Politik/Inland

Buwog-Prozess: Grasser, Haider und die Kärntner Verhältnisse

Richterin Marion Hohenecker eröffnete heute die wohl mehrtägige Befragung Grassers mit dem Thema Selbstanzeigen seiner beiden damaligen Freunde, Walter Meischberger und Peter Hochegger, im Herbst 2009. Die beiden hatten die knapp zehn Millionen Euro schwere Provision aus der Buwog-Privatisierung nicht versteuert.

Damals traf sich Grasser mehrmals mit Meischberger und dem mitangeklagten Anwalt Gerald Toifl, obwohl er laut Eigenaussagen mit der Provision überhaupt nichts zu tun hatte. Grasser begründete die Treffen damit, dass er sich informieren wollte, was in der Causa Buwog noch auf ihn zukommen könnte. Umgekehrt habe er den Anwalt über die Buwog-Privatisierung informiert.

Dass bei den Meetings obendrein auch noch der ehemalige, nun ebenfalls angeklagte, Immobilienmakler Ernst Karl Plech dabei war, habe ihn nicht überrascht. Schließlich sei Plech ein väterlicher Freund von Meischberger gewesen. Zur Orientierung: Laut Staatsanwaltschaft ist die Buwog-Provision Schmiergeld dafür, dass die nötige Kaufsumme für die Buwog im Bieterverfahren verraten wurde - und zwar von Grasser. Mitgeschnitten sollen Meischberger, Plech und Hochegger haben, so die Anklage - Grasser und Plech dementieren aber,  Provisionszahlungen erhalten zu haben.

Schlechte Optik

Grasser hat nach eigenen Angaben erst bei einem Treffen mit Meischberger - seinem Trauzeugen - im Herbst 2009 erfahren, dass Meischberger und Hochegger eine Buwog-Provision kassiert haben. Er sei aus allen Wolken gefallen. "Da war mir schon klar, dass die Optik nicht gut ist", sagte Grasser zur Richterin.

Ob er wissen wollte, wie viel die beiden kassiert haben, fragt Hohenecker nach. Antwort von Grasser: "Nein". Er habe sich gedacht, je weniger er wisse, desto besser sei es. Über die drei Konten in Liechtenstein, die laut Meischberger alle ihm gehören, laut Anklage aber je eines Plech und Grasser, sei bei den Treffen nicht gesprochen worden - mit einer Ausnahme.

Und zwar über die Briefkastengesellschaft "Mandarin", wo sowohl Meischberger als auch Grasser investiert hatten. Allerdings laut Graser rein zufällig, Grasser will von der Nutzung der "Mandarin" durch Meischberger nichts gewusst haben. Als er bei dem Treffen davon Kenntnis erlangt habe, sei ihm klar gewesen, dass dies "nicht ideal" sei.

Fionas Kreditkarte

Zur Sprache kam heute auch wieder die Kreditkarte von Grassers Frau Fiona, die öfters nicht funktioniert haben soll. Seine Gattin habe dann "durchaus nachdrücklich" telefonisch ihrem Bankberater, dem mitangeklagten Norbert Wicki, ihren Unmut kundgetan, so der ehemalige Minister. Hoheneckers Replik darauf: "Eine situationsbedingte Unmutsäußerung." Unter anderem mit der nicht funktionierenden Kreditkarte seiner Frau rechtfertigt Grasser Bareinzahlungen auf sein Konto: Er habe in solchen Fällen die Ausgaben bezahlt, seine Gattin habe ihm später das Geld in bar zurückbezahlt. Laut Anklage hingegen korrespondieren die Bargeldeinzahlungen Grassers mit Bargeldabhebungen von einem Konto in Liechtenstein.

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Hohenecker ist heute auch auf Grassers Verhältnis zum - mittlerweile verstorbenen - Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und das Kärntner Vorkaufsrecht auf die Villacher ESG-Wohnungen, Teil der Bundeswohnungen, eingegangen. Haider habe das Vorkaufsrecht einfach gefordert und auch bekommen, sagte Grasser.

