Anschober räumt in "Causa Ischgl" Fehler ein
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Mittwoch im Nationalrat bei der Beantwortung der "Dringlichen Anfrage" der NEOS zum Corona-Management der Bundesregierung und zur Causa Ischgl Fehler eingeräumt. "Es ist sicherlich nicht alles gut gelaufen in dieser Frage", meinte Anschober, der aber wiederholt auf die damals außerordentliche Situation verwies.
"Ja, da sind Fehler passiert", so Anschober. Viele der Kritikpunkte des Expertenberichts seien für ihn "nachvollziehbar". Diese würden "hauptsächlich" das Land Tirol betreffen, aber auch Dinge, die in den Bereich des Bundes fielen. Die Kritik sei aus heutiger Sicht teils nachvollziehbar, es sei damals aber auch eine herausfordernde Tätigkeit gewesen. Die Behörden hätten enorm viel geleistet, aber auch dazugelernt. "Wir nehmen diesen Untersuchungsbericht absolut ernst", erklärte der Gesundheitsminister. Der Prozess mit der Umsetzung der Empfehlungen der Expertenkommission sei bereits gestartet und soll nun in Zusammenarbeit mit dem Land Tirol entsprechend umgesetzt werden.
Anschober verwies darauf, dass Anfang bis Mitte März eine "besondere Ausnahmesituation" geherrscht habe. Damals habe es weniger Informationen bzw. zum Teil unterschiedliche Informationen von Experten wie etwa zur Maskenpflicht gegeben. Auch seine Einstellungen und Ansichten hätten sich zu einzelnen Maßnahmen im Laufe der Pandemie verändert. Zeitfaktor und Tempo seien eine große Herausforderung während einer Pandemie. Dennoch zeigten die Zahlen, dass Österreich vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen sei. "Ich bin stolz auf alle, die dazu beigetragen haben."
Im Vorfeld der Pressekonferenz am 13. März, bei der Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über die Quarantäne für das Paznauntal und St. Anton a. A. informiert habe, habe es eine Videokonferenz mit den Landeschefs gegeben. Dabei habe der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) über die Schließung von Skigebieten informiert. Im Anschluss gab es eine Sitzung von Kurz, Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und ihm, bei der man zum Schluss gekommen sei, die Quarantäne über die Tiroler Orte zu verhängen. Dann habe Kurz mit Platter telefoniert. Auch die Krisenstäbe seien informiert worden, und die Bezirkshauptmannschaft Landeck habe die entsprechenden Maßnahmen in die Wege geleitet, erklärte Anschober.
"So wichtig der Blick in die Vergangenheit ist (...) ist es entscheidend zu sehen, wo wir jetzt stehen." Laut Anschober beginnt nun erneut eine schwierige Phase. Fast ein Drittel der Neuinfektionen würden aus Europa gemeldet. Daher brauche es etwa bei den Testungen wesentlich mehr Personal, um das Tempo beim Kontakt-Tracing erhöhen. Ziel sei, "dass wir jetzt die geeigneten Maßnahmen setzten, damit kein zweiter Lockdown notwendig wird", so Anschober.
Wie NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker in der Begründung der Anfrage zuvor gemeint hatte, sei nun Dank des Expertenberichts zur Causa Ischgl "schwarz auf weiß", dass auf allen Ebenen, also Bund, Länder und Gemeinden, Fehler passiert seien. Was in Tirol falsch gelaufen sei, solle der dortige Landtag klären, meinte Loacker: "Wir sehen uns an, was im Bund falsch gelaufen ist." Diesbezüglich liste die Expertenkommission ebenfalls eine Reihe von Fehlern auf, wie ein "steinaltes" Epidemiegesetz oder fehlende Pandemiepläne. Aber auch das "Hineingrätschen" des eigentlich nicht zuständigen Bundeskanzlers, ohne Wissen der zuständigen Behörden, habe Chaos verursacht.
Die Bundesregierung glaube, dass das Krisenmanagement via Pressekonferenzen gemacht werde. So auch bei der Ankündigung der Quarantäne am 13. März. Es sei nichts abgesprochen gewesen, es habe keinen Plan gegeben, so Loacker. Es gab nur die Ankündigung, der Rest sei Chaos gewesen. "Sie haben für einen erfolgreichen Export des Virus gesorgt", meinte Loacker und verwies darauf, dass sich 11.000 Infektionen in Europa auf Ischgl zurückführen ließen.
Generell sei in Pressekonferenzen der Bundesregierung wiederholt anderes angekündigt worden, als dann in den Verordnungen gestanden sei. "Als Bürger war man zur ständigen Rechtsrecherche verdammt", kritisierte der pinke Gesundheitssprecher. Das habe zur Verunsicherung geführt. "Heute stehen wir im Wesentlichen dort, wo wir im März gestanden sind." Ständig werde Unsicherheit gestreut.