Politik/Ausland

Schweizer gegen höchsten Mindestlohn der Welt

Es ist eine schmerzliche Niederlage für Gewerkschaften, Sozialdemokraten und Grüne: Über Monate hatte man versucht, einen gesetzlichen Mindestlohn als einzig wirksame Maßnahme gegen die wachsende Ungleichheit bei Gehältern zu präsentieren. Die Schweizer aber ließen sich nicht einmal im Ansatz überzeugen und schmetterten die Initiative mit etwas mehr als 76 Prozent mehr als deutlich ab.

Man habe, so erste kritische Stimmen aus Gewerkschaftskreisen, die Dringlichkeit des Anliegens wohl nicht richtig vermitteln können. Umso bitterer wird die Niederlage, da man auf den politischen Schwung aus dem Vorjahr gehofft hatte. Damals hatte eine Initiative zur stärkeren Kontrolle von überhöhten Managergehältern und Boni eine deutliche Mehrheit bei einer Volksabstimmung erhalten. Doch schon bald nach dem Sieg wurde deutlich, dass die Firmen – vor allem die großen, international agierenden Konzerne – gar nicht daran dachten, die Forderungen in die Tat umzusetzen. Geschadet hatte der Gewerkschaft auch die Enthüllung, dass in eigenen Hotelbetrieben ebenfalls die Gehälter ebenfalls unter dem geforderten Mindestlohn lagen.

Auch wegen dieses Skandals gelang es der Gegenseite, ihre Argumente besser an den Wähler zu bringen. Arbeitgeber und Ökonomen brandmarkten den Mindestlohn als Jobkiller. Firmen würden ins Ausland abwandern. Nachdruck verlieh den Argumenten der Gegner die Tatsache, dass der geforderte Mindestlohn von umgerechnet 3300 Euro der höchste in ganz Europa gewesen wäre. Die Initiative würde gerade den Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt schaden. Teilzeitjobs für Frauen seien gefährdet, außerdem würde die Lehre an Attraktivität verlieren, wenn man mit ungelernter Arbeit schon 3300 Euro verdienen könne.

Keine Kampfjets

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Ebenfalls abgelehnt, allerdings nur mit knapper Mehrheit, wurde der Ankauf von neuen Kampfjets durch die Schweizer Armee. Um 2,6 Milliarden Euro wollte die 22 Maschinen vom Typ Gripen des schwedischen Herstellers Saab kaufen. Die Schweizer Luftwaffe ist mit veralteten US-Kampfflugzeugen vom Typ Tiger ausgerüstet, die inzwischen mehr als 30 Jahre im Einsatz sind. Das Argument der Gegner, ein neutrales Land wie die Schweiz brauche keine milliardenschwere Luftwaffe und solle das Geld lieber in Bildung investieren, war offensichtlich überzeugender.

MINDESTLOHN

Die Gewerkschaften fordern die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, und zwar eines der weltweit höchsten: 22 Franken pro Stunde (rund 18,50 Euro). Mit weniger könnten Arbeitnehmer ihren Lebensunterhalt in der teuren Schweiz kaum würdig bestreiten, erklären sie. Regierung und Wirtschaft warnen, ein gesetzlicher Mindestlohn - noch dazu in dieser Höhe - würde Jobs vernichten.

Das Volk lehnt den Mindestlohn mit 76,3 Prozent ab, nur 23,7 Prozent stimmen dafür.

KAMPFJETS

Die Regierung will die Luftwaffe modernisieren. Damit die Schweiz sich auch künftig verteidigen kann, sollen für umgerechnet 2,6 Milliarden Euro 22 Kampfjets des schwedischen Typs Gripen gekauft werden. Die Gegner sagen, ein neutrales Land wie die Schweiz brauche keine hochgerüstete Luftwaffe. Das Geld solle in die Bildung fließen.

Das Volk lehnt den Kauf mit 53,4 Prozent Nein-Stimmen ab. 46,6 sind dafür.

TÄTIGKEITSVERBOT FÜR PÄDOPHILE

Die Kinderschutzorganisation Marche Blanche will, das einschlägig verurteilten Pädophilen auf Lebenszeit jeglicher Umgang mit Minderjährigen in Beruf und Ehrenamt verboten wird.

Das Volk sagt Ja und votiert mit 63,5 Prozent dafür. 36,5 Prozent sagen Nein.

MEDIZINISCHE GRUNDVERSORGUNG UND HAUSARZTMEDIZIN

In der Schweizer Verfassung soll verankert werden, dass Bund und Kantone für eine allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität sorgen und die Hausarztmedizin als wesentlichen Bestandteil fördern.

Das Volk sagt Ja - 88 Prozent sind dafür, nur 12 Prozent dagegen.

In Bern: AKW-Abschaltung

Lediglich im Kanton Bern wurde zudem über die SOFORTIGE ABSCHALTUNG DES AKW MÜHLEBERG entschieden. Das über 40-jährige AKW ist auch in Österreich umstritten. Erst Anfang März erklärte der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), man werde jeden möglichen Rechtsweg ausschöpfen, der zur vorzeitigen Schließung führen könnte.

Das Volk lehnte die Abschaltung mit 63,3 Prozent Nein-Stimmen ab. 36,7 Prozent sind dafür.