Im roten Osten nicht viel Neues
Von Thomas Orovits
Am Ende eines lähmenden Wahlkampfs half nur noch der Griff zur Flasche – auch wenn die Rettung des Uhudlers vor der EU durch dessen "Nobilitierung" (Adelung) zum "Weltkulturerbe" nur den Polit-Kämpfern für den südburgenländischen Wein einen Rausch der Begeisterung verschaffte.
Nüchtern betrachtet: Nach der Landtagswahl im Burgenland am 31. Mai, die bereits am vergangenen Freitag mit dem erstmals angebotenen und sehr gut angenommenen vorgezogenen Wahltag (8,5 Prozent Beteiligung, die Stimmen werden am 31. Mai ausgezählt) begonnen hat, könnte alles anders sein. Aber die meisten Vorzeichen deuten auf eine Fortsetzung des Altbekannten. Eine Einschätzung, die auch Politikwissenschafter Peter Filzmaier teilt: Rot-Schwarz bleibe die "wahrscheinlichste" Variante, sagt der Burgenland-Auskenner. Dass die rote Basis grünes Licht auch für Koalitionsgespräche mit den Blauen gegeben hat, sei ein kluger Schachzug, um sich nicht erpressbar zu machen.
Die Gespenster einer "kunterbunten" Koalition Schwarz-Blau-Grün, die Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) seit Monaten beschwört und die von ÖVP und Grünen plakatierte Warnung vor Rot-Blau dienen als Drohgebärden – für die eigenen Leute: Sie sollen vor allem den Funktionären von Rot und Schwarz Beine machen, um einen herbeifantasierten Verlust der Regierungsmacht abzuwehren.
Proporz ade
Ende 2014 hatten sich Rot und Schwarz, die seit 1945 regieren, seit 1964 unter roter Führung, auf das Ende für den Zwangsproporz verständigt. Die Regierung wird nun wie im Bund in freier Koalition gebildet, die stimmenstärkste Partei lädt zu "ersten Verhandlungen zur Bildung der neuen Landesregierung", schreibt die Verfassung vor.
FPÖ und Grüne wachsen demnach leicht, deren Chefs Hans Tschürtz und Regina Petrik nutzen den virtuellen Zugewinn, um sich als regierungsfähig anzupreisen. Hinter der 2010 punktgenau in den Landtag gerutschten LBL, die diesmal auch Team-Stronach-Leute an Bord hat, bleibt ein Fragezeichen. Wenig Chancen werden den Neos gegeben.
Niessl wählt
Denn im Großen und Ganzen habe die Koalition seit 2010 funktioniert, bestätigen Steindl – und Niessl. Gereizter wurde die Stimmung erst zuletzt rund um Grenzkontrollen (Niessl will sie verstärken) und Ausländerbeschäftigung (Niessl will die 21 Prozent senken). Hört man genau hin, sind die Unterschiede überbrückbar.
Reformpartner wie die Steirer Franz Voves und Hermann Schützenhöfer, die sich ebenfalls am 31. Mai der Wahl stellen, werden der 63-jährige Niessl und Steindl (55) aber nicht mehr. Seit 15 Jahren sitzen beide auf der Regierungsbank und sind einander kaum nähergekommen. Warum?
Im Burgenland ist der Abstand in der Regierung zu groß, als dass der Erste auf den Zweiten zugehen müsste oder der Zweite den Ersten zur Zusammenarbeit zwingen könnte. Die in 70 Jahren mehr aneinandergeketteten als zusammengeschweißten Parteien liegen 13,6 Prozent auseinander. Daran dürfte sich nach der Wahl wenig ändern.
Also wird der Pragmatiker Niessl wohl weiter mit dem berechenbaren Steindl regieren, statt mit den bei der Basis unbeliebten Grünen oder den von der Bundes-SPÖ abgelehnten Blauen zu experimentieren. Zudem: Flöge die ÖVP aus der Regierung, müsste sich die SPÖ erstmals mit einer starken Opposition herumschlagen und hätte auch 78 der 171 Bürgermeister gegen sich.
