Politik/EU-Wahl

Italienische Linksaktivistin: Vom Hausarrest ins EU-Parlament

Die in Budapest unter Hausarrest stehende italienische Linksaktivistin Ilaria Salis rückt zur EU-Parlamentarierin auf. 

Die 36-jährige Volksschullehrerin, die die Linkspartei "Alleanza Verdi e Sinistra" (AVS - Bündnis der Linken und der Grünen) als EU-Kandidatin ins Rennen geschickt hatte, eroberte einen der 76 italienischen Sitze im EU-Parlament, und zwar mit einer hohen Zahl von Vorzugsstimmen.

Mehr als 100.000 Vorzugsstimmen

Die aus der Stadt Monza stammende Linksradikale, die seit dem vergangenen Jänner wegen schwerer Körperverletzung in Budapest vor Gericht steht, wurde im Wahlkreis des Nord-Westen Italiens, in dem sie von ihrer Partei nominiert wurde, mit über 100 000 Vorzugsstimmen gewählt.

"Ich habe mit Ilaria Salis telefoniert, sie ist über das Wahlergebnis sehr glücklich und gerührt. Jetzt muss sie aus dem Hausarrest entlassen werden", erklärte AVS-Chef Angelo Bonelli, der sich für Salis' Kandidatur engagiert hatte. Die Partei verdoppelte ihre Stimmen gegenüber den Parlamentswahlen 2022 auf 6,6 Prozent.

Salis, gegen die seit Jänner in Budapest ein Prozess läuft, wird zur Last gelegt, mit anderen Beteiligten aus der linken Szene im Februar vergangenen Jahres in Budapest eine Gruppe von Rechtsextremen gewaltsam angegriffen zu haben, die der Waffen-SS und ungarischer Soldaten gedenken wollten. Dabei wurden nach Angaben der Behörden neun Menschen verletzt, sechs davon schwer. Der Volksschullehrerin aus der Lombardei drohen bis zu elf Jahre Haft. Mitte Mai wurde sie aus dem Gefängnis entlassen und in Budapest unter Hausarrest gestellt.

Der Vater von Ilaria Salis, der sich hartnäckig für die Freilassung seiner Tochter einsetzt, drängt, dass die Frau sofort aus dem Hausarrest entlassen wird. "Viele italienische Bürger haben Ilaria ihre Vorzugsstimmen gegeben. Jetzt werden wir sehen, wie die Institutionen arbeiten werden, um den Willen der italienischen Bürger ordnungsgemäß durchzusetzen. Ilaria muss freikommen", sagte Roberto Salis.

Die Italienerin war in Budapest in Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal gebracht worden. Dies hatte in Italien für Aufsehen gesorgt. Der Frau drohen bis zu elf Jahre Haft. Ihr Vater hatte mehrmals über angeblich unmenschliche Bedingungen berichtet, unter denen seine Tochter in einem Gefängnis in Budapest festgehalten wurde.

Salis und ein deutsches Paar sollen der Gruppierung "Hammerbande" rund um die deutsche Linksextremistin Lina E. angehören, die in der Vergangenheit mutmaßliche Neonazis und Rechtsextremisten angegriffen und verletzt hatte. Einige der deutschen Aktivisten waren deswegen verurteilt worden.