Belakowitsch: "Niemals haben wir uns damit abzufinden, dass Gesetze uns in unserem Handeln behindern"
Innenminister Herbert Kickl selbst war bei der gestrigen Sondersitzung im Nationalrat, bei der über den inzwischen sechsten Misstrauensantrag gegen ihn abgestimmt wurde, gar nicht anwesend. Also rückten andere zu seiner Verteidigung aus.
Unter ihnen: Die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch, die ihre Redezeit dazu nutzte, Kickls umstrittenen Sager von vergangener Woche noch einmal nachzuschärfen: "Niemals haben wir uns damit abzufinden, dass Gesetze uns in unserem Handeln behindern", sagte die FPÖ-Gesundheitssprecherin.
(Zu sehen im untenstehenden Video ab 2:45)
Belakowitsch bezog sich auf die Debatte um die Abschiebung straffälliger Asylwerber und Flüchtlinge. Sie forderte, ebenso wie Kickl, dass auch bei leichteren Vergehen und nicht erst bei schweren Straftaten eine Asylaberkennung und Abschiebung leichter möglich wird.
Pilz: "Es gibt nur eine Konsequenz - ihren sofortigen Rücktritt"
Peter Pilz (Liste Jetzt) fordert nun den Rücktritt von Belakowitsch. "Das ist der erste Fall, dass eine Abgeordnete im Plenum des Nationalrates dazu aufruft, die Gesetze, die die FPÖ einschränken, zu beseitigen. Es gibt nur eine Konsequenz - ihren sofortigen Rücktritt", schrieb er in einer Aussendung.
In Richtung FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache meinte er: "Wer bei allen Gesetzesbrechern stets schärfere Strafen fordert, darf bei einem offenen Aufruf zur Beseitigung störender Gesetze durch freiheitliche Politiker nicht wegsehen."
Meinl-Reisinger: "Von einer autoritären Aussage in die bereits schon totalitäre nächste"
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger kritisierte via Twitter, dass die FPÖ "von einer autoritären Aussage in die bereits schon totalitäre nächste" stolpere. Die Konsequenz aus ihrer Sicht: "Die FPÖ braucht keine Erlösung vom Gesetz, sondern von der Regierungsverantwortung."
Belakowitsch selbst versuchte ihre Aussage ebenfalls via Twitter zu rechtfertigen. "'Wir' stand für Abgeordnete (könnte man erkennen, würde man nicht nur einen Satz herauspicken)", meinte sie dort: "Aufgabe der Legislative ist es Gesetze zu ändern- wenn sie überholt, falsch etc sind."
Kickls Sager und Rückenwind von Strache und Kurz
"Ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht." Mit diesem Satz hatte Kickl die Oppositionskritik ausgelöst, die schließlich zu dem Misstrauensantrag führte. Auch Juristinnen und Juristen beanstandeten den Sager des Innenministers:
Strache pflichtete Kickl bei
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) pflichtete Kickl gestern bei: Natürlich folge das Recht der Politik - denn hier im Parlament "sitzt die Politik", die Gesetze beschließe und zu ändern habe, an die sich "alle" und auch die Regierung "selbstverständlich" halten würden. Aber die Politik habe auch die Verantwortung, Gesetze zu ändern, wenn sie nicht richtig sind, verteidigte Strache Kickl im Hohen Haus.
ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz betonte in der Parlamentsdebatte die Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention stellte einmal mehr klar, dass die Regierung auf sie angelobt sei, da sie sich im Verfassungsrang befinde. Auch das Regierungsprogramm spreche hier eine eindeutige Sprache.
Bald nach der Aussage spezifizierte Kickl via Facebook-Posting: "Die Feststellung, dass das Recht der Politik zu folgen habe, ist der Hinweis auf die Veränderbarkeit von bestehenden gesetzlichen Regeln durch einen demokratischen Gesetzgebungsprozess [...]. Dass diese Änderung ausschließlich im Rahmen und auf Basis grund- und menschenrechtlicher Vorgaben zu erfolgen haben, versteht sich von selbst."