Infrage stünde Rot-Schwarz wohl nur, wenn die Verluste deutlicher ausfielen. Da ist die Uhudler-Rettung aber viel wahrscheinlicher.
Steiermark- und Burgenland-Wahlen am Sonntag ab 14 Uhr im KURIER-Live-Ticker. Ergebnisse ab 16 Uhr.
Mit schweren Geschützen fährt Eisenstadts Vizebürgermeister Günter Kovacs (SPÖ) gegen Bürgermeister Thomas Steiner auf. Der Grund: Der bestehende Mietvertrag der Haydnfestspiele im Schloss Esterházy läuft 2016 aus. Ein neuer wurde noch nicht ausverhandelt. In den bisherigen Verhandlungen über eine Mietvertragsverlängerung habe es von Seiten der Stiftung Esterházy "unzählige Junktimierungs- und Verzögerungsversuche" gegeben.
Dass sich der Bürgermeister – er ist auch Kuratoriumsmitglied des Vereins Haydnfestspiele – nicht ins Zeug legt, ist für Kovacs auch klar: "Ottrubay ist der Mentor von Steiner und Ottrubay unterstützt die ÖVP."
Kopfschütteln
Auch der Direktor der Esterházy-Betriebe, Karl Wessely, zeigt sich wenig erfreut über die aktuelle Diskussion: "Drei Wochen vor der Wahl hat die SPÖ die Haydnfestspiele als Wahlkampfthema ausgegraben, was eine große Sauerei ist. Die SPÖ will auf unseren Rücken Wahlkämpfen."
Zu den Kosten: Anfang des Jahres habe Landesrat Helmut Bieler bei einem Gespräch mit den Esterházy-Betriebe die Frage aufgeworfen, ob und unter welchen Bedingungen eine reine Miete des Schlosses für die Haydntage denkbar sei. Nach Berechnung der Esterházy-Betriebe wären das zwischen 20.000 und 25.000 Euro.
Klarstellung
Und was sagt der Intendant und Geschäftsführer der Haydnfestspiele, Walter Reicher: "Diese Situation, die wir jetzt haben, brauchen wir wie einen Kropf am Hals." Sie blockiere die Planung für die kommende Jahre.
Über die derzeitige Diskussion möchte Reicher sich nicht äußern.
Die Haydntage (auch Haydnfestival Eisenstadt) sind ein jährlich stattfindendes Festival in Eisenstadt, das sich der Pflege des Gesamtwerks Joseph Haydns widmet. Der Trägerverein "Burgenländische Haydnfestspiele" wurde vom Land Burgenland und der Freistadt Eisenstadt 1986 gegründet. Die Haydnfestspiele sind der Träger der Haydn-Tradition und ein Zentrum der internationalen Haydnpflege. Intendant ist seit 1988 Walter Reicher. Seit 1989 veranstalten sie alljährlich im September ihre Festspiele, die "Internationalen Haydntage". Die Gründer der Haydnfestspiele beschlossen, Archiv, Bibliothek und Sammlungen für alle Arten von Objekten offen zu halten, die zum besseren Verständnis von Joseph Haydn und seiner Musik beitragen können. Die Haydnfestspiele kooperieren eng mit der Internationalen Joseph Haydn Privatstiftung Eisenstadt. Sie agieren nicht nur als Festival, sondern auch als Kompetenzzentrum aller Fragen rund um Joseph Haydn.
Gleichzeitig mit den Haydnfestspielen wurde die Österreichisch-Ungarische Haydn-Philharmonie durch Adam Fischer gegründet. Das "orchestra-in-residence" der Internationalen Haydntage wird seither von ihm auch geleitet. Adam Fischer hat übrigens die Leitung als Chefdirigent der Österreichisch-Ungarischen Haydn-Philharmonie abgegeben. Er könne nicht mehr fürs ganze Jahr die Verantwortung übernehmen, weil er sehr gefragt sei. Ab 2016 wird der Cellist Nicolas Altstaedt die Leitung übernehmen. Fischer bleibt Ehrendirigent.
Der Vertrag mit Geschäftsführer Walter Reicher ist zwar noch nicht unterschrieben, "aber die Beschlüsse sind da", so Reicher.