Dem Wahlsieger droht ein russischer Frühling
Die Macht nicht abgeben zu wollen, kann manchmal tödlich sein – siehe Libyens Diktator Gaddafi. Es kann in Exil, in Haft oder schlicht in bitterer Enttäuschung darüber enden, wie es etwa Silvio Berlusconi erlebte, dass sich die Wähler ein anderes Gesicht an der Spitze ihrer Regierung wünschen. Wladimir Putin, soeben zum dritten Mal zum Präsidenten Russlands gewählt, hätte es in der Hand: Der alte/neue Kremlherr könnte an der Macht bleiben und hätte dabei alle Möglichkeiten, Russland in eine demokratischere Zukunft zu führen. Er verfügt über genügend Rückhalt im Volk, um auf den wachsenden Widerstand eingehen zu können. Er könnte Fehler ausbessern, ohne an Ansehen zu verlieren. Er ist klug genug zu verstehen, dass in Russland die Zeit nicht stehen geblieben ist und sich große Teile der Bevölkerung Reformen, mehr Mitsprache und weniger Korruption wünschen.
Noch aber sieht es nach dem Gegenteil aus: Die Wahlen haben zwar einen klaren Sieger ermittelt. Doch die kommenden Monate werden mehr Unsicherheit und Proteste bringen, wenn "Zar Putin" wie bisher starr bleibt. Der Wind des Widerstandes bläst heute quer durch die russische Mittelschicht, und er wird sich nicht einfach wieder legen. Nicht mit ein paar Versprechungen, nicht mit Polizei-Knüppel oder Zensur. So weit sollte der Kreml-Herr die Lehren des Arabischen Frühlings eigentlich verstanden haben: Unzufriedenheit niederzuwalzen hat arabischen Führern nicht gutgetan. Glaubt Putin, trotzdem alle Forderungen nach Veränderung einfach aussitzen zu können, könnte ihm bald ein russischer Frühling ins Haus stehen.
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