SP-Papier: Integrationsjahr statt 1-Euro-Jobs
Ein-Euro-Jobs, Deckel für die Mindestsicherung und Burka-Verbot: Das will die ÖVP. Die SPÖ legte nun ein eigenes Konzept vor – sehr zur Überraschung des Koalitionspartners, der die entsprechende Aussendung zeitgleich mit den Medien übermittelt bekam. Auf KURIER-Anfrage heißt aus der ÖVP: "Die Punkte sind zu sensibel, als dass wir voreilige Kommentare abgeben können oder wollen."
Die für den Koalitionsfrieden gute Nachricht zuerst: Die SPÖ hält an der Notverordnung fest. In der vierwöchigen Begutachtungsfrist wolle man weiter mit Ungarn über die Rücknahme von Flüchtlingen verhandeln. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil bleibt auf Linie: "Solange es keine europäische Lösung gibt, sind nationale Maßnahmen notwendig."
12 Monate Crashkurs
Als Gegenkonzept zum Ein-Euro-Job wird ein "Integrationsjahr" vorgeschlagen. Am Anfang stehen drei Monate Deutschkurs im Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche und ein dreimonatiger Orientierungskurs – eine aufgefettete Variante des Wertekurses. Nach einem Monat "Kompetenzcheck" sollen Asylwerber ein dreimonatiges Arbeitstraining absolvieren. Das kann etwa die Mitarbeit in einem sozialökonomischen Betrieb, bei Gemeinden, NGOs oder in einer Lehrwerkstätte sein. Den Abschluss bildet ein zweimonatiges Bewerbungstraining.
Dieses Modell wirke sich nicht auf den Arbeitsmarkt aus, betont die SPÖ, es sei auch keine Entlohnung vorgesehen. Das Angebot bekommen in erster Linie Flüchtlinge, die gute Aussichten auf Asyl haben – etwa jene aus Syrien. Alle andere dürfen das Integrationsjahr erst nach einem positiven Bescheid beginnen.
Die SPÖ will den Gemeinden mehr Spielraum beim Stundenumfang für die gemeinnützige Arbeit geben. Am Dienstleistungscheck, der es Asylwerbern erlaubt, in privaten Haushalten mitzuhelfen, hält Sozialminister Stöger fest. Die ÖVP hatte den Vorschlag zuletzt zurückgewiesen.
Perspektive geben
Stöger drängt auf rasche Umsetzung des SPÖ-Positionspapiers: "Beschäftigung ist eine wesentliche Triebfeder für gelingende Integration." Staatssekretärin Duzdar betont: "Wir müssen alles tun, um der Perspektivenlosigkeit entgegenzuwirken." Wieder aufgegriffen wird auch die Residenzpflicht: Allerdings nicht nur für Asylwerber, sondern auch für Berechtigte. Das Innenministerium solle die Menschen gemäß ihrer Qualifikation – etwa im Gastrobereich – auf die Regionen aufteilen. Eine kühne Idee, nachdem Asylberechtigte ja prinzipiell Österreichern gleichgestellt sind.
In Bezug auf die Grundversorgung schwebt Verteidigungsminister Doskozil vor, private Quartiergeber dazu zu verpflichten, Deutschkurse anzubieten. Der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker weist den Vorschlag als "nicht finanzierbar" zurück. Der Tagsatz für Quartiersgeber liege bei 21 Euro pro Person. "Wir befürchten, dass dann bei der Qualität der Betreuung gespart wird." Auch für den Samariterbund geht sich die Rechnung nicht aus: Ein Deutschkurs auf Level A1 kostet ca. 590 Euro und dauert 5 Wochen.
Innenminister Wolfgang Sobotka findet den Vorschlag hingegen"sehr überlegenswert", warte aber noch auf Details.
Österreichs öffentliche Ordnung und Sicherheit sei durch die hohe Flüchtlingszahl bedroht: Das ist die Prämisse für die geplante Notverordnung. Um das zu begründen, beschreibt das Innenministerium in seinem Entwurf, der demnächst im Ministerrat beschlossen wird, ein regelrechtes Horrorszenario.
Zunächst wird erläutert, dass man bereits jetzt mit dem Rückstau an Asylanträgen überfordert sei und dass es bei einem neuerlichen Ansturm nicht genügend Quartiere in der Grundversorgung gebe.
In Punkto Sicherheit wird die Kriminalstatistik angeführt: Der Anteil der Asylwerber unter den Tatverdächtigen sei von 11,6 auf 15,6 Prozent angestiegen. Die Justiz warnt vor Radikalisierung im Gefängnis.
Und für Schulen sei der Andrang an Flüchtlingskindern „kaum zu bewältigen“.
Sozialminister Alois Stöger ließ jene Passage über den Arbeitsmarkt, wonach Flüchtlinge unqualifiziert und eine „langfristige Belastung“ seien, streichen.
Schon im Oktober könnte die Notverordnung in Kraft treten – ab 37.500 Zulassungen zum Asylverfahren soll dann ein Riegel vorgeschoben werden. Derzeit liegen wir bei rund 27.000.