Politik/Inland

Anschober: Ziel ist Trendwende Mitte November

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Wir haben gewusst, dass der Herbst schwierig wird, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Gegen Ende Oktober habe eine dramatische Erhöhung der Fallzahlen eingesetzt, ein "sprunghaftes, eruptives Ansteigen".

Die Zahlen der Neuinfektionen seien das eine, das andere jene der Hospitalisierung, die Anlass zur Sorge gäben: 2.161 Personen befinden sich aktuell in Spitalsbehandlung (ein Plus von 213 im Vergleich zu gestern), 336 Patienten liegen auf der Intensivstation (plus 45).

Es sei notwendig gewesen, die "Notbremse" zu ziehen, um eine Überbelastung der intensivmedizinischen Betreuung zu verhindern. Die Grundmaßnahme, auf die sich letztlich alle Einzelmaßnahmen reduzieren ließen, sei die Reduzierung der sozialen Kontakte. In Rekordzeit habe man ein komplexes Maßnahmenpaket erarbeitet, zeigte sich der Minister stolz auf die Arbeit der Regierung.

Anschober appellierte an die Bevölkerung, die Maßnahmen mitzutragen - das mache 50 Prozent des Erfolges aus (die anderen 50 % seien die Maßnahmen selbst). Gleichzeitig warnte der Minister vor "Fehlerwartungen": Die Zahlen würden zunächst weiter steigen.

Kollateralschäden

Der Infektiologe Herwig Kollaritsch verglich die Lage mit der Spanischen Grippe vor 100 Jahren. Wenn man Berichte aus der damaligen Zeit lese, klinge das unglaublich aktuell.

Etwa 90 Prozent der Cluster entstünden in Haushalt und Freizeit, so Kollaritsch. Die Einschränkungen seien sehr unangenehm, und es gebe auch sicherlich Kollateralschäden. Dennoch sei das Vorgehen alternativlos.

Kollaritsch warnte auch vor zu hohen Erwartungen hinsichtlich einer Impfung. Damit werde das Thema Corona leider nicht erledigt sein. Ein Impfstoff, der die Krankheitssymptome mildere, sei gut, lasse die Krankheit nicht verschwinden. Erst ein Impfstoff, der die Übertragung blockieren kann, würde eine Wende bringen (wie etwa die Masern-Imfpung). Es sei auch nicht zu erwarten, dass eine Impfung gleich flächendeckend wirkt wie beispielsweise die FSME-Impfung (Zecken).

Herwig Ostermann, Geschäftsführer von Gesundheit Österreich, nannte das Dreigestirn von Testen, Tracen und Isolieren als Gegenkraft zu den Sozialkontakten. Diese Kräfte müsse man wieder in eine Balance bringen.

Die gute Nachricht sei, dass es mit Maßnahmen gelingen kann, die Reproduktionszahl auf unter 1 abzusenken. Als Unsicherheitsfaktor bleibe, inwieweit die Menschen erneut die Maßnahmen mittragen würden.

Keine Triage-Medizin

Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin, Klaus Markstaller, wies darauf hin, dass das medizinische hohe Niveau für alle Erkrankungen aufrecht erhalten werden müsse.

Er zeigte sich zuversichtlich, dass wir keine Triage-Medizin brauchen werde. Die Maßnahmen würden es möglich machen, das Gesundheitssystem in seiner jetzigen Qualität aufrechtzuerhalten - und zwar für alle Krankheiten, nicht nur Covid-19.

"Wir sind nicht alleine", so die Virologin Monika Redlberger-Fritz unter Verweis auf Entwicklungen in ganz Europa bzw. weltweit. Im Frühjahr sei das Virus frisch aufgekommen - nun aber sei ein bestimmtes Ausgangsniveau schon gegeben gewesen.

Der Bedarf an Intensivbetten sei bei Corona zehnmal so hoch wie bei einer Influenzawelle - und selbst diese bringe das System schon an seine Grenzen. Im Falle eines "akkordierten Schulterschlusses" könnte es im Dezember wieder Lockerungen geben, erklärte Redlberger-Fritz.

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