Politik

Das Recht geht vom Volk aus – aber wie?

Es wäre eine echte Posse, ginge es nicht um die historische Frage der Zukunft Griechenlands und des Euro. Deutschlands Kanzlerin Merkel fordert von den Griechen eine Volksabstimmung über ihren Verbleib in der Euro-Zone. Als der damalige Ministerpräsident Papandreou das vernünftigerweise vor einem halben Jahr plante, zwangen ihn Merkel und Sarkozy bei einem demütigenden Rapport zur Absage.

In der Stunde der unbequemen Auswahl zwischen Pest und Cholera sucht also nun auch die deutsche EU-Regentin die Lösung bei der direkten Demokratie. Die Wähler-Entscheidungen in Frankreich und Griechenland gegen die bisherige Euro-Krisen-Politik zeigten den europäischen Polit-Eliten erstmals die Grenzen ihrer Herrschaft ohne viel Rücksicht auf echte demokratische Legitimation.

"Postdemokratie" nennen das kritische Geister: Die Politik wird nur noch von einer kleinen Elite aus Politik und Wirtschaft entschieden und nicht mehr von den Völkern und ihren parlamentarischen Repräsentanten.

Der von den Regierungen abgeschlossene Fiskalpakt, ein Kernstück künftiger Europa-Politik, belegt die These. In einem völkerrechtlichen Vertrag sollen sich die Staaten verpflichten, für alle künftigen Zeiten strikte Budgetbeschränkungen einzuhalten und bei Verstoß internationale Strafen zu akzeptieren.

Nicht nur das deutsche Verfassungsgericht findet es untragbar, dass die amtierenden Parlamente mit Zustimmung zu diesem Vertrag künftige Abgeordnete in ihrem wichtigsten Recht, der uneingeschränkten Hoheit über das Staatsbudget, massiv einschränken.

Suche nach dem richtigen Maß

Suche nach dem richtigen Maß Der europäische Fiskalpakt ist eindeutig ein schwerer Eingriff in nationale Verfassungen. Um so unverständlicher, dass sich Kanzler Faymann eilfertig gegen die vom neuen Franzosen-Präsidenten und Parteigenossen Hollande geforderte Neuverhandlung des Vertrages aussprach.

Von einer Beteiligung des Volkes an der Entscheidung über diese Entmachtung ihrer Abgeordneten ist dagegen keine Rede. Dabei hat der Mann doch einmal einen einschlägigen und peinlich kniefälligen Brief an einen Zeitungs-Zaren geschrieben und sich damit die Unterstützung des Massenblattes erkauft .

Mehr direkte Demokratie ist auch in Österreich eine fällige Antwort auf die Aushöhlung der Kompetenzen des Parlamentes und die kaum legitimierte Übermacht der internationalen Regierungen und Institutionen.

In der angelaufenen Debatte geht es um die Suche nach dem richtigen Maß einer neuen Machtverteilung zwischen repräsentativer und direkter Demokratie. Zwingende Volksabstimmungen nach erfolgreichen Volksbegehren etwa verlangen nach entsprechend hohen Hürden gegen populistischen Missbrauch und weitgehende Entmachtung des Parlaments.

Das Recht geht vom Volk aus, sagt unsere Verfassung. Das braucht eine wiederbelebende neue Interpretation.