Politik/Ausland

US-Wahlen: Alles, was Sie über den Wahltag wissen müssen

Millionen Amerikaner werden am 3. November entscheiden, wer als mächtigster Politiker der westlichen Welt ins Weiße Haus einzieht. Präsident Donald Trump (74) bewirbt sich um eine zweite Amtszeit, sein Herausforderer ist der ehemalige Vizepräsident und Demokrat Joe Biden (77).

Der Republikaner Trump will weiter mit Vizepräsident Mike Pence (61) regieren, Biden im Falle eines Wahlsiegs mit Senatorin Kamala Harris (55). Sie wäre bei einem Wahlsieg die erste Frau und erste Afroamerikanerin - wenngleich sie auch keine ist, gilt die Tochter eines eingewanderten Jamaikaners und einer aus Indien stammenden Medizinerin als "schwarz" - im Amt des Vizepräsidenten. Abgestimmt wird zudem über die Abgeordneten des Repräsentantenhauses und rund ein Drittel der Sitze des Senats.

Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen zur Wahl.

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Der Machtfülle des US-Präsidenten kann wohl kein Amt in der westlichen Welt das Wasser reichen. Der Präsident ist Staats- und Regierungschef sowie Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er hat in der Außenpolitik weitestgehend freie Hand. Auch in vielen anderen Politikbereichen - von Militäreinsätzen bis hin zur Verhängung von Strafzöllen und der Regulierung von Einwanderung und Umweltschutz - kann der Präsident sehr viel entscheiden. Zudem kann er über Verfügungen, sogenannte "executive orders", zumindest zeitweise auch in Politikbereiche eingreifen, die sonst der gesetzgeberischen Funktion des Parlaments vorbehalten sind. Für Maßnahmen, die Geld kosten oder Gesetze verändern sollen, braucht er aber den Kongress.

Die Wähler können nur indirekt darüber abstimmen, wer der nächste Präsident wird. Ihre Stimme entscheidet über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums ("Electoral College"), das dann den Präsidenten wählt. In 48 der 50 Bundesstaaten funktioniert das so: Der Kandidat, der sich eine Mehrheit sichern kann, bekommt alle Stimmen zugesprochen. Ein Beispiel: Falls Trump Florida mit 50,1 Prozent der Stimmen gewinnen sollte, bekäme er die Stimmen der 29 Wahlleute des Bundesstaats, Biden ginge komplett leer aus. Amerikaner sprechen daher vom Prinzip "the winner takes all" (alles für den Gewinner). Einzig in den beiden kleinen Bundesstaaten Nebraska und Maine werden die Stimmen der Wahlleute annähernd proportional vergeben.

Die Anzahl der Wahlleute eines Bundesstaats entspricht der von dort entsandten Zahl der US-Senatoren und Kongressabgeordneten und richtet sich damit in etwa nach der Einwohnerzahl. Die Wahlleute stimmen 41 Tage nach der Präsidentenwahl ab, dieses Jahr am 14. Dezember. Sie richten sich dabei nach dem Ergebnis in ihrem Bundesstaat - in vielen Staaten würde den Wahlmännern und Wahlfrauen sonst eine Strafe drohen. Um Präsident zu werden, muss ein Kandidat mindestens die Stimmen von 270 Wahlleuten gewinnen. Das offizielle Ergebnis wird dann erst am 6. Jänner im Kongress bekanntgegeben.

Wegen des indirekten Wahlsystems ist es möglich, dass ein Kandidat die meisten Direktstimmen bekommt, die Wahl aber trotzdem verliert. Das war zum Beispiel 2016 der Fall. Damals stimmten mehr Amerikaner für Hillary Clinton, Donald Trump konnte sich aber durch die von ihm gewonnenen Bundesstaaten die Mehrheit der Wahlleute sichern.

Seit 1845 ist der Wahltag gesetzlich als der Dienstag nach dem ersten Montag im November festgelegt. Der Wahltag ist ein normaler Arbeitstag. Dass er auf einen Dienstag im November fällt, hat historische Gründe. Im 19. Jahrhundert lebten die meisten Amerikaner noch von der Landwirtschaft. Im Frühjahr und Sommer waren viele Bauern damit beschäftigt, ihre Felder zu bestellen. Im November hingegen war die Erntezeit in den meisten Gebieten vorüber, das Klima dennoch mild genug, um mit Pferdegespann oder zu Fuß Reisen zum nächstgelegenen Wahllokal anzutreten. Der Sonntag kam weder für die Anreise noch für die Wahl infrage, denn da ging man in die Kirche.

Wahlberechtigt ist zunächst jeder der rund 330 Millionen US-Bürger, der mindestens 18 Jahre alt ist. Das sind gut 233 Millionen. Ausgeschlossen sind Bewohner von US-Außengebieten wie Puerto Rico. In den meisten Bundesstaaten dürfen zudem Häftlinge und Menschen, die wegen einer schweren Straftat verurteilt wurden, nicht wählen. Das betrifft einer Bürgerrechtsgruppe zufolge rund sechs Millionen Menschen. Alle anderen Bürger müssen sich vor der Abstimmung zuerst beim zuständigen Wahlamt registrieren lassen. 2016 gab es rund 214 Millionen eingetragene Wähler, von denen 140 Millionen abstimmten.

Im historischen Verlauf zeigt sich, dass die Wahlbeteiligung höher lag, je kontroverser der Wahlkampf ablief. Als es 2012 um Barack Obamas Wiederwahl ging, stimmten nur knapp 55 Prozent ab. Nach dem polarisierenden Wahlkampf 2016 wählten 63 Prozent der Stimmberechtigten. In diesem Jahr ist die Wahlbeteiligung wegen der Pandemie schwer einzuschätzen. Für die eher geringe Wahlbeteiligung in den USA werden hohe Registrierungshürden in vielen Bundesstaaten verantwortlich gemacht, aber auch die Frustration der Wähler. Ein weiterer Grund: In einigen Bundesstaaten wie beispielsweise Kalifornien gewinnt traditionell immer dieselbe Partei.

Florida gilt als der Jackpot: Mit 29 Wahlleuten ist es einer der wichtigsten umkämpften Staaten. Dahinter folgen die traditionellen "Battleground States" oder "Swing States", also jene Bundesstaaten, die mal für einen Republikaner und mal für einen Demokraten stimmen. Dazu gehören Pennsylvania (20 Stimmen) und Ohio (18), genauso wie Michigan, Wisconsin und Minnesota (zusammen 36 Stimmen). Aktuelle Umfragen deuten auch in Georgia (16), North Carolina (15) und