Politik/Ausland

Zivilisten aus Stahlwerk in Mariupol evakuiert

Tag 66 im Krieg der Russen gegen die Ukraine: Im belagerten Mariupol lief am Sonntag eine Evakuierungsaktion zur Rettung von im Asow-Stahlwerk festsitzenden ukrainischen Zivilisten. Eine erste Gruppe von 100 Zivilisten habe das Stahlwerk bereits verlassen, sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij am Sonntag Nachmittag. Er bestätigte damit Angaben der Vereinten Nationen. Demnach erfolge die Evakuierung in Koordination mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und den Konfliktparteien Russland und Ukraine.

Ein Konvoi zur Rettung der Zivilisten war UNO-Sprecher Jens Laerke zufolge am Freitag gestartet und hatte am Samstag in der Früh die von den russischen Truppen eingekesselte Hafenstadt Mariupol erreicht. Nähere Angaben zu der Evakuierungsaktion könnten aus Sicherheitsgründen nicht gemacht werden.

Ukrainischen Angaben zufolge sollen in den Bunkeranlagen des Stahlwerks insgesamt etwa 1.000 Zivilisten Zuflucht gesucht haben und nun eingeschlossen sein. Russland spricht von etwa 2.500 ukrainischen Militärs und ausländischen Söldnern, die sich dort gemeinsam mit Zivilisten verschanzt haben sollen.

 

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Russische Truppen hatten Mariupol kurz nach Kriegsbeginn am 24. Februar belagert. Inzwischen haben sie die strategisch wichtige Stadt mittlerweile weitgehend eingenommen. Ungeachtet einer Einigung von Moskau und Kiew auf einen humanitären Korridor für die Flucht von Zivilisten gab es bisher keine größeren Evakuierungen aus dem Werk. Die Lage der eingeschlossenen Menschen gilt als katastrophal.

Armeestab angegriffen

Bei einem ukrainischen Angriff auf das Quartier des russischen Armeestabs in der Stadt Isjum wurden indes nach Angaben aus Kiew mehrere Menschen getötet. Darunter seien ranghohe Offiziere, berichtete ein Berater des ukrainischen Innenministers, Anton Heraschtschenko, am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram. Die 50.000-Einwohner-Stadt Isjum liegt im Osten der Ukraine.

Nach ukrainischen Angaben hält sich dort auch der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow auf, um die Offensive im Donbass zu befehligen. Der Angriff soll bereits am Samstag erfolgt sein. Aus Russland gab es dafür keine Bestätigung - auch nicht für den Aufenthalt Gerassimows in der Gegend.

Pelosi in Kiew

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew empfing am Samstag Präsident  Selenskij die US-Politikerin Nancy Pelosi. Sie wolle den Ukrainern "für ihren Kampf für die Freiheit" danken, sagte Pelosi in einem von der ukrainischen Präsidentschaft veröffentlichten Video. "Wir versprechen, für Sie da zu sein, bis der Kampf beendet ist." Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses bekräftigte in einer Erklärung, "dass weitere US-Hilfe auf dem Weg" sei. Es werde in Washington gerade daran gearbeitet, die von Präsident Joe Biden beim Kongress beantragte zusätzliche Unterstützung von 33 Milliarden Dollar (rund 31 Milliarden Euro) für die Ukraine umzusetzen.

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Die Ukraine griff indes eigenen Angaben zufolge zum wiederholten Mal die von Russland besetzte Schlangeninsel im Schwarzen Meer mit Raketen an. Dabei seien mehrere Luftabwehrkomplexe und eine Kommunikationseinheit zerstört worden, teilte das Kommando Süd der ukrainischen Armee am Sonntag mit. 42 russische Soldaten sollen getötet worden sein. Das ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Eine russische Bestätigung des Angriffs lag nicht vor.

Mit dem Küstenverteidigungssystem "Neptun" verfügt Kiew nach eigenen Angaben über Raketen mit einer Reichweite bis zu 280 Kilometern. Damit soll Mitte April das russische Kriegsschiff "Moskwa" - Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte - versenkt worden sein. Die Schlangeninsel liegt etwa 35 Kilometer vor der ukrainischen Küste und wurde bereits Ende Februar von Russland erobert. Damals soll ein ukrainischer Marineinfanterist die Angreifer per Funk mit den Worten "Russisches Kriegsschiff, verpiss dich!" beschimpft haben. Der 32 Jahre alte Roman Hrybow wurde zum Volkshelden.

Russland bestätigte unterdessen erneute Angriffe auf den Osten und den Süden der Ukraine. Im Gebiet Saporischschja seien Flugabwehrraketensysteme vom Typ S-300 zerstört worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Sonntag in Moskau. Im Gebiet Charkiw seien zwei Kampfflugzeuge abgeschossen worden. Die ukrainische Seite wiederum sprach von mehreren Verletzten infolge der russischen Angriffe auf Charkiw.

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