Ex-Staatssekretär: "Verblüfft" über knappes Buwog-Bieterrennen
Der im Grasser-Prozess befragte damalige Finanzstaatssekretär Alfred Finz (ÖVP) hat heute, Dienstag, im Zeugenstand geschildert, dass er bei einer wichtigen Sitzung im Buwog-Privatisierungsprozess dabei war. Die Auswahlkommission habe getagt und sich auf die Durchführung einer zweiten Runde im Anbotsverfahren geeinigt, so Finz. Ein Protokoll dieser Sitzung gibt es allerdings keines.
Am 4. Juni 2004, einem Freitag, wurden die verbindlichen Angebote der Bieter für die Bundeswohnungen geöffnet. Das Treffen im Gelben Salon des Finanzministeriums am darauffolgenden Montag, dem 7. Juni 2004, ist von großer Brisanz im Prozess. Der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) sei bei dem Treffen anwesend gewesen, obwohl er so wie Finz nicht Mitglied der Kommission war. Grasser war nach Eindruck von Finz vorher nicht über die Anbote informiert worden. "Ich hatte den Eindruck, dass als wir in die Sitzung gegangen sind, auch für ihn alles neu gewesen ist."
Ex-Sektionschef widerspricht Finz
Nach Finz war ein ehemaliger Sektionsleiter im Finanzministerium als zweiter Zeuge des Tages geladen, der in der Kommission zur Vergabe der Bundeswohnungen saß. Dass eine zweite Runde im Bieterverfahren eingeleitet wurde, sei nicht in einer Kommissionssitzung besprochen worden, sagte er. Damit widersprach er den Aussagen von Finz.
Er habe von der angeblichen Sitzung am 7. Juni 2004 nach der Öffnung der Angebote am 4. Juni gar nichts gewusst. Er sei nicht eingeladen worden und es gebe auch kein Protokoll. Demgegenüber hatte Finz zuvor ja sehr wohl von einer Kommissionssitzung am Montag nach der Angebotseröffnung gesprochen, an der er und Grasser teilgenommen hätten.
Finz: Niemand dagegen
Richterin Marion Hohenecker befragte den Ex-Staatssekretär davor eingehend, wer denn bei der Sitzung die zweite Runde im Bieterverfahren vorgeschlagen habe. Genaue Erinnerungen, von wem dieser Vorschlag kam, habe er nicht mehr, sagte Finz. Eine formelle Abstimmung über eine zweite Runde habe es nicht gegeben, aber "ich weiß, dass niemand etwas dagegen hatte". Grasser habe auch ihn gefragt, ob er etwas gegen eine zweite Runde habe, und er habe sich auch einverstanden erklärt, sagte Finz.
Die zweite Runde drehte das Ergebnis der Privatisierung: Während in der ersten Runde die CA Immo Bestbieter war, lag dann nach der zweiten Runde das Österreich-Konsortium mit Immofinanz und Raiffeisen OÖ vorne.
Zweite Bieterrunde wegen erwarteter Preissteigerung
Laut Finz war einer der Gründe für eine zweite Anbotsrunde, dass aus den Unterlagen hervorgegangen sei, dass einer der Bieter, nämlich die CA Immo, in der ersten Runde eine Finanzierungszusage von 960 Mio. Euro hatte, aber nur 822 Mio. Euro geboten hatte. Man habe den Eindruck gehabt, dass hier noch ein höherer Preis möglich sei. Weiters habe es Unklarheiten im Anbot des Österreich-Konsortiums gegeben. Während in der ersten Runde die CA Immo vorne lag, war dann in der zweiten endgültigen Runde das Österreich-Konsortium knapp vorne mit 961 gegenüber 960 Mio. Euro.
Alle seien über den knappen Abstand "verblüfft" gewesen, auch Grasser, erläuterte Finz. Ein knapper Abstand der Angebote könne bedeuten, dass der Markt ausgereizt sei, aber könnte auch heißen, dass sich die Anbieter gegenseitig ausspioniert hätten, meinte Finz. Dafür haber er keine Anhaltspunkte, das seien nur Mutmaßungen. Insgesamt zeigte sich der ÖVP-Politiker sehr zufrieden mit der Privatisierung. Durch die zweite Runde habe die Republik mehr bekommen, die Entscheidung sei also richtig gewesen.
