einer parlamentarischen Anfragebeantwortung, die falsche Anschuldigungen gegen die Tierschützer enthalten haben soll. Platter konnte sich auch hier nicht im Detail erinnern, ging aber davon aus, dass damals "alles korrekt beantwortet worden sein". Platter geriet mit SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer oft aneinander. Der Landeshauptmann kritisierte, dass er von Krainer "dauernd unterbrochen" werde. Krainer wiederum warf dem Landeshauptmann vor, dass seine Erinnerungslücken "unglaubwürdig" seien.

Politischer Einfluss geprüft

Platter wurde als Innenminister von 2007 bis 2008 befragt. Die Opposition und die Tierschützer vermuten, dass Geschäftsleute wie Kleiderbauer-Chef Peter Graf, die sich von Anti-Pelz-Aktionen gestört gefühlt haben, Einfluss im Innenressort geltend gemacht haben, um Ermittlungen loszutreten.

Die Aussagen von Graf vor dem Ausschuss vergangene Woche erhärteten diese These aber nicht wirklich: Zwar rief Graf im Ministerbüro an - einen Rückruf erhielt er demnach aber erst nach hartnäckigen Wiederholungen, wie er dem Ausschuss erklärte. Platter habe er nicht gekannt, "nur aus dem Fernsehen" - aber er sei doch immerhin der "Chef" (der Polizei) gewesen, deshalb habe er ihn kontaktieren wollen, argumentierte der Kleider Bauer-Geschäftsführer. Auch sonst habe er keine Kontakte zur ÖVP, Parteispenden seien ebenfalls nicht geflossen, betonte er.

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Extremismusreferatsleiterin sieht keine Interventionen

Zum dritten Mal im U-Ausschuss zu Gast war die Leiterin des Extremismusreferats im BVT, Sibylle G. Sie hat - nun zur Tierschützer-Causa geladen - die Vorwürfe bezüglich politischer Intervention nicht bestärkt. Sie erklärte, damals nichts derartiges mitbekommen zu haben.

Allerdings sei die Sache dem Innenressort wichtig gewesen und man habe rasch Ergebnisse haben wollen. So war es auch der erste G. bekannte Fall, wo auf Initiative der Generaldirektion für Öffentliche Sicherheit eine Sonderkommission eingerichtet worden sei, der sie auch selbst angehörte.

Urnenentführung

In der Sache war diese für G. aber durchaus berechtigt, wobei sie die Führung der SOKO eigentlich beim BVT gesehen hätte. Radikale Tieraktivisten seien damals auch international ein großes Thema gewesen. Es seien teils hohe Schäden entstanden, die auch ins persönliche gegangen seien. So sei die Urne der Mutter eines Managers entführt worden.

Verdeckte Ermittlerin als sinnlos gesehen

Dass es bei den Tierschützern zu Razzien gekommen war, obwohl es bis dahin nur Indizien gegeben habe, verteidigte G. Denn Hausdurchsuchungen seien eben auch dazu da, Beweise zu beschaffen. Nichts hat die Extremismus-Expertin davon gehalten, eine verdeckte Ermittlerin einzuschleusen. Denn man könne nicht so schnell tief in solch eine Organisation vordringen. Das brauche Jahre.

Ungewöhnlich war laut G., dass der Leiter der Sonderkommission sich mit dem Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit über Ermittlungsergebnisse besprochen habe, bevor man zur Staatsanwaltschaft gegangen sei. Sie glaube hier aber nicht an politische Einflussnahme, sondern an voreilenden Gehorsam des Soko-Chefs.

Der heutige Tag zeigte einmal mehr: Der BVT-U-Ausschuss tut sich mit der Causa Tierschutz schwer. Denn auch die Befragung der dritten und letzten Auskunftsperson brachte keinerlei Hinweise auf ein politisches, der ÖVP nahe stehendes Netzwerk, das die Ermittlungen gegen die Aktivisten vorangetrieben hätte. Großteils drehten sich nicht einmal die Fragen darum.

Geladen war ein IT-Experte B., der die Auswertung der bei einer Hausdurchsuchung mitgenommenen elektronischen Unterlagen koordinierte. Er machte schon bei seiner Befragung durch den Verfahrensrichter klar, dass auf seiner Ebene keinerlei politische Einflussnahme wahrnehmbar gewesen sei. Begegnet ist er zwar einem der Kleider Bauer-Chefs, aber nur zufällig, als dieser mit einem der SOKO-Leiter, Josef Böck, in seinem Stammlokal Mittagessen war.

Zeitdruck in großen Fällen

Überrascht war der Mann, der mittlerweile in Pension ist, wie groß die Datenmengen waren, mit denen er und seine Kollegen konfrontiert waren, bei ihm selbst zwölf bis 13 Terabyte, für damalige Verhältnisse sehr viel. So seien nicht einmal alle unverschlüsselten Daten ausgewertet worden, von den unverschlüsselten gar nicht zu reden. Unter Druck gesetzt fühlte sich der Mann weder vom Staatsanwalt noch von der Sonderkommission. Der Druck sei nur aus der Menge der auszuwertenden Materialien und in diesem Zusammenhang mit dem in solchen großen Fällen immer bestehenden Zeitdruck entstanden.

Zufrieden sei die Sonderkommission mit den Ergebnissen nicht gewesen, glaubt der IT-Koordinator. Aber mehr habe man eben nicht gehabt. Und es sei irgendwann einmal gesagt worden, die Ermittlungen seien nun abzuschließen. Dies sei aber nicht nur in der Causa so gewesen. Die Frage, ob die Einrichtung solch einer Sonderkommission in einer entsprechenden Angelegenheit üblich sei, wollte der Datenforensiker nicht konkret beantworten: "Wir sind Fachtrottel."

Der Tierschützer und der Gartenschlauch

Ob er strafrechtlich relevante Fakten in den von ihm ausgewerteten Unterlagen gefunden hatte, konnte sich der IT-Experte kaum erinnern. Weitergeleitet habe er alles, vermutlich ent- wie belastendes. Der Experte entsann sich konkret nur eines Falls, wo Verein gegen Tierfabriken-Chef Martin Balluch von seinem Sohn von einer Aktion informiert wurde, dass dieser ein Haus mit einem Gartenschlauch unter Wasser gesetzt habe. Balluch senior habe den Junior da gewarnt, dass dies schwere Sachbeschädigung darstellen könne.