Obama holt Republikaner ins Kabinett
George Washington hat es vorgemacht: Der erste Präsident der USA holte einige seiner ausgemachtesten Kritiker in seine Regierung. Doch was als großzügige Geste an den politischen Gegner gedacht war, geriet sofort in Vergessenheit. Mehr als zweihundert Jahre sollte es dauern, ehe der Demokrat Bill Clinton die Parteigrenzen wieder überschritt und mit William Cohen einen Republikaner zu seinem Verteidigungsminister kürte. Auch George W. Bush hielt es so und konnte fünf Jahre lang einen demokratischen Verkehrsminister, Norman Mineta, in seinem streng konservativen Kabinett aufweisen.
Dass nun auch US-Präsident Obama zum zweiten Mal einen Republikaner zu seinem Verteidigungsminister machen will – erst Robert Gates, nun Chuck Hagel– überrascht deshalb weniger als der Sturm der republikanischen Entrüstung, der auf Hagel niedergeht.
Vorzeige-Republikaner
Der 66-jährige frühere Senator aus Nebraska erfüllt eigentlich alle Voraussetzungen, die das Herz überzeugter Republikaner zum Glühen bringen würden: Der mit hohen militärischen Orden ausgezeichnete Vietnam-Veteran gilt als Feind einer großen (und teuren) Regierung, lehnt höhere Steuern ab, ist sozial konservativ, tritt gegen die Abtreibung ein und fiel schon einmal wegen extrem kritischer Aussagen gegen Homosexuelle auf.
Dennoch wirft ihm das rechte Lager seiner eigenen Partei vor: Hagel sei viel zu „Israel-kritisch, ja geradezu „anti-israelisch“. Er habe auch nicht bei allen Sanktionen gegen den Iran mitgestimmt. Vor allem aber nehmen Kritiker Anstoß daran, dass sich der Pragmatiker Hagel überhaupt an Obamas Seite stellen will. Hagels Chancen, das Hearing im Kongress zu überstehen, sind gut. Denn Präsident Barack Obama kann mit Recht darauf spekulieren, dass nicht alle Republikaner gegen ihren eigenen Parteifreund stimmen werden.