Politik/Inland

Anti-Terror-Paket: Muslime wehren sich gegen strengere Regeln

Das nach dem Anschlag in Wien von der Regierung geplante Anti-Terror-Paket stößt in der Begutachtung, die am Dienstag endet, auf Lob und Kritik. Neben Verschärfungen im Strafvollzug und neuen Straftatbeständen wie jenem des religiösen Extremismus sind auch restriktivere Regeln für Moscheenbetreiber geplant. Kritik daran kommt vonseiten der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), die dadurch eine Schlechterstellung gegenüber anderen Religionsgemeinschaften ortet.

Zwei Gesetze hat die Regierung in die Begutachtung geschickt. Zum einen handelt es sich um das sogenannte Terror-Bekämpfungsgesetz, das den Justizbereich betrifft. Vorgesehen sind darin die elektronische Überwachung für Extremisten auch nach deren bedingter Entlassung. Zudem wird ein eigener Straftatbestand zu religiösem Extremismus geschaffen. Die Staatsanwaltschaften werden künftig schon vom Anfangsverdacht einer terroristischen Straftat informiert.

Weiters betroffen von Änderungen ist das Islamgesetz. Die auf den Weg gebrachte Novelle sieht vor, dass das Kultusamt jährlich Einblick in die Finanzen der Kultus- sowie der Moscheegemeinden erhalten muss. Sollten die Einrichtungen dies nicht vorlegen, drohen Geldbußen bis zu 72.000 Euro. Außerdem will die Regierung ein sogenanntes Imame-Register schaffen, das die Tätigkeit muslimischer Geistlicher in Österreich überwachen soll. Verfassungsrechtler haben diese Vorhaben bereits kritisiert.

Widerstand kommt von den offiziellen Muslime-Vertretern. Die IGGÖ kritisiert in ihrer Stellungnahme "gravierende und nicht akzeptable Eingriffe in das Grundrecht auf Religionsfreiheit und in die inneren Angelegenheiten" der Glaubensvertretung. "Das Islamgesetz muss dringend von allen diskriminierenden und sicherheitsrechtlichen Aspekten befreit werden, damit es endlich funktionieren kann", befand IGGÖ-Präsident Ümit Vural. Er fordert eine konsequente und strikte Trennung zwischen sicherheitspolizeilichen und religionsrechtlichen Regelungen.

Für Amnesty International ist es wichtig, "dass die Regierung der Terrorismusgefahr ganzheitlich und umfassend begegnet, anstatt nur mit Verboten, Strafen und Einschränkungen von Freiheiten". Die Aufhebung der Rechtspersönlichkeit und Schließung von Kultusgemeinden und Moscheevereinen zähle zu den schwersten Eingriffen in die Religions- und Vereinigungsfreiheit und dürfe daher nur unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erfolgen. Beim Imame-Register warnt die NGO vor möglicher Diskriminierung.

Unsachlichkeit ortet die Stadt Wien in den Strafandrohungen gegen Vereine, sollten diese keinen Einblick in die Finanzen gewähren. In der Stellungnahme werden Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz geäußert. Zudem wird die Höhe der Geldbuße von bis zu 72.000 Euro in Frage gestellt. Kritik an mehreren Punkten kommt aber auch von anderen religiösen Organisationen wie der Muslimischen Jugend und der "Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen".

Auf die strafrechtlichen Änderungen konzentriert sich die Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Diese begrüßt einige Vorhaben wie Erleichterungen in der Beweisführung und die Möglichkeit zur Vorführung von Verurteilten zur förmlichen Mahnung. Die Einführung des neuen Erschwerungsgrundes "religiös motivierte extremistische Beweggründe" sei jedoch "entbehrlich", zumal solche bereits durch den Passus "andere besonders verwerfliche Beweggründe" abgedeckt seien. Die Rechtsanwälte sehen einen solchen expliziten Erschwerungsgrund nicht gerechtfertigt.

Der Bewährungshilfe-Verein Neustart begrüßt wiederum die Ausweitung sogenannter Entlassungskonferenzen sowie die geplante Einrichtung einer Koordinationsstelle für Extremismusprävention und Deradikalisierung im Straf- und Maßnahmenvollzug. Im Fall der elektronischen Überwachung sieht die Organisation aber "keine wesentliche präventiv wirksame Funktion", die so ein "eingriffsintensives und aufwendiges Instrument rechtfertigen würde".