Politik/Ausland

CDU-Joker will durchhalten

In den Hitlisten der wichtigsten Politikern kam Wolfgang Bosbach nie vor. Ginge es aber nur um Beliebtheit, wäre er öfters dabei. Sicher aber seit seinem Auftritt als "Politpromi" in Günther Jauchs RTL-Sendung "Wer wird Millionär" am vergangenen Montag. Da räumte der CDU-Mann bei sieben Millionen Zusehern Sympathien ab wie selten ein Gast – und erst recht ein Politiker.

Auch wenn der Seher-Rekord inszeniert war: Die Sendung war drei Wochen zuvor aufgezeichnet worden, einschaltträchtige Gerüchte bis zuletzt, die Kanzlerin könnte erstmals mittun, blieben undementiert. Doch Bosbachs Versuche, Merkel zum "Telefonjoker" bei einer Frage über DDR-Gepflogenheiten zu machen, endeten auf ihrer Mailbox. Nicht nur, weil ihre Handynummer veraltet war, wie er später zugab. Auch, weil die Kanzlerin ohne SMS-Aviso nicht abhebt, außer bei allerengsten Vertrauten.

Zu denen gehörte Bosbach nie. Doch das schadet den Sympathien für ihn nicht.

Schwer krank

Für die sorgt seine allen Polit-Phrasen abholde Sprache und nun auch die Thematisierung seines Schicksals durch Jauch mit tagelanger Nacharbeit des Massenblatts Bild: Bosbachs fortgeschrittener Krebs ist nun jedem bekannt.

Wie viel Zeit ihm seine Krankheit noch lässt, sagt Bosbach nicht, aber der Boulevard nennt ihn nun "todkrank". Doch schon 2012 hatte der weiter stets aufgeräumte Kölner seinen Prostata-Krebs öffentlich gemacht und dass er wegen der Metastasen keine Heilungschance mehr habe.

Er wolle aber, so Bosbach bei vielen öffentlichen Gelegenheiten, darunter auch am Mikrofon des CDU-Parteitags 2013, seine restliche Zeit weiter der Politik widmen. Sie sei seine "Leidenschaft und sein Lebenselixier", so der inzwischen 62-Jährige.

Darin hatte es der Anwalt von 2000 bis 2009 zum stellvertretenden CDU-Fraktionschef im Bundestag gebracht. Er wurde sogar als Kandidat für den Innenminister-Job gehandelt. Doch Merkel war er dafür wohl zu gesprächig: Sie nutzt seine Leutseligkeit lieber als CDU-Sicherheitssprecher und Chef des Bundestags-Innenausschusses. Da und in den vielen TV-Talkshows verteidigt Bosbach die Regierung eloquent gegen Angriffe der linken Opposition, die ihr permanent den Hang zu Polizeistaat und Integrationsfeindlichkeit nachweisen möchte.

Doch in den Rede-Duellen mit Bosbach gelingt ihr das nie: Aufrichtiger und Taktik-freier wirkt keiner ihrer Gegner auf dem heiklen Feld der inneren Sicherheit.

Irritationen mit Merkel gab es trotzdem. Darauf deutet die von Bosbachs Umgebung publik gemachte Beleidigung durch ihren damaligen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!" Das galt wohl nicht nur zu vielen Anrufen bei der CDU-Chefin, sondern mehr noch seinem Widerstand gegen Merkels Versuche der Euro-Rettung.

Eurorettungs-Skeptiker

Die stellte Bosbachs Loyalität auf die härteste Probe: Wie kein anderer prominenterer CDU-Mann kritisierte er die Risken für den deutschen Steuerzahler und Sparer durch EZB- und andere Hilfen für überschuldete, reformunwillige Euro-Südländer. Erst im allerletzten Moment stimmte Bosbach dann doch für das zweite Griechenland-Rettungspaket, sehr zu der in sozialen Netzwerken artikulierten Enttäuschung vieler Fans. Seine Warnungen vor einem "Fass ohne Boden" bestätigte gerade jetzt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit der Ankündigung des schon dritten Griechenland-Hilfspakets.

Trotz seiner schweren Krankheit ist Bosbach ein begeisterter Tennisspieler, ein Wunder an Vitalität. Auch wenn er zugibt, dass er häufiges Reisen nun einschränken muss. Kraft dafür gebe ihm, dem aktiven Katholiken, neben der Freude an der Politik seine intakte Familie: Die Ehefrau und drei hübsche, erwachsene Töchter. Denen hat er Mitleid und Diskussionen über seine Krankheit strikt verboten. Aber nur denen.