"Er hat's verlangt, wir haben's ihm gegeben", sagte Grasser. Am 17. Juni 2002 erhielt das Land Kärnten ein Vorkaufsrecht für die ESG-Wohnbaugesellschaft, Teil der zu privatisierenden Bundeswohnungen. Der Rechnungshof kritisierte später, dass der Bund für die Gewährung des Vorkaufsrechts nichts erhalten habe. "Ein Entgelt für die Gewährung des Rechts wurde nicht vereinbart. Eine Begründung für diese ausschließlich im Interesse des Landes Kärnten liegende Vereinbarung war nicht aktenkundig."

"Haider wollte in einem typischen Feldzug den Ausverkauf der Heimat verhindern", sagte Grasser heute. Außerdem habe Haider damals, 2002, die Bundesregierung in der Hand gehabt, schilderte er: Haider sei 2002 der "spiritus rector" (lenkender Geist, Anm.) der Bundesregierung von Wolfgang Schüssel gewesen.

Aus den Unterlagen der Kärntner Landesregierung geht hervor, dass das Land Kärnten damals darüber informiert wurde, es müsse 120 Mio. Euro für die Villacher ESG zahlen. Das war der Preis, mit dem das Österreich-Konsortium die ESG bewertet hatte. Der endgültige Bestbieter stand allerdings nach der Sitzung der Vergabekommission noch gar nicht fest, weil er abhängig war von der Ausübung des Kärntner Vorkaufsrechts, wie die Richterin betonte. Es habe "zwei Varianten" gegeben: Wenn Kärnten das Vorkaufsrecht ausgeübt und die ESG herausgekauft hätte, wäre die CA Immo vorne gelegen. Da Kärnten aber sein Vorkaufsrecht nicht ausübte, war das Österreich-Konsortium rund um Immofinanz und die RLB OÖ siegreicher Bieter.

Als die Kärntner Landesregierung in einer eiligen Sitzung kurz vor Bekanntgabe des Siegers diskutierte, ob man das Vorkaufsrecht nützen sollte, war der Name des Bestbieters noch geheim. Da wusste Jörg Haider laut den Protokollen allerdings schon, wer der "wahrscheinliche Bestbieter" war und gab an, bereits mit dem Konsortium in Kontakt getreten zu sein, um einen späteren Kauf der ESG durch Kärnten auszuloten. An anderer Stelle ist wiederum davon die Rede, dass der Bestbieter noch nicht bekannt gewesen sei. Diese Widersprüche konnte Grasser nicht aufklären, er war schließlich nicht dabei, und konnte auch nicht erhellen, woher Haider seine Informationen gehabt haben könnte. Meischberger warf ein, dass es sich bei Haiders Aussagen in jener Sitzung wohl um Vermutungen gehandelt habe. 

Prozess wird noch komplexer

Auch zum weiteren Prozessverlauf gab es heute Neuigkeiten. Richterin Marion Hohenecker kündigte die Einbeziehung des "Faktum Telekom" wegen "subjektiver Konnexität" an. Dabei geht es um angebliche "schwarze Kassen" der Telekom Austria und den Verdacht auf Parteienfinanzierung.

Angeklagt sind im "Faktum Telekom" die Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger, die auch im Grasser-Prozess auf der Anklagebank sitzen. Dazu kommt noch der frühere Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer. Fischer und Hochegger wird Untreue sowie Geschenkannahme als Machthaber vorgeworfen, Hochegger auch falsche Beweisaussage und Meischberger sowie einem weiteren angeklagten Ex-Manager der Telekom Geldwäscherei. Grasser und die anderen, in der Telekom-Causa nicht Angeklagten, müssen dann zu diesen Prozessterminen nicht erscheinen. Der Prozess wird also noch ein Stück größer.

(APA/Kurier)

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