Politik/Inland

Grasser spricht von "Science Fiction" der Staatsanwaltschaft

Am 49. Verhandlungstag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere hat dieser einmal mehr die Anklagebehörde angegriffen. "Es ist wirklich Science-Fiction, die man hier liest von der Staatsanwaltschaft", sagte der Hauptangeklagte heute zu den Anklagevorwürfen, er hätte bei der Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower Schmiergeld kassiert.

Es sei völlig falsch, dass er erst grünes Licht für die Einmietung gegeben habe, nachdem Schmiergeld an ihn, den zweitangeklagten Walter Meischberger und andere geflossen sei. Er hätte eigentlich die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) bevorzugt, da diese eine hundertprozentige Tochter des Wirtschaftsministeriums war. "Damit zahlst du quasi von einer Tasche in die andere Tasche", so Grasser zu Richterin Marion Hohenecker am Mittwochvormittag.

Tag 49 im Buwog-Prozess zum Nachlesen:

Alle Inhalte anzeigen

Beim Terminal Tower in Linz sollen laut Anklage 200.000 Euro Schmiergeld für die Einmietung der Finanzbehörden in den Büroturm geflossen sein, deswegen müssen sich auch einige Manager des Vermieterkonsortiums Porr, der Raiffeisen Leasing und der Raiffeisen Landesbank OÖ im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts verantworten. Sie bestreiten unisono die Vorwürfe. Das Teilgeständnis des mitangeklagten Ex-Lobbyisten Peter Hochegger bezog sich lediglich auf die mitangeklagte Causa Buwog.

Hohe Bargeldzahlungen auf Mandarin-Konto

Bei der Durchsicht bisheriger Einvernahmeprotokolle des Hauptangeklagten wurde auch das Mandarin-Konto erläutert. Dieses Konto ist laut Anklage Grasser zuzurechnen, er selber dementiert das heftig. Mehrere Bargeldeinzahlungen in sechsstelliger Höhe im Jahr 2008 wurden dabei heute erwähnt.

 

Alle Inhalte anzeigen

Grasser erklärte, die Bargeldeinzahlungen seien nicht von ihm erfolgt. Er habe auch kein Geld dem Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki gegeben, damit er es für ihn auf das Konto einzahle, hielt er in der Befragung durch Richterin Marion Hohenecker fest. Das Mandarin-Konto bei der Raiffeisenbank Liechtenstein (RBL) sei nämlich nicht sein Konto. Die Mandarin Group Ltd. ist eine Briefkastengesellschaft mit Sitz in Belize. Als wirtschaftlich Berechtigte ihres Kontos bei der RBL wurde von Wicki gegenüber der Bank seine Mutter angegeben - fälschlicherweise, wirft ihm die Anklage vor.

Laut Einvernahmeprotokoll hielten die Ermittler Grasser die Einzahlungen auf das Mandarin-Konto vor, die laut Anklage von Wicki bzw. dessen Mitarbeiter getätigt wurden - im Jahr 2008 rund 950.000 Euro. Laut Anklage konnte die Herkunft dieser Gelder nicht geklärt werden, es sei jedoch von einem Naheverhältnis zu Grasser auszugehen - was dieser heute heftig bestritt. Er habe mit diesen Einzahlungen gar nichts zu tun. Weder habe er sie getätigt, noch habe er Wicki Geld übergeben um es einzuzahlen.

Staatsanwaltschaft sieht Vermengung, Grasser nicht

Auf dieses Mandarin-Konto ließ Grasser im Februar 2009 vom Konto der Schweizer Briefkastengesellschaft Ferint bei der Meinl Bank in Wien das Geld überweisen, das er aus den 500.000 Euro, die er von seiner Schwiegermutter bekommen haben will, vermehrt durch den Ertrag eines Hypo-Genussscheins und andere Wertpapiergeschäfte, erzielt habe, insgesamt 784.000 Euro. Auf dieses Mandarin-Konto floss auch Geld vom Liechtenstein-Konto 400.815, wo ein Teil der Buwog-Millionenprovision landete. Laut Staatsanwaltschaft ergibt sich durch die Vermengung, dass das Mandarin-Konto Grasser gehörte und er von der Buwog-Provision mitprofitierte.

Grasser entgegnete heute, auf das Mandarin-Konto seien auch MIP-Aktien (Meinl International Power) von Walter Meischbergers Konten "Natalie" und "Nati" geflossen. Schon dadurch ergebe sich, dass es nicht sein Konto sein könne. Auch das Konto 400.815 sei nicht sein Konto.

Bargeld von Ehefrau Fiona

Grasser las heute im Prozess auch eine Eidesstattliche Erklärung seiner Ehefrau Fiona vor. Darin bestätigte sie seine Angaben im Prozess, dass sie seine in den Jahren 2006 bis 2008 für sie getätigten Ausgaben - "Wein, Taschen, Schuhe etc" laut Text - ihm regelmäßig in bar zurückerstattet habe. Für diese Bargeldtransaktionen gebe es keine Verrechnung, weil es innerfamiliär gewesen sei. Es habe sich auch um Reise-, Restaurant- und Hotelkosten gehandelt, ergänzte Grasser. "Es war mir ein Anliegen, die Quelle meiner Bareinzahlungen klar zu dokumentieren".

Weiteres Geld hatte Grasser auch von seinen Eltern erhalten, nämlich 500.000 Euro für eine Dachgeschoßwohnung in Wien. Darüber wurde eine Anmeldung gemäß Schenkungsgesetz gefunden, so die Richterin.

Alle Inhalte anzeigen

Grasser erwog Amtshaftungsklagen gegen die Republik

Grasser erklärte ausführlich, dass er von den ermittelnden Behörden und manchen Oppositionspolitikern völlig zu Unrecht verfolgt wurde und er deshalb unter anderem Amtshaftungsklagen gegen die Republik erwog. Schließlich sei ihm durch diverse Anzeigen von den Grünen ein wirtschaftlicher Schaden entstanden.

Das Ermittlungsverfahren gegen ihn sei, im Gegensatz zum jetzigen Gerichtsverfahren, nicht objektiv gewesen. Belastende Aussagen eines engen Kabinettmitarbeiters sowie eines Mitarbeiters des Verkehrsministeriums führte Grasser einmal mehr auf einen Rachefeldzug der beiden gegen ihn zurück. Dass der ehemalige Finanzminister eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung gemacht hatte, räumte Grasser aber ein.

Und nicht nur diese beiden Personen seien ihm negativ gesinnt gewesen, sondern auch die politischen Mitbewerber. Er habe wesentlich dazu beigetragen, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ( ÖVP) 2002 die Nationalratswahl noch einmal gewonnen habe, gab sich Grasser heute selbstbewusst. "Mein Fehler war, sieben Jahre Finanzminister einer nichtsozialistischen Regierung gewesen zu sein", meinte er.

Alle Inhalte anzeigen

Grasser räumt schlechte Optik ein

Gleichzeitig meinte Grasser heute aber auch in der Causa Buwog zu Richterin Marion Hohenecker: "Die Optik war nicht sehr gut, ich habe mich als Opfer dieser Optik gesehen". Darüber habe er einen "riesigen Zorn" gehabt. Aber er müsse nun damit leben, dass einige Personen in seinem Umfeld viel Geld verdient hätten.

In den bei der Hausdurchsuchung bei Grasser sichergestellten Unterlagen wurden auch Ausdrucke zu den gesetzlichen Bestimmungen im Strafrecht zu Amtsmissbrauch und Geschenkannahme gefunden. Laut Grasser habe er sich im Zuge der Homepage-Affäre damals von Beamten seines Ministeriums diese Bestimmungen ausdrucken lassen: "Da hat man mich ja beschuldigt für alle möglichen Dinge, daher hab ich mir einmal geben lassen, was ist denn Amtsmissbrauch, was ist denn eine Geschenkannahme". Das sei wohl 2002 oder 2003 gewesen. Mit der Bundeswohnungs-Privatisierung habe das Ganze nichts zu tun. Grasser verwendete eine Spende der Industriellenvereinigung (IV) zur Finanzierung seiner Homepage. Konkret hatte der "Verein zur Förderung der New Economy", der von der IV gesponsert wurde, Grassers Homepage finanziert.

Alle Inhalte anzeigen

Grasser: Habe Verfahren nicht verzögert

Es stimme auch nicht, dass er, wie medial kolportiert würde, das Verfahren verzögert habe. Er habe keinen einzigen Antrag gestellt, der zu einer Verzögerung geführt habe, betonte Grasser.

Ein Blick ins APA-Archiv zeigt, dass es allerdings von anderer Seite zu erheblichen Verzögerungen des Verfahrens kam. So ermöglichte 2013 ein Entscheid des Oberlandesgerichts Wien (OLG) dass die Steuerberater-Akten zu Grasser zumindest am Landesgericht Wien gesichtet werden können. Zu diesen Zeitpunkt hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) seit über zwei Jahren auf in der Schweiz beschlagnahmte Unterlagen, als auch die beim Steuerberater Grassers in Wien sichergestellten Akten, gewartet. "Wir haben zwar kleinere Teillieferungen bekommen, größere Teile sind aber noch ausständig", sagte der damals der Sprecher der WKStA zur APA.

Alle Inhalte anzeigen