Politik/Ausland

Verstimmung zwischen Putin und Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel wirkte nicht gerade entspannt, als sie gestern gegen 14 Uhr Ortszeit in St. Petersburg eintraf. Unmittelbar vor ihrem Abflug aus Berlin war es in den deutsch-russischen Beziehungen, die Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow noch am Vorabend als „nachhaltig und stabil“ gelobt hatte, zu einem Eklat gekommen, der Seltenheitswert hat.

Merkel wollte bei ihrem eintägigen Arbeitsbesuch zusammen mit Gastgeber Wladimir Putin eine Ausstellung zur Bronzezeit eröffnen. Sie war als glanzvoller Abschluss des Deutschland-Jahres in Russland gedacht. Das Problem: Einige Ausstellungsstücke sind Kriegstrophäen, die die Sowjetunion 1945 als Kriegsbeute vereinnahmte. Russland sperrt sich gegen die Rückgabe.

Merkel wollte das leidige Thema Beutekunst gestern in ihrem Grußwort zur Ausstellungseröffnung ansprechen. Doch das war nicht erwünscht. Die russische Seite cancelte ihre Rede und die von Putin unmittelbar vor dem Abflug aus Berlin. Daraufhin ließ Angela Merkel ihre Teilnahme an der Ausstellungseröffnung zunächst absagen.

Großer Bogen

So schrieben es jedenfalls kritische russische Medien, die sich bei ihrer Berichterstattung auf das Bundespresseamt berufen mussten. Kreml und Außenamt hatten über den Eklat zunächst nicht informiert, auch das Staatsfernsehen machte um das heikle Thema einen großen Bogen und konzentrierte sich auf Berichte zum Petersburger Wirtschaftsforum.

Deshalb war eigentlich auch die Kanzlerin gekommen. Als dessen Ehrengast. Eine Auszeichnung, die in der inzwischen 17-jährigen Geschichte der Veranstaltungsreihe bisher nur wenigen ausländischen Staatschefs zuteil wurde. Putin höchstselbst hatte die Wirtschaftspolitik der Kanzlerin noch am Vorabend in den höchsten Tönen gelobt: Sie reagiere auf die beste Weise auf die ökonomische Situation in der Welt.

Wirtschaft – Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner Russlands – war daher auch das große Thema bei der rund einstündigen Unterredung beider Politiker. Und eines der wenigen, wo es derzeit keine Differenzen gibt. Wobei man sich in Sachen Bronzezeit verständigte, keine Eiszeit auszurufen. Am Abend wollten Putin und Merkel die Ausstellung dann doch gemeinsam besuchen. Aber das Hickhack um Beutekunst ist nur die Spitze des Eisbergs.

Syrien und Stiftungen

Nicht nur zu Syrien, auch zu anderen brennenden Problemen gibt es Differenzen. Für Verstimmung in Berlin sorgten auch Razzien bei deutschen Stiftungen im Frühjahr. Moskau behandelte sie wie russische nichtstaatliche Organisationen, die sich als ausländische Agenten registrieren lassen müssen, wenn sie mit ausländischen Mitteln arbeiten. Erst nach massivem Protest aus Berlin wurden die Razzien eingestellt.