Laut Aussagen von Peter Hochegger und Walter Meischberger wurde die Immofinanz, Teil des Österreich-Konsortiums, im geheimen informiert, dass sie mehr als 960 Mio. Euro bieten solle, im Gegenzug wurde eine Provision von einem Prozent des Kaufpreises zugesagt. Laut Anklage steckte Grasser dahinter, er habe auch mit Hilfe von Walter Meischberger und Peter Hochegger bei der 9,6 Millionen-Euro-Provision mitkassiert. Grasser und Meischberger weisen die Vorwürfe zurück, Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt.
Finz selber war nicht Mitglied der Auswahlkommission, er sei aber vom Minister zu vielen Treffen zum Thema Bundeswohnungsprivatisierung eingeladen worden, sagte er. Die Kommission habe den Minister beraten, die Letztentscheidung sei natürlich immer beim Minister gelegen. Aber eine Kommissionsempfehlung nicht zu befolgen hätte politisch Probleme, etwa parlamentarische Anfragen, verursacht, gab er zu bedenken.
Kurzfristige Terminänderung vor Entscheidung
Richterin Hohenecker konfrontierte den Zeugen dann damit, dass der Vorsitzende der Auswahlkommission, Rainer Wieltsch, am 7. Juni 2004 kurz vor 12 Uhr in einem Email an die Kommissionsmitglieder die eigentlich für den 8. Juni vorgesehene Kommissionssitzung abgesagt hatte. Die Abgabe der verbindlichen Anbote habe ein erfreuliches Ergebnis gebracht, Klarstellungen würden in einer allerletzten Runde mit den Bietern bis Freitag gemacht. Von einer Sitzung der Auswahlkommission am 7. Juni ist in dem Email nicht die Rede.
Kärnten-Frage: "Dann wäre die Koalition geplatzt"
Hohenecker befragte Finz auch eingehend zur Rolle Kärntens, denn Grasser hatte dem Land Kärnten ein Vorkaufsrecht für die ESG, eine Gesellschaft im Bundeswohnungspaket, eingeräumt. Die Kärntner hätten das Vorkaufsrecht nicht genutzt, weil ihnen der Preis zu hoch war, meinte Finz. Ihm sei damals bewusst gewesen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Kärnten einen anderen siegreichen Bieter ergeben hätte, nämlich die CA Immo.
Finz beschrieb auf Nachfrage der Richterin auch die Rolle des damaligen und mittlerweile verstorbenen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider (FPÖ/BZÖ). Hätte die Regierung ihn beispielsweise beim angeklagten Verkauf der Bundeswohnungen (u.a. Buwog) übergangen und sich aus formellen Gründen nicht an das mit Grasser vereinbarte Vorkaufsrecht des Landes Kärnten für die ESG gehalten, "dann wäre die Koalition geplatzt", betonte Finz.
Lob für Scharinger und Grasser
Der ehemalige ÖVP-Politiker Finz lobte heute besonders den mittlerweile verstorbenen damaligen RLB-OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger, der im Prozess mitangeklagt war. Dass dieser bzw. die RLB OÖ im Österreich-Konsortium waren, habe diese Bietergruppe aufgewertet. Man habe nämlich Angst gehabt, dass die Bundeswohnungen in ausländische Hände kämen. Letztlich habe aber nur der Preis entschieden, dass das Österreich-Konsortium mit Immofinanz und RLB OÖ gewonnen habe.
Nur Lob hatte Finz auch für Grasser übrig, denn dieser sei ein sehr ehrgeiziger und eifriger Minister gewesen. Schon am Tag nach der Regierungsangelobung, einem Samstag, habe er die erste Sitzung im Finanzministerium einberufen, beschrieb Finz exemplarisch Grassers Arbeitseifer. Von Unregelmäßigkeiten bei Grassers Amtsführung habe er nie etwas bemerkt. Auch für die Anliegen der Mitarbeiter habe er immer ein offenes Ohr gehabt. Mit wem sich Grasser im Ministerium getroffen habe könne er nicht sagen, weil sein eigenes Büro woanders gelegen sei. Meischberger habe den Minister manchmal besucht, Hochegger habe die KMU-Tour des Finanzministers mitorganisiert.
In die Einmietung der Finanzbehörden in das Linzer Bürohaus Terminal Tower - der zweite Anklagevorwurf - sei er als Staatssekretär nicht eingebunden gewesen, sagte Finz. Die Befragung von Finz wurde nach fünf Stunden beendet.