Politik

Die Privilegien der Diplomaten

In Berlin zertrümmerten zwei betrunkene Diplomaten straffrei mehrere Fahrzeuge. Ein weiterer hielt seine Hausangestellte als Sklavin - ebenfalls straffrei. In Deutschland wird nun diskutiert, ob politische Immunität ein "Freibrief zum Gaunertum" sei.

Trotz der hohen Anzahl von Diplomaten ist Wien auch hier anders. Die Wiener Polizei weiß, wie man mit Problemfällen umgeht. Das ist manchmal kompliziert.

Beispiel Geschwindigkeitsübertretungen: 2100 rasende Diplomaten wurden im vergangenen Jahr beamtshandelt. Hat der Täter eine rote Diplomatenlizenz, muss er nicht zahlen. Hat er eine blaue Lizenz, dann ist er nur Botschaftsangestellter, und zahlt. Wenn aber der Kraftfahrer mit seiner blauen Lizenz im Auftrag des "roten" Botschafters zu schnell fährt, muss er nicht zahlen.

Wird ein betrunkener Diplomat am Steuer ertappt, kann man seinen Führerschein nicht einziehen. Dann wird einfach sein Fahrzeug gestoppt - etwa durch einen quer gestellten Streifenwagen oder mittels Radklammer - und er geht zu Fuß weiter.

Es gibt alle möglichen Delikte, vom Ladendiebstahl bis zur Gattenmisshandlung. Deren Zahl, so Verfassungsschutzchef Erich Zwettler, bewege sich aber im marginalen Bereich. Was fast verwunderlich ist angesichts der hohen Zahl von in Wien akkreditierten Diplomaten. Deren Gesamtzahl ist zwar nicht zu erfahren, aber das Außenministerium listet 198 ausländische Vertretungen auf. Dazu kommen noch 30 internationale Behörden wie IAEO, UNIDO, OPEC und OSZE.

Persona non grata

Die international vergleichsweise hohe Disziplin des heimischen Diplomatenkorps führen
Staatsschützer auf die Beliebtheit von Wien als Dienstort zurück. Kein Mensch will den Dienstort Wien etwa mit der Elfenbeinküste tauschen. Das schlimmste wäre es, vom Außenministerium zur "Persona non grata" (PNG) erklärt zu werden. Diese Maßnahme war in den letzten Jahren auch nicht notwendig. Wohl auch deshalb, weil einige Diplomaten nach Vorfällen selbstständig in die Heimat entschwunden sind.

Übrigens: Etwa 15 Prozent der ertappten Botschafts-Raser zahlten die Strafe freiwillig - weil sie eben nicht auffallen wollen.

Premiere: Botschafterempfang bei Polizei
Diplomatische Vertreter aus 70 Nationen, die üblicherweise nur bei Empfängen des Außenministeriums zu sehen sind, versammelten sich Dienstag im Saal der Bundespolizeidirektion Wien. Das war eine Premiere in der Geschichte der Polizei.
Diese ungewöhnliche Idee hatte Polizeipräsident Gerhard Pürstl. "Wir sind dienstlich ständig mit den Botschaften konfrontiert. Da liegt es auf der Hand, dass man sich diesen Menschen auch einmal ordentlich präsentieren sollte."
Gemeinsam mit Waltraud Steinböck von "Cercle Diplomatique" und Adolf Wala von den Polizeifreunden konnte ein diplomatisch passendes Ambiente in den schmucklosen Hallen der Polizeidirektion geschaffen werden. Im Mittelpunkt der Vorstellung stand das Landesamt für Verfassungsschutz. Anhand der dort erstellten Bedrohungsanalysen wird über die Schutzmaßnahmen an einzelnen Botschaften entschieden.
Polizeigesetze Erich Zwettler, Chef des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz, hatte entgegen seiner Gepflogenheiten die Polizeiuniform angelegt. Damit wollte er die Kernbotschaft seines Referates unterstreichen: In Österreich gibt es keinen zivilen Geheimdienst, sondern der Verfassungsschutz agiert auch bei der Terrorabwehr auf Basis der Polizeigesetze. Den Reaktionen im Publikum war zu entnehmen, dass diese Botschaft einigen Damen und Herren neu war. Denn im Rest der Welt gibt es ganz andere Strukturen.