Politik/Ausland

Weitere US-Sanktionen gegen Myanmar nach blutigen Protesten

Die USA wollen die Verantwortlichen für die gewaltsame Niederschlagung der Demonstrationen in Myanmar zur Rechenschaft ziehen. "Wir bereiten zusätzliche Aktionen vor, um denjenigen, die für diesen jüngsten Ausbruch von Gewalt und den jüngsten Putsch verantwortlich sind, weitere Strafen aufzuerlegen, sagte US-Sicherheitsberater Jake Sullivan am Sonntag. Zuvor waren bei landesweiten Protesten mindestens 18 Menschen getötet und 30 verletzt worden.

Die USA würden sich weiterhin eng mit Verbündeten und Partnern in der indopazifischen Region und in der ganzen Welt abstimmen, betonte Sullivan. Zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken auf Twitter die "verabscheuungswürdige Gewalt" in Myanmar verurteilt, auch UNO und EU stellten sich hinter die Protestbewegung.

Sicherheitskräfte sollen auf Menschenmassen geschossen haben

Nach UNO-Angaben schossen Sicherheitskräfte in den beiden größten Städten Yangon und Mandalay sowie in Dawei, Bago, Myeik und Pokokkuo mit scharfer Munition auf Menschenmassen. Die Polizei ging in mehreren Städten gewaltsam gegen die Demonstranten vor und schoss unter anderem in Yangon (Rangun) in die Menge. Tote wurden nicht nur aus der Wirtschaftsmetropole Yangon, sondern auch aus der südlichen Küstenstadt Dawei sowie der Stadt Bago gemeldet.

Zunächst hatte die Polizei in Yangon versucht, die Menschen mit Blendgranaten, Tränengas und Schüssen in die Luft auseinanderzutreiben. Auch Soldaten waren im Einsatz. Ein Vertreter der Vereinten Nationen sagte, er könne eine Zahl von mindestens fünf Toten bestätigen. Unter den Toten war eine Frau, die nach Angaben ihrer Tochter vermutlich einer Herzattacke erlag.

Zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt. Aufnahmen zeigten blutüberströmte Menschen, die von Helfern von dem Ort der Demonstration weggebracht wurden. Demonstranten errichteten Barrikaden und sangen Protestlieder. Vertreter der Polizei und des herrschenden Militärrats waren zunächst nicht für Stellungnahmen zu erreichen.

Berichte über Brutalität der Einsatzkräfte

Auch in anderen Städten berichteten Augenzeugen von der zunehmenden Brutalität der Einsatzkräfte gegen friedliche Demonstranten. Seit dem Putsch registrierte die Hilfsvereinigung für politische Gefangene mehr als 850 Festnahmen oder Verurteilungen. Die Zahl dürfte nach diesem Wochenende jedoch drastisch steigen. Staatliche Zeitungen berichteten von 479 Festnahmen alleine am Samstag. Aus mehreren Städten wurden zudem Übergriffe auf Journalisten gemeldet.

Die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft auf die Gewalt fielen scharf aus. Der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, teilte mit, die USA seien "alarmiert" über die Gewalt gegen friedliche Demonstranten. Sie stelle eine Eskalation im Vorgehen gegen pro-demokratische Proteste gegen den Militärputsch in dem südostasiatischen Land dar.

Die UNO verurteilte das gewaltsame Vorgehen am Sonntag "aufs Schärfste". "Wir fordern das Militär auf, die Anwendung von Gewalt gegen friedliche Demonstranten sofort einzustellen", erklärte die Sprecherin des UN-Menschenrechtskommissariats, Ravina Shamdasani. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forder die internationale Gemeinschaft auf, "zusammenzukommen und dem Militär klar zu signalisieren, dass es den Willen der Bevölkerung von Myanmar, wie er durch die Wahl ausgedrückt wurde, respektieren und mit der Unterdrückung aufhören muss", so UNO-Sprecher Stephane Dujarric am Sonntag.

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte in einem Statement das Vorgehen der Militärs. Durch das Schießen auf unbewaffnete Zivilisten hätten die Sicherheitskräfte eine offene Missachtung des internationalen Rechts gezeigt, kritisierte Borrell. Er rief Myanmars Militärbehörden zum sofortigen Stopp des gewaltsamen Vorgehens auf und sprach der "mutigen Bevölkerung" des Landes, "die ihre Demokratie verteidigt", die Solidarität der EU aus.

Militärputsch Anfang Februar 

Am 1. Februar hatte in dem südostasiatischen Land das Militär durch einen Putsch die Macht übernommen. Die demokratisch gewählte Regierung von De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi wurde abgesetzt und die Friedensnobelpreisträgerin festgenommen. Seitdem sind Hunderttausende Menschen gegen die Armee auf die Straßen gegangen. Dabei ließen sie sich bisher auch von zunehmender Gewalt und Einschüchterungen nicht abschrecken. Bis zum "blutigen Sonntag" waren mindestens fünf Todesopfer gezählt worden.

Am Montag soll eine Anhörung von Suu Kyi vor Gericht stattfinden. Ihr werden dubiose Vergehen wie der Besitz unregistrierter Funkgeräte vorgeworfen. Ihr Anwalt Khin Maung Zaw sagte zu AFP, ihm sei bisher kein Treffen mit seiner Mandantin ermöglicht worden. "Als Anwalt vertraue ich dem Gericht. Aber in diesen Zeiten kann alles passieren."

Myanmars UN-Botschafter Kyaw Moe Tun stellte sich am Wochenende gegen die Militärführung und rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Die Junta reagierte am Sonntag mit seiner Absetzung. Der Diplomat sei "nicht dem Befehl und der Richtung des Staates gefolgt", hieß es in einem Bericht des Staatsfernsehens.