Griechen auf Totenbett, Italien in Intensivpflege
Von Peter Rabl
Noch vor wenigen Wochen war es ein unrealistisches Katastrophenszenario, jetzt ist es Realität. Italien, drittgrößte Volkswirtschaft der EU, taumelt in eine kaum beherrschbare Schuldenkrise. Alle Hoffnungen, die Ansteckung mit der griechischen Krankheit zu verhindern, scheinen überholt.
Griechenland liegt ökonomisch und politisch auf dem Totenbett, Italien in der Intensivstation.
Mit einem Minimum an Kurzzeitgedächtnis ist unübersehbar, wie sich die europäische Schuldenkrise in den vergangenen zwei Jahren drastisch ausgewachsen hat. Und wie gleichzeitig immer neue, größere und angeblich endgültig wirksame Rettungsschirme aufgespannt werden mussten und müssen.
Zeit für die Sanierung überschuldeter Staaten sollte damit erkauft werden. Fatalerweise und mangels anderer Ressourcen oder Reserven durch immer neue Schulden.
Für Griechenland ist die Sanierung offensichtlich gescheitert. Mindestens mit der Weisheit des Rückblicks muss man sogar sagen, dass sie nur scheitern konnte.
Der griechische Staat ist in seinen zerrütteten Strukturen der Verwaltung und der Wirtschaft objektiv zur geforderten und nötigen Sanierung nicht imstande. Was bisher geschah ist eher Kaputtsparen. Die zunehmende Rat- und Planlosigkeit der griechischen Politik wird zur Kapitulation vor einer realistisch nicht bewältigbaren Aufgabe.
Brand im zweiten Olivenland
Griechenland ist im europäischen Maßstab noch ein relativ kleines Problem. In Wahrheit vor allem ein Problem einiger großer Banken und Finanzdienstleister. Endgültig zur Überlebenskrise des Euro droht der Brand im zweiten Olivenland zu werden. Für Italien kann niemand einen ausreichend großen Rettungsschirm aufspannen.
Mit seinen 120 Prozent Staatsschulden muss Italien immer höhere Risikoaufschläge berappen. Wie da die Refinanzierung von mehr als 200 Milliarden Euro im kommenden Jahr zu schaffen ist, bleibt schleierhaft.
Das - im Gegensatz zu Griechenland - an sich reiche und hoch industrialisierte Italien hat unter der unfähigen Herrschaft des Staatskasperls Berlusconi in den vergangenen Jahren alle nötigen Reformen versäumt. Ganz deftig formuliert es der tschechische Außenminister Fürst Schwarzenberg: "Berlusconi hat leider diesen Zeitraum durchgebumst, anstatt ihn für Reformen zu nutzen."
Jetzt muss sich das stolze Land der Aufsicht des Internationalen Währungsfonds unterstellen. Ob das angesichts einer korrupten und völlig zerstrittenen Politik reicht, ist reichlich zweifelhaft.
Inzwischen berechnen deutsche Ökonomen bereits Szenarien eines absehbaren griechischen Staatsbankrotts und dessen Kosten für die Euro-Partner. Österreich würde demnach bei einem Totalausfall 7 Milliarden echtes Geld verlieren, bei einer Umschuldung von 50 Prozent immer noch 3,5 Milliarden.
Neue Schulden für alte Schuldner, eine Todesspirale.