Politik/Inland

DNA-Tests für Familiennachzug: Grüne kritisieren Nehammer

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will die Zahl von Asylberechtigten, die im Rahmen der Familienzusammenführung nach Österreich kommen, durch verschärfte Kontrollen und DNA-Tests eindämmen. Beim grünen Koalitionspartner stößt dies auf wenig Begeisterung. Der Vorschlag sei „bereits gängige Praxis“ und beinhalte „keine Veränderung oder Verbesserung“, heißt es in einem Statement gegenüber der APA am Montag.


Hilfreicher wäre es, dort anzusetzen, wo es zur „Überforderung“ komme, etwa indem man Lehrerinnen und Lehrern „direkt“ unterstütze, so die Grünen. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sagte dem Ö1-Mittagsjournal: Das halte ich für ein bisschen frivol, Dinge, die es schon gibt, als Neuigkeit anzubieten und dann so zu tun, als würde der Vollzug nicht funktionieren.“ Der Kanzler müsse sich mit seinen eigenen Regierungsmitgliedern unterhalten, so Rauch. Damit meint er wohl Innenminister Gerhard Karner und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP), deren Ressorts für den Familiennachzug zuständig sind.
Aus dem Innenministerium hieß es gegenüber der APA, bisher würden DNA-Tests „als Ultima Ratio bei der Prüfung der Familienzusammenführung“ eingesetzt. Künftig soll eine Prüfung häufiger und „schon beim geringsten Verdacht“ ermöglicht werden. Außerdem werden verstärkt Dokumentenberater eingesetzt. Aktuell habe man festgestellt, „dass in Syrien seit einiger Zeit vermehrt gefälschte Dokumente im Umlauf sind“.
Nehammer will die Vorschläge per Erlass regeln lassen, eine Zustimmung der Grünen ist daher nicht notwendig. Über die Ablehnung des kleineren Koalitionspartners hatten zuvor der „Standard“ und „oe24“ berichtet. Bis zu 900 Anträge auf Familiennachzug werden derzeit laut „Standard“ pro Monat in Österreich gestellt.

Wer in Österreich einen Schutzstatus erhält, darf in der Regel die engste Familie - also Kinder, Ehepartner bzw. Eltern - nachholen. Stufen die österreichischen Behörden die Dokumente, die eine Verwandtschaft beweisen sollen, allerdings als „nicht unbedenklich“ ein, können die Familienmitglieder auf Kosten des Asylberechtigten bereits einen DNA-Test vorlegen, wie Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der asylkoordination österreich, der APA erklärte. Bei geringstem Zweifel an den Dokumenten dürfte auch jetzt der Familiennachzug nicht genehmigt werden.
Das Rote Kreuz, das in die organisatorische Abwicklung der Tests involviert ist, spricht laut „Kleiner Zeitung“ von „einigen Hundert“ Tests seit der Einführung vor knapp 15 Jahren. Negativ seien nur rund 0,1 Prozent zurückgekommen.

SPÖ-Parteivorsitzender Andreas Babler bezeichnete den Vorstoß Nehammers im Ö1-Mittagsjournal als „Nebelgranate“. Die vorgelegten Dokumente müssten „sehr genau sein“ und würden „genau“ von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geprüft, betonte Babler. Wenn Zweifel auftauchen, könnte schon jetzt ein DNA-Test gemacht werden.
Außerdem schwebt der ÖVP vor, die Selbsterhaltungsfähigkeit als Voraussetzung für Familiennachzug einzuführen. Ähnlich wie bei der Rot-Weiß-Rot-Karte für Arbeitsmigranten sollen künftig für eine Familienzusammenführung in Österreich ein gewisses Einkommen und eine geeignete Wohnsituation nachgewiesen werden müssen. Dies wäre zumindest für Erwachsene rein rechtlich möglich, wie Europa- und Völkerrechtler Walter Obwexer der „Kronen Zeitung“ (Montagsausgabe) erklärte.

Der oberösterreichische Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) kündigte in einer Aussendung an, einen entsprechenden Antrag für eine Verankerung einer zur Rot-Weiß-Rot-Karte analogen Regelung zu stellen. „Wir müssen den ungezügelten Familiennachzug stoppen. Wer seine Familie nach Österreich holen möchte, muss nachweisen, dass er diese auch erhalten kann“, so Hattmannsdorfer.
Ein wie von der Wiener ÖVP-Lehrergewerkschaft gefordertes Aussetzen des Familiennachzugs ist laut Obwexer hingegen nicht möglich - ebenso nicht der Vorschlag des Wiener Integrationsstadtrats Christoph Wiederkehr (Neos): „Deutsch vor Zuzug.“