Politik

Berufs-Armeechef wider Willen

Der eine sprach vom Griff auf vorhandene Rücklagen, der andere vom Verzicht auf Neubauten und Kasernensanierung: Beim gemeinsamen Versuch, seine Pilotprojekte für eine Berufsarmee zu erklären, sah sich Verteidigungsminister Norbert Darabos mit diametral entgegengesetzten Aussagen des Generalstabchefs Edmund Entacher konfrontiert.

Im November musste Darabos den von ihm abgesetzten Entacher laut Bescheid der Berufungskommission wieder einsetzen. Trotz aller menschlicher Enttäuschungen versprach Entacher bei seiner Wiedereinsetzung eine „professionelle Zusammenarbeit“ mit seinem Ressortchef.

Nagelprobe war am Montag die Pressekonferenz zum Thema Pilotprojekte. Diese in Schlagworten: Man statte das Jägerbataillon 25 in Klagenfurt mit 350 zusätzlichen Dienstposten aus – durch Umschichtungen auf Kosten anderer Truppenteile. Des weiteren bezahle man den Soldaten von zwei Miliz-Pionierkompanien in Salzburg und Niederösterreich eine Bereitstellungsprämie von jeweils 5000 Euro jährlich – und kann am Ende beweisen, dass die beiden Verbände besser funktionieren als die anderen.

Rekrutenlos

Rekrutenlos

Vorgebliches Ziel der Pilotversuche ist es zu beweisen, dass das Bundesheer ohne Rekruten auskommt – bei gleichbleibendem Budget. Ab sofort werden das Verteidigungsministerium und das Kommandogebäude General Körner in Wien sowie der Truppenübungsplatz Seethaler Alpe in der Steiermark ohne Rekruten auskommen müssen. Als Ersatz müssen Zivilbedienstete angestellt werden. Die kosten mehr als Rekruten. Doch das soll durch den Wegfall der Ausbildungskosten für die Rekruten kompensiert werden.

Zur Frage der Kosten gestand Darabos ein, dass für diese Super-Verbände bis zum Jahr 2014 Mehrkosten von etwa acht bis zehn Millionen Euro anfallen würden. Kein Problem für den Minister: „Wir haben in den vergangenen Jahren Rücklagen gebildet, was man im Finanzministerium gar nicht so gerne sieht.“

Damit war das Ende der Gemeinsamkeiten zwischen dem Minister und dem Berufs-Armeechef wider Willen erreicht. Denn Entacher sieht die Finanzierungsfrage nur über Umschichtungen lösbar: „Was wir hier investieren, wird es eben wo anders nicht geben.“ Auf weitere Nachfrage erläuterte der

General, dass man sich gezwungen sehe, geplante Neubauten und Kasernensanierungen „nach hinten zu verschieben“. Außerdem, so der ranghöchste Offizier, wäre es notwendig, in den laufenden Verhandlungen mit dem Finanzministerium in Sachen Schuldenbremse mehr Druck zu machen. Wie berichtet, sind auch hier der Generalstabchef und sein Minister nicht ganz einig. Entacher fürchtet weitere Einsparungen in dreistelliger Höhe – und er warnt davor, das Bundesheer „auszubluten“ –, während Darabos in dieser Frage zu kalmieren versucht.

Unklarheiten

Es gibt noch viele Unklarheiten, etwa wie der Erfolg der Pilotversuche bewertet wird. Entacher ist zwar nach wie vor ein glühender Verfechter der Wehrpflicht. Er führt aber auch hier wieder die soldatische Professionalität ins Treffen: „Was befohlen wird, das wird auch durchgezogen.“

Wehrpflicht: Alte Fronten, neue Manöver

Der Dauerkonflikt zwischen ÖVP und SPÖ über die Frage der Wehrpflicht ist auch über den Jahreswechsel nicht entschärft worden. Die Gespräche sind vielmehr sanft entschlafen. „Es wird derzeit nicht verhandelt,“ lässt ÖVP-Chefverhandlerin und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verlauten.

Die Standpunkte sind klar: Die SPÖ will auf ein Freiwilligen- oder Berufsheer umstellen. Die ÖVP beharrt auf eine Wehrpflicht Neu. Einig sind sie nur in der Frage, dass es eine Reform geben muss. Denn es könne nicht sein, dass 60 Prozent der jährlich einrückenden Rekruten für einfache Tätigkeiten als sogenannte „Systemerhalter“ missbraucht werden.

Einigkeit wird nur nach außen demonstriert, wenn sich beide Parteien auf das Regierungsprogramm berufen – wie zuletzt Minister Norbert Darabos am Montag in seiner Pressekonferenz. Kommentar eines ÖVP-Verhandlers: „Da steht aber drinnen, dass eine Reform auf Basis der Verfassung gefordert wird.“ Und in der Verfassung ist die allgemeine Wehrpflicht verankert.

Berufsarmee-Fan Darabos versucht nun mehrfach Druck zu machen. Vergangene Woche wurde er von seinem schwedischen Amtskollegen Sten Tolgfors besucht. Schweden hat erst vergangenes Jahr auf eine Berufsarmee umgestellt. Gestern startete er seine Pilotversuche mit Kasernen ohne Präsenzdiener.