Politik/Inland

Sophie Karmasin bleibt in Untersuchungshaft

Ein ehemaliges Regierungsmitglied in Untersuchungshaft – das gab es bis dato nicht in der Zweiten Republik. Seit nunmehr zwölf Tagen ist Ex-Familienministerin Sophie Karmasin bereits in U-Haft, seit geraumer Zeit mit einer Corona-Infektion. Und die ehemalige Politikerin wird auch weiterhin in der Josefstadt einsitzen.

Das Wiener Landesgericht für Strafsachen hat Montagmittag einen Enthaftungsantrag ihrer Anwälte Norbert Wess und Philipp Wolm abgewiesen.

"U-Haft nicht substituierbar"

Der zuständige Richter habe entschieden, "dass die U-Haft nicht gegen gelindere Mittel substituierbar ist", so Gerichtssprecherin Christina Salzborn. Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr bleibt damit aufrecht.

Formal wäre der nächste Haftprüfungstermin der 14. April. Karmasins Anwälte haben jedoch die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Landesgerichts Beschwerde einzulegen. Dann müsste sich das Oberlandesgericht (OLG) Wien zeitnah mit der Causa auseinandersetzen.

Alle Inhalte anzeigen

In U-Haft genommen wurde Ex-Politikerin und Meinungsforscherin Karmasin wegen "Tatbegehungsgefahr“. Sprich: der Richter ortet bei ihr eine große "kriminelle Energie", die sie veranlassen könnte, weitere Verbrechen zu begehen.

U-Haft mit Fußfessel?

Um die U-Haft für seine Klientin zu beenden, machte Karmasins Anwalt Norbert Wess im Vorfeld der Haftprüfung ungewöhnliche Vorschläge, wie aus dem Enthaftungsantrag hervorgeht.

Erstens würde die Ex-Politikerin ein Gelöbnis ablegen, dass sie keine Aufträge mehr als Meinungsforscherin annehmen werde – da sie sich seit Oktober zur Psychotherapeutin umschulen lasse und ihr Ruf ohnehin ruiniert sei.

Außerdem sei die Inhaftierte bereit, eine Art "U-Haft" mit Fußfessel zu Hause anzutreten. Anwalt Wess schlug zudem vor, eine Dokumentation über Karmasins Kommunikation mit eMail, Chats und Telefonaten anzulegen. Zusätzlich hat Karmasin ihren Gewerbeschein zurückgelegt und gelobt, jeden Kontakt mit Zeugen und Mitbeschuldigten zu unterlassen. Und zudem beinhaltete der Antrag noch eine ungewöhnliche Idee: Karmasin sei auch mit einer "vorläufigen Bewährungshilfe" einverstanden.

Die einst angesehene Meinungsforscherin ist in einer prekären Situation, denn die Vorwürfe, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erhebt, wiegen schwer.

In der Inseratenaffäre ist Karmasin Beschuldigte, wird des Delikts der Untreue und der Bestechung bezichtigt. Dazu kommen die Vergehen der Geldwäsche und der illegalen Preisabsprache. Karmasin soll zwei Kolleginnen – darunter Sabine Beinschab – gebeten haben, teurere Angebote ans Sportministerium zu legen, damit sie den Zuschlag für die Studien bekomme.

Provisionsmodell

Außerdem hat Karmasin 20 Prozent Provision für jeden Auftrag aus dem Finanzministerium, den Beinschab abgewickelt hat, kassiert. Das gibt Karmasin sogar zu. Sie betont aber in ihrer Beschuldigten-Einvernahme, dass sie nichts von Scheinstudien wusste. Der Hintergrund dieses Deals: Die Ex- Politikerin legte den Kontakt zwischen Beinschab und dem damaligen Kabinettschef Thomas Schmid. Dieses Provisionsmodell wertet die WKStA als Geldwäscherei.

Karmasin wird in den kommenden Monaten viel Zeit mit ihrem Rechtsvertreter verbringen müssen, um diese Malversationen aufzuklären.