Politik/Ausland

Verräter und Überläufer: Selenskij suspendiert seinen Geheimdienstchef

Aus Ärger über Verrat im ukrainischen Sicherheitsapparat hat Präsident Wolodymyr Selenskij die Chefs von Geheimdienst und Generalstaatsanwaltschaft suspendiert. In einer ersten Version war noch von einer Entlassung die Rede.

Aus diesen Behörden seien mehr als 60 Mitarbeiter in den russisch besetzten Gebieten geblieben und kollaborierten mit dem Feind, sagte Selenskij am Sonntag in seiner Videoansprache. Per Präsidialerlass wurden der Leiter des Geheimdienstes SBU, Iwan Bakanow, und Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa ihrer Ämter enthoben. 

Andrij Smyrnow, Chef des Inlandsgeheimdienstes SBU, teilte auf Anfrage mit, beide könnten in ihre Posten zurückkehren, sofern Ermittlungen sie entlasten würden.  "Wir leben in einem gesetzestreuen Land, und das kann ich mir natürlich vorstellen." 

Viele Überläufer im ukrainischen Geheimdienst

Selenskij nannte auch Zahlen zu den Überläufern: Es gebe 651 Strafverfahren gegen Mitarbeiter von Staatsanwaltschaft und anderen Strafverfolgungsbehörden wegen Hochverrats und Kollaboration mit russischen Diensten. In 198 Fällen seien Betroffene informiert worden, dass sie unter Verdacht stehen.

Diese "Reihe von Verbrechen gegen die Grundlagen der nationalen Sicherheit" werfe ernsthafte Fragen an die Behördenleiter auf, sagte der Präsident.

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Bakanow (47) ist enger Weggefährte Selenskijs aus dessen Zeiten als Fernsehkomiker, er leitete den Geheimdienst seit 2019. Für ihn wurde kein Nachfolger genannt. Die Generalstaatsanwaltschaft soll vorübergehend von Oleksij Simonenko geleitet werden. Selenskij kündigte Personalfindungsprozesse für Spitzenposten in den Behörden zur Korruptionsbekämpfung an.

Wie die Nachrichtenagentur Ukrinform meldet, wurde der SBU-Chef auf Grundlage von Artikel 47 des Armee-Statuts abgesetzt. Dieses sieht eine Ablöse aufgrund von Pflichtverletzungen vor, die zu Opfern oder anderen "ernsten Konsequenzen" geführt haben.

Medwedew droht Ukrainern mit dem „Jüngsten Gericht“

Die Nato und die Ukraine bleiben nach den Worten des Vizechefs des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, eine Bedrohung für Russland. Solange die Nato und die Ukraine die 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim nicht als Teil Russlands anerkennen, sei das eine Gefahr. Das sagte der frühere Präsident vor Veteranen in Wolgograd (früher Stalingrad).

Sollte die Ukraine versuchen, die Halbinsel zurückzuerobern, werde über alle Ukrainer das „Jüngste Gericht“ hereinbrechen, „sehr schnell und schwer“, drohte Medwedew.

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Ukrainischer Unmut über Turbine bleibt

Der Turbinenstreit treibt einen Keil zwischen die Ukraine und einen ihrer wichtigsten militärischen Unterstützer. Kiew werde Kanadas Entscheidung zur Rückgabe der Turbine über Deutschland nach Russland nicht akzeptieren, sagte Selenskyj. Nach dem Gespräch mit Trudeau schrieb er auf Twitter, die Position zu Sanktionen müsse prinzipienfest sein. „Nach den Terrorangriffen auf Winnyzja, Mykolajiw, Tschassiw Jar und andere muss der Druck erhöht, nicht verringert werden.“ Er bezog sich dabei auf russische Raketenangriffe in ukrainischen Städten fern der Front mit Dutzenden Toten.

Der russische Energiekonzern Gazprom hat die Gaslieferungen durch die nach Deutschland führende Leitung Nord Stream 1 seit Juni deutlich gedrosselt und dies auch mit der fehlenden Turbine begründet. Kanada will mit der Rückgabe Deutschland und anderen europäischen Staaten gegen drohenden Energiemangel helfen.

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