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Buwog-Prozess: Grasser-Anwalt will Ramprecht anzeigen

Im Monster-Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP), Walter Meischberger, Peter Hochegger und andere in der Causa Bundeswohnungsprivatisierung  gehen diese Woche die Zeugeneinvernahmen weiter.

Am Dienstag, dem 94. Tag im Strafprozess im Wiener Straflandesgericht, kamen zunächst zwei Angehörige des Belastungszeugen Michael Ramprecht in den Zeugenstand. Ramprecht hatte bei seiner Befragung vergangene Woche abermals bekräftigt, der mitangeklagte aber verhandlungsunfähige Immobilienmakler Ernst Karl Plech habe ihm gegenüber zugegeben, die Vergabe an Lehman und die restliche Buwog-Privatisierung seien "ein abgekartetes Spiel" gewesen, hinter allem stecke "der Minister" - also Grasser. Plech habe Ramprecht draufhin bedroht, und ihm Geld für sein Schweigen angeboten. Ramprecht will das Geld zwar nicht genommen, aber auf Bitte seiner Familie zunächst geschwiegen haben. Erst als die Medien den Fall aufgriffen, meldete er sich 2009 wieder öffentlich zu Wort.

Ainedter prüft Anzeige

Grasser-Anwalt Manfred Ainedter sagte am Ende des Verhandlungstags zu den anwesenden Journalisten, dass er Ramprecht wegen des Vorwurfs der falschen Zeugenaussage anzeigen werde, sollte die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus tätig werden. Er bezieht sich darauf, dass Ramprecht mehrmals von Aussagen des Unternehmers Erwin Soravia gesprochen habe, wonach Grasser etwa bei der Dorotheums-Privatisierung "Cash genommen" habe. Soravia, der heute als vierter Zeuge geladen war, hat dies mit deutlichen Worten erneut mehrmals bestritten (siehe Liveticker). Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ramprechts Frau von Plech hinausgeworfen

Als erstes geladen war heute die Ehefrau des Zeugen der vergangenen Woche, der in einem lauten und emotionalen Prozesstag Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser schwer belastet hat - gleichzeitig aber auch widersprüchliche Aussagen zu früheren Vernehmungen tätigte.

Die Zeugin bestätigte heute im Wiener Straflandesgericht die Aussagen ihres Ehemannes, wonach sie vom drittangeklagten Immobilienmakler Plech - der kurz nach Prozessbeginn aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig wurde - aus heiterem Himmel im Frühling 2004 aus dessen Immobilienfirma hinausgeworfen wurde. Sie habe sich das nicht erklären können, weil sie zu Plech zuvor ein freundschaftliches Verhältnis hatte.

Streit mit Plech

Begründung durch Plech habe sie keine erhalten. Erst ihr Mann habe ihr dann gesagt, dass die Beendigung der Zusammenarbeit nichts mit ihrer Maklertätigkeit zu tun hatte, sondern weil ihr Mann vorher mit Plech zusammengekracht war. "Er hat mir gesagt, dass Herr Plech ihm gesagt hat, dass der Buwog-Verkauf nicht rechtens ist, dass da Leute finanziell mitschneiden. Michael hat von Plech gesprochen, und den Namen Grasser erwähnt", so die Zeugin. "Er hat gesagt, er möchte das zur Anzeige bringen, ich hab ihn gebeten er soll tunlichst davon ablassen.." Denn was könne ein Einzelner schon gegen einen Finanzminister ausrichten?

Ihr Ehemann, der ehemalige Grasser-Mitarbeiter Michael Ramprecht, hatte in der Vorwoche ausgesagt, dass Plech ihm damals beim Tennisspielen mitgeteilt hatte, dass der Verkauf der Bundeswohnungen (u.a. Buwog), ein "abgekartetes" Spiel war um bei der Privatisierung gemeinsam mit Grasser mitzukassieren. Er, Ramprecht, habe dann Plech angedroht dies zur Anzeige zu bringen - was er dann aber doch nicht tat. Erst im Herbst 2009, nachdem die Millionenprovision beim Buwog-Verkauf bekannt wurde, ging Ramprecht mit einem "profil"-Interview an die Öffentlichkeit und belastete Grasser.

Ramprechts Ehefrau konnte sich damals die Beendigung des Dienstverhältnisses mit Plech von einer Sekunde auf die andere nicht erklären, wie sie heute aussagte. Dass sie und ihr Mann für eine Wohnung einen Kredit von Plech erhalten hatten, räumte sie ein, sie hätten den Kredit fristgerecht zurückgezahlt. Grasser, Walter Meischberger und Peter Hochegger habe sie im Zusammenhang mit Plech nie wahrgenommen. Ihr Wissen zu der angeklagten Causa Buwog basiere lediglich auf den Aussagen ihres Mannes, eigene Wahrnehmungen zum Verkaufsprozess hatte sie keine.

