Politik/Inland

Absatzmärkte sind gefragt: Warum Österreich jetzt Italien unterstützt

Der Bundespräsident und zwei Ministerinnen waren am Montag und Dienstag auf Staatsbesuch in Rom - was ist das Ergebnis?
Es gab Gespräche mit Staatspräsident Sergio Mattarella und Premierminister Mario Draghi, Karoline Edtstadler traf zudem Innenministerin Luciana Lamorgese, und Leonore Gewessler sprach mit Verkehrsminister Enrico Giovannini.

Im Zentrum aller Gespräche stand das neue Zusammenrücken in Europa infolge der Pandemie. „Never waste a good crisis“, sagte Mattarella (Lass die Gelegenheit einer tiefen Krise nie ungenutzt verstreichen). Soll heißen: Aus Corona will Europa geeinter hervorgehen, als es davor war.

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Der europäische Lernprozess wird auch beim Geld deutlich. Wie lange hat sich der Norden gegen gemeinsame EU-Schulden gewehrt! Und darüber gelästert, dass man „dem Süden“ kein Geld schenken wolle.

Jetzt bekommt Italien aus den gemeinsamen europäischen Schuldtiteln 70 Milliarden Euro Zuschuss (zum Vergleich: Das österreichische Bundesbudget sieht 2021 103 Milliarden Ausgaben vor).


Sowohl der Bundespräsident als auch EU-Ministerin Edtstadler unterstreichen, dass Österreich von dieser Unterstützung für Italien profitiert. Das Handelsvolumen Österreichs allein mit der Lombardei ist größer als das mit ganz Russland oder mit ganz Spanien. Edtstadler: „Wir haben Firmen mit toller Technologie, in der Solartechnik, bei der Plastikwiederverwertung. Wir brauchen Abnehmer für unsere Produkte.“

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Mario Draghi gilt weithin als Garant dafür, dass Italien in der Lage ist, das viele Geld, das in Europa für das Land reserviert ist, auch abzuholen. Das Geld gibt es nämlich nicht ohne Auflagen. Es müssen Projekte für Digitalisierung und Klimaschutz dabei sein, und deren Umsetzung wird kontrolliert. Sonst bleiben die Finanzmittel in Brüssel liegen. „Italien steckt das europäische Geld im wesentlichen in zwei Bereiche: in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, vor allem im Süden, und in die klimagerechte Transformation der Industrie, was vor allem Oberitalien zugute kommt“, sagt Gewessler. Die Forschung zum Umstieg auf Wasserstoff sei dabei ein großes Thema.

Mit seinem legendären Satz - „We do whatever it takes“ - habe Draghi in der Eurokrise Geschichte geschrieben, zollt der Ökonom Van der Bellen dem Ökonomen Draghi Respekt. Er sei krisenerprobt und genau der Richtige, um Reformen in Italien einzuleiten. „Ich wünsche ihm dafür alles Glück der Welt“, sagt Van der Bellen.

Das zweite große europäische Thema ist, dass es wieder einmal einen Anlauf für eine gemeinsame EU-Außenpolitik geben soll. Auch das war ganz oben auf Mattarellas To-do-Liste. Diesmal wollen die Politiker an ihrer eigenen Basis zu Hause anfangen, für die Akzeptanz europäischer Außenpolitik, etwa gegenüber Russland oder der Türkei, zu werben. „Wir müssen in den Köpfen der eigenen Bevölkerung verankern, dass es besser ist, wenn es in einer Frage zuerst einen gemeinsamen europäischen Standpunkt gibt, und dass der nationale Standpunkt zweitrangig ist“, sagt Edtstadler. Europa müsse „Weltpolitikfähigkeit“ erlangen, um sich Gehör zu verschaffen.