Politik/Ausland

Wahl kann Gottesstaat Iran nicht umdrehen

Der Jubel schien grenzenlos, die Erwartungen himmelhoch: Von einem "Wendepunkt in der Geschichte der Islamischen Republik" schrieben dem Reformer-Lager nahestehende Zeitungen, als die ersten Ergebnisse der Wahlen vom vergangenen Freitag bekannt wurden. Tatsächlich haben Reformer und Gemäßigte zumindest in der Hauptstadt Teheran einen Triumph erzielt. Sowohl im Parlament, als auch in dem ebenfalls zur Wahl gestandenen Expertenrat fielen fast alle Mandate auf jene Kandidaten, die den vergleichsweise liberalen, eher westlich orientierten Präsidenten Hassan Rohani unterstützen.

Keine radikalen Reformer

Landesweit werden sich die Mehrheitsverhältnisse nicht so leicht auf den Kopf stellen lassen. Die Konservativen, die bisher das Parlament und den Expertenrat in der Hand hatten, werden zwar Verluste hinnehmen müssen, die politischen Spielregeln im Gottesstaat werden deshalb noch lange nicht neu geschrieben.

Allzu radikale Reformer, die die Machtverhältnisse im Iran grundlegend infrage gestellt hätten, wurden ohnehin nicht zur Wahl zugelassen. Dafür sorgt schon der Wächterrat, der auch weiterhin die Stimme von Revolutionsführer Ali Khamenei, also des mächtigsten Mannes im Staat, bleiben wird. In dieser Institution die auch das Parlament überwacht, wird die Hälfte der Positionen von Khamenei direkt besetzt.

Unangreifbar

Demokratie im Iran endet dort, wo sie den Gottesstaat und seine Allmacht gefährden könnten. Nicht umsonst ist nicht nur der Revolutionsführer vom Wählerwillen quasi unangreifbar, sondern auch die anderen entscheidenden Machtpositionen: Justiz, Streitkräfte, die Revolutionsgarden, der Nationale Sicherheitsrat.

Die Einigung im Atomstreit mit dem Westen gilt als Erfolg von Präsident Rohani und seines Reformkurses. Doch sie konnte nur zustande kommen, weil die wirklich Mächtigen im Gottesstaat diesen Weg zuließen, allen voran Khamenei und seine Vertrauten, die auch große Teile der Wirtschaft im Land kontrollieren. Sie wollten die Sanktionen loswerden.

In diesen Kreisen werden alle außenpolitisch relevanten Entscheidungen getroffen, also auch der Kriegseinsatz der Revolutionsgarden im Irak und in Syrien oder die Zusammenarbeit mit der Hisbollah im Libanon. Selbst ein von einem reformorientierten Parlament unterstützter Präsident hat da wenig mitzureden.