Bitte um Nicht-Anzeige

Sie habe ihren Ehemann gebeten, keine Anzeige zu erstatten und sei dabei vom Bruder ihres Gatten unterstützt worden, der ebenfalls bei Plech arbeitete und noch blieb, als seine Schwägerin gefeuert wurde. Dass Ramprecht belastende Tonbandaufnahmen von Plech habe, wie er zuletzt vor Gericht aussagte, davon wisse sie nichts. Dass Plech damals gedroht habe, die Familie Ramprecht zu "vernichten", habe ihr ihr Schwager erzählt. Dieser war nach der Zeugin geladen und bestätigte die Aussage im weiteren Verlauf noch mehrere Male (siehe Liveticker).

Die Befragung durch Richterin Marion Hohenecker dauerte nur gut eine halbe Stunde, danach fragte Grasser-Anwalt Manfred Ainedter. "Warum waren Sie so dagegen?" wollte er wissen. "Was hat's gebracht?" meinte die Zeugin. Ihr Mann werde in der Öffentlichkeit schlecht dargestellt. "Ich hab für uns, für die Familie, nur Nachteile gesehen".

Der Bruder: Mit dem Auto zum Tennismatch

Der Bruder des Belastungszeugen Ramprecht stützte danach im wesentlichen dessen Angaben. Ramprechts Bruder hatte von 2000 bis 2005 ebenfalls im Büro von Plech in Wien gearbeitet. Plech ist mitangeklagt im Prozess, hat aber alle Vorwürfe zurückgewiesen. Er soll laut Anklage mit Grasser, Walter Meischberger und Peter Hochegger gemeinsame Sache gemacht haben, um bei der Privatisierung der Bundeswohnungen eine Millionenprovision für Insiderinformationen zu lukrieren.

Ramprechts Bruder sagte heute aus, dass er Michael Ramprecht einmal mit dem Auto zu einem Tennismatch mit Plech hingebracht habe. Nachher habe ihm Michael empört erzählt, dass da eine "Schweinerei" laufe. Plech habe das Match verloren, sich aufgeregt und ihm gesagt, die ganze Privatisierung der Buwog sei ein abgekartetes Spiel gewesen und dass dahinter Grasser stehe. Außerdem habe Michael ihm geschildert, dass er eine Kommission umdrehen musste oder noch umdrehen müsse - genau konnte der Zeuge sich nicht mehr daran erinnern, ob sein Bruder das damals bereits getan habe oder noch tun müsse.

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Er habe ein ganzes Wochenende versucht, seinen Bruder Michael davon abzubringen, Plech und die anderen anzuzeigen, schilderte der Zeuge. Schließlich sei er am Montag darauf zu Plech gegangen, um ihm einen Dienst zu erweisen, und habe ihn davon informiert, dass sein Bruder Michael ihn anzeigen wolle wegen der Bundeswohnungsprivatisierung. Daraufhin habe ihm Plech gesagt: "Und wenn ich mein ganzes Geld dafür verwende, Ihren Bruder und seine Familie vernichte ich". Daran könne er sich noch so gut erinnern, weil er so etwas vorher und nachher nie mehr gehört hätte, so der Zeuge. Plech habe dann Walter Meischberger angerufen, er solle sofort kommen. Ein paar Stunden später habe Plech ihn angerufen und ihm gesagt, er habe nicht seinen Kopf gerettet, sondern den Kopf seines Bruders.

Plech habe Ramprechts Ehefrau, die bei ihm gearbeitet hatte, hinausgeschmissen. Dafür habe er ihr keinen Grund genannt. Sie sei sehr geschockt gewesen und gleich zu ihm gekommen. Er selber habe nachher erfahren, dass das mit seinem Bruder zusammenhänge. Er habe damals seinen Bruder Michael angerufen und ihm vom Rausschmiss erzählt.

Noch ein Jahr bei Plech

Er habe dann noch ein Jahr bei Plech gearbeitet und sei dann zurück nach Kärnten gegangen. Mit Plech habe er nicht mehr darüber gesprochen, weil er froh gewesen sei, dass das Thema beendet war. Auf Nachfragen der Richterin zu genauen Zeitpunkten der Gespräche meinte der Zeuge, das Ganze sei jetzt so viele Jahre her und an Zeitpunkte könne er sich nicht mehr erinnern.

Die Richterin hielt dann dem Zeugen einen Aktenvermerk von Plech von Ende Juni 2004 vor. Darin schrieb der nunmehrige Angeklagte, dass der Bruder von Ramprecht zu ihm gekommen sei und ihm erzählt hatte, dass Ramprecht eine Bombe platzen lassen wolle und ihn, Plech, anzeigen. An die Zeitpunkte könne er sich nicht genau erinnern, wiederholte der Zeuge.

"Best Friends"

In der Befragung schilderte er noch, dass sich Plech und Grasser gut verstanden hätten - "Best Friends". Er habe Grasser öfters bei Plech im Büro gesehen, und Plech habe ihm viel von Grasser erzählt. Plech habe sich auch mit dem - mittlerweile verstorbenen - Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider sehr gut verstanden. "Er war sein größter Mentor", meinte der Zeuge. Plech habe ihm Dinge von Haider erzählt, die er nicht wissen habe wollen. Sein Bruder Michael habe ihm gesagt, dass er Sprachdateien von Plech habe, er selber habe diese aber weder gehört noch gesehen und wisse auch sonst nichts Näheres darüber.

Grassers Anwälte hielten dem Zeugen dann eine frühere Aussage im Ermittlungsverfahren vor. Damals habe er gesagt, Ramprechts Ehefrau habe mehr Geld gefordert und sei daraufhin hinausgeschmissen worden. Das sei falsch dargestellt, meinte der Zeuge. Sie hätte sehr wenig zu tun gehabt bei Plech und daher kaum Geld verdient, da sie nur auf Provisionsbasis arbeitete.

Der Anwalt von Meischberger, Jörg Zarbl, fragte dann den Zeugen, ob Plech mit "vernichten" nicht auch "juristisch vernichten" gemeint haben könnte. "Welche Wahrnehmungen soll der Zeuge haben wie man eine Familie juristisch vernichten soll?" hakte die Richterin nach. "Da müsste ich Sie fragen", konterte der Zeuge schlagfertig zum Anwalt. "Für mich war der Satz sehr eindeutig."

Spieß am Nachmittag umgedreht

Am Nachmittag sagten dann zwei Zeugen aus, dass sie selbst von Ramprecht unter Druck gesetzt worden seien, dazu wurde auch ein entsprechender Mailverkehr angesprochen. Der Unternehmer Erwin Soravia und sein damaliger Manager Martin Ohneberg sagten aus, dass Ramprecht, der nach seiner Tätigkeit im Kabinett von Grasser unter anderem bei Soravia als Chef der Tochtergesellschaft Minopolis tätig war, von Soravia wegen Verfehlungen und mangelndem Geschäftserfolg entlassen wurde - wobei daraus dann eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses wurde.

Beide, Soravia und sein ehemaliger Mitarbeiter, widersprachen Aussagen von Ramprecht, wonach sie ihm bei Treffen gesagt hätten, dass Grasser bei der Privatisierung des Dorotheums illegal mitgeschnitten habe. Es sei kein Geld geflossen, so die beiden Zeugen. Sie deuteten an, dass Ramprecht seit Jahren versuche, Grasser auf die Anklagebank zu bringen und sie das Gefühl hatten, von Ramprecht dazu missbraucht zu werden.

Zufallstreffen auf Kärntner Straße

Ohneberg hatte zufällig eine Zeit nach dem Auffliegen der Causa Buwog einen Bekannten, Willibald Berner, auf der Wiener Kärntner Straße getroffen und mit diesem über Privatisierungen und die Vorwürfe bei der Buwog geredet. Während Berner aussagte, Ohneberg habe ihm gegenüber von Bargeld für Grasser bei der Privatisierung des Dorotheums gesprochen, widerspricht Ohneberg dieser Aussage. Er habe nur allgemein davon gesprochen, wenn jemand Schmiergeld nehmen würde, dann würde er nur Bares nehmen - habe aber damit weder Grasser noch das Dorotheum gemeint.

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Wie geht es weiter?

Am Mittwoch soll ein ehemaliger Mitarbeiter der US-Investmentbank Lehman Brothers, die die Bundeswohnungsprivatisierung organisierte, aussagen. Dafür wird er via Video in den Gerichtssaal zugeschaltet - eine Premiere im Buwog-Verfahren.

Am Donnerstag ist dann - wieder - der ehemalige Kabinettschef von Grasser, Heinrich Traumüller, zur Einvernahme als Zeuge geladen. Traumüller war nach Aussagen anderer Zeugen der Projektverantwortliche im Finanzministerium für die Privatisierung. Er wurde bereits im März mehrmals befragt.

Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

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