Politik/Inland

Grasser: "Wie kann man einem ein Konto andichten?"

Richterin Marion Hohenecker hat die Sommerpause im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere offensichtlich zum intensiven Aktenstudium genutzt - und damit den Erstangeklagten heute mehrmals in Erstaunen versetzt. Gegipfelt hat dies darin, dass die Richterin den Ex-Minister bei seinem eignen Hochzeitsdatum korrigierte.

Wie gewohnt stieg Hohenecker heute, am 48. Verhandlungstag, gleich ohne Geplänkel ins Verfahren ein, befragt wurde einmal mehr Grasser. Die Richterin erinnerte den Angeklagten an seine Aussagen an vorangegangenen Verhandlungstagen, dass er mangels Zeit und Kenntnis keine Mails in seiner Zeit als Finanzminister verschickt habe - um ihn dann mit seinen Mails aus dieser Zeit zu konfrontieren. Schon zuvor meinte Grasser: "Sie zeichnen sich durch penible Recherchearbeit aus."

Hohenecker-Fazit nach kurzer Zeit: Also auch wenn der Angeklagte hier im Prozess gesagt habe, er habe keine Mails verschickt, könne man welche von ihm finden. Replik von Grasser: "Die Tendenz meiner Aussage war nach meiner Ansicht vollkommen richtig." Er sei im Jänner 2007 als Finanzminister ausgeschieden, er könne sich nach so langer Zeit nicht mehr an alles erinnern. Das merke er auch immer bei ehemaligen Kabinettsmitarbeitern, wenn er sich mit diesen nach all der Zeit wieder treffe.

Wie heißt die Schwiegermutter?

Nachdem die Causa Mails abgehandelt war, nahm sich Hohenecker unterschiedliche Namensangaben zur Schwiegermutter von Grasser vor. Hier geht es einmal mehr um die 500.000 Euro "Schwiegermuttergeld", die Grasser zur Veranlagung - oder als Geschenk - von der Mutter seiner Ehefrau erhalten haben will. Grasser führte die Widersprüchlichkeiten bei den Namensnennungen der Schwiegermutter darauf zurück, dass eben landläufig gerne auch der Muttername und nicht der aktuelle, durch Heirat geänderte Namen, verwendet werde.

Schließlich meinte Hohenecker: "Sie irritiert das nicht, dass die Namen nicht ganz stimmen." Grassers Antwort: "Nein, mich irritiert das nicht."

Bei Grassers damaliger Sekretärin im Finanzministerium war nämlich am Computer ein Schreiben gefunden worden, laut dem Grassers Schwiegermutter sich an den damaligen - nun mitangeklagten - RLB-OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger wandte mit der Frage nach Investitionsmöglichkeiten im Immobilienbereich. Sie würde Zinshäuser bevorzugen oder Tiefgaragen, aber keine Büros. Das Immo-Portfolio sollte in Österreich, Deutschland und Schweden gelegen sein. Das mit 19. Jänner 2006 datierte Schreiben ist von der Schwiegermutter allerdings nicht händisch unterschrieben.

Grasser meinte heute dazu, sie habe ihn wohl damals gebeten, sich darum zu kümmern, weil er als damaliger Finanzminister ein weit größeres Netzwerk für Investitionen besessen habe als sie. Darum habe man das Schreiben auch bei seiner Sekretärin gefunden.Außerdem grub Hohenecker einen alten Bericht in einer Illustrierten aus, in dem Grasser mit seiner früheren Freundin bei der Verlobungsfeier abgelichtet wurde - mit dem Ehepaar Plech im Hintergrund. Die Illustrierte hatte dazu geschrieben, die Verlobung sei im engsten Rahmen gefeiert worden. Grasser meinte, er habe damals nicht nur Freunde eingeladen. Dass er eine Zeit lang in Wien in einer Wohnung von Plech und neben ihm wohnte, und ihm dieser dann eine Dachgeschoßwohnung in der Babenbergerstraße vermittelte, bestätige Grasser.

In weiterer Folge schilderte Grasser heute, wie seine Freundschaften mit Geschäftspartnern nach den Auffliegen der Causa Buwog belastet war, unter anderem weil beispielsweise der mitangeklagte Schweizer Vermögensberater Norbert Wicki dann Steuern für ein umstrittenes Konto ("Mandarin") zahlen musste. Diesen Frust konnte Hohenecker nicht nachvollziehen, schließlich sei ja Grasser nicht für Versteuerungen in der Schweiz oder Liechtenstein zuständig.

Grasser: "Da kommt eine Spekulation zur anderen"

Grasser erklärte mehrmals seine Unzufriedenheit mit dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft und machte deutlich, wie ungerecht behandelt er sich von den Staatsanwälten und Ermittlern fühle. Diese hätten nur für ihn Belastendes, aber nichts Entlastendes gesammelt und zur für ihn völlig unverständlichen Anklage zusammengefügt. Die 500.000 Euro, die laut Grasser von seiner Schwiegermutter aus der Swarovski-Familie stammen, könnten gar nicht Geld aus der Buwog-Millionenprovision von Walter Meischberger sein, das ginge sich schon zeitlich gar nicht aus.

Die Staatsanwälte würden ihm aber dieses Geld zurechnen und ihm ebenso ein Konto in Liechtenstein mit der Kontonummer 400.815 "andichten". "Da kommt eine Spekulation zur anderen - wie geht das, dass man einem einfach ein Konto andichten kann", empörte sich Grasser.

Richterin Hohenecker ließ sich von Grassers Empörung nicht aus dem Konzept bringen und ging ruhig und mit viel Aktenkenntnis die einzelnen Befragungen durch. Dabei wurde der Weg der 500.000 Euro genau nachverfolgt. Grasser hatte das Geld nach seinen Angaben von seiner Schwiegermutter in der Schweiz bekommen und in drei Tranchen in bar bei der Meinl Bank in Wien einbezahlt. Bankbestätigungen dafür habe er nicht, grundsätzlich hebe er seine Bankunterlagen nie auf, sagte er heute.

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Das Geld lag auf einem Konto der Schweizer Briefkastengesellschaft bei der Meinl Bank. Mit der Ferint schloss Grasser einen Treuhandvertrag, wonach er Geld aus der Familie seiner Frau veranlagen wolle. Diesen Treuhandvertrag kann Grasser nicht im Original vorlegen. Unterschrieben ist er auf Seiten der Ferint von einem dort Verantwortlichen, mit dem er aber nie Kontakt gehabt habe, so Grasser. Zunächst wurde das Geld in verschiedene Meinl-Wertpapiere investiert. Dabei ist u.a. durch ein Investment ein unterjähriger Gewinn von 51.000 Euro entstanden. Wie wurde dieser Gewinn versteuert, wurde Grasser bei seiner Einvernahme vor der Staatsanwaltschaft befragt. Da müsse man seine Schwiegermutter fragen, sagte er damals laut Protokoll. Aus späteren Angaben Grassers wurde allerdings auch klar, dass er seiner Schwiegermutter damals gar nicht gesagt habe, dass ihr Geld bei der Meinl Bank auf einem Ferint-Konto liege.

Sein Kontaktmann bei der Ferint AG habe ihn damals gefragt, woher das Geld stamme. Er habe ihm gesagt, es sei von seiner Schwiegermutter. Daraufhin habe er ihm auch eine Ausweiskopie der Schwiegermutter gegeben. Wann genau das gewesen sei, konnte sich Grasser heute nicht mehr erinnern - "irgendwann, jedenfalls bevor das Ganze losgegangen ist", meinte er.

Hypo-Genussschein

Die Ferint investierte von diesem Konto 500.000 Euro in einen Genussschein der Hypo Alpe Adria - zu einer Zeit, als Grasser noch Finanzminister war. Die Unterlagen zum Genussschein kamen per E-Mail von Tilo Berlin an das Mail von Walter Meischberger. Als Grasser im Kärntner Hypo-U-Ausschuss dazu befragt wurde, sagte er, er habe über das Mail in der Zeitung gelesen. Dazu müsse man Meischberger oder Berlin fragen. Da das Investment von der Ferint getätigt wurde, schien weder Grassers Name noch der seiner Schwiegermutter beim Hypo-Genussschein auf.

Erst Anfang 2010 sei Grassers Schwiegermutter von der Meinl Bank als wirtschaftlich Berechtigte des Ferint-Kontos eingetragen worden, merkte die Richterin an. Das liege aber nicht in Grassers Einflussbereich. Im Herbst 2009 hatten die Ermittlungen zur Buwog-Provision begonnen.

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Im Februar 2009 wurden 784.000 Euro vom Ferint-Konto bei der Meinl Bank an ein Konto der Briefkastengesellschaft Mandarin überwiesen. Für Grasser kam mit der Überweisung des Geldes an den Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki das Geld in dessen Verantwortung bzw. wieder in die Verantwortung seiner Schwiegermutter. Wicki habe das Geld schließlich auf ein Konto seiner Schwiegermutter überwiesen.

Kopierte Unterschrift

"Das Geld war nie mein Geld und ist nicht mein Geld", betonte Grasser. Das gehe auch aus seinem Treuhandvertrag mit Wicki und aus dem Zusatz zum Treuhandvertrag klar hervor. Den Treuhandvertrag mit Wicki habe für die Mandarin Group jemand anders unterschrieben, eine Frau die er nicht gekannt habe. Auch diesen Treuhandvertrag und einen Zusatz - den laut Anklage jemand anderer für Grasser unterschrieben haben soll - kann Grasser nur in Kopie vorweisen. "Mit einer kopierten Unterschrift kann man keine Unterschriftenprobe machen", so die Richterin.

Laut der Anklage gibt es eine Vermögensvermischung bei der Mandarin von Werten aus der Buwog-Provision und dem von der Ferint dorthin überwiesenem Geld. In der Anklage heißt es dazu: "Abschließend ist nochmals festzuhalten, dass die aufgezeigte Vermengung von Vermögenswerten des Kontos "400.815" bei der HIB, des Kontos zur Kundennummer 109.061 bei der RBL (Konto der Mandarin Group, Anm.) und des Kontos zur Kundennummer 6048.6664 bei der St. Galler Kantonalbank AG (Konto der Catherine Participation, Anm.) nur den Schluss zulässt, dass daran nur eine einzelne Person, nämlich Mag. Karl-Heinz Grasser, wirtschaftlich berechtigt war."

Grasser erklärte dazu heute, Wicki habe offenbar unterschiedliche Rechnungskreise am Mandarin-Konto geführt. "Wicki hat immer korrekt gehandelt", zeigte er sich von dem Vermögensverwalter überzeugt.

Grassers Ehefrau Fiona hat nach Grassers Angaben in einer eidesstattlichen Erklärung seine Angaben bestätigt. Seine Schwiegermutter, Marina Gioiri-Lhota, will zu der ganzen Causa nicht aussagen.

Wenig Überraschendes gab es heute zum Start nach der Sommerpause. Alle sechs verbliebenen Schöffen waren anwesend, auch Verteidiger, Oberstaatsanwälte, Privatankläger und Journalisten kennen sich bereits seit Verhandlungsbeginn am 12. Dezember 2017. Auch am Mittwoch und Donnerstag wird weiter verhandelt.

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