Wo die EU den Briten fehlen wird - und wo nicht
Mehr Geld und weniger Zuwanderer, das haben die Brexit-Befürworter in ihrer Kampagne zum Referendum 2016 den Briten versprochen. Was aber ist dran?
Das spricht für den Brexit:
EU-Beiträge:
Großbritannien ist Nettozahler in der EU. Auf den Euro genau lassen sich die Unterschiede zwischen den britischen Mitgliedsbeiträgen (es sind etwa 10 Mrd. Euro) und den Zahlungen der EU-Institutionen an Großbritannien nicht beziffern. Aber es handelt sich um etwa 4,5 Mrd Euro. Die würde sich London – zumindest auf den ersten Blick – sparen.
Großbritannien, das über Jahre den größten Zustrom von Arbeitskräften aus den EU-Staaten in Ost- und Südosteuropa verbuchen musste, kann diese Zuwanderung nun im Alleingang kontrollieren. Dabei geht es vor allem um Zuwanderer aus Polen, Rumänien, Bulgarien und den baltischen Staaten. Allerdings droht gerade der britischen Landwirtschaft und dem Dienstleistungssektor ein akuter Mangel an Arbeitskräften. Die illegale Einwanderung, die den EU-Gegnern ein Argument für den Brexit lieferte, wird durch den Austritt aber nicht beeinflusst.
Steuergesetze:
Viele Brexit-Anhänger haben mit der Vision von Großbritannien als Singapur Europas geworben. Tatsächlich könnten die Briten bei Dienstleistungen im Finanzsektor, wo das Königreich besonders stark ist, versuchen, mit günstigeren Steuern oder lockeren Regulierungen für Finanzprodukte zu punkten.
Das spricht gegen den Brexit:
Agrarförderungen:
Britische Bauern müssen auf etwa sieben Milliarden Euro an EU-Agrarförderungen verzichten. Für die nächsten zwei Jahre will London seinen Bauern so viel Geld zahlen, wie sie bisher aus Brüssel erhalten. Danach aber will man die Agrarförderung eigenständig gestalten. Beim Fischfang droht den Briten, die ihre Gewässer wieder allein befischen wollen, offener Streit mit EU-Staaten wie Frankreich , Dänemark oder Holland.
Datenaustausch:
Großbritanniens Finanzdienstleister sind vom ungehinderten Datentransfer aus Europa abhängig, um mit dortigen Kunden wie bisher arbeiten zu können. Dafür wird die EU verlangen, dass ihre strengen Regeln für Datenaustausch und -sicherheit von Großbritannien auch in Zukunft eingehalten werden. Gleiches gilt für den Datenaustausch im Bereich von Polizei und Justiz. Schon jetzt gibt es Beschwerden anderer EU-Staaten über Londons großzügigen Umgang mit Datenschutz.
Jobs:
Auch wenn sich London als globales Finanzzentrum versteht, ein Großteil der Kunden kommt aus der EU. Und um diese Kunden rittern nun EU-Finanzplätze wie Paris, Frankfurt oder Dublin. Je weiter sich Großbritannien rechtlich von der EU entfernt, desto mehr Aufträge könnten verloren gehen. Dazu kommt die britische Autoindustrie, die eng mit der europäischen verknüpft ist. Zollkontrollen würden die Produktion gefährden.
Preise:
Großbritannien importiert mehr als 30 Prozent seiner Lebensmittel aus der EU. Zölle oder Import-Kontrollen könnten die Preise für die Konsumenten stark steigen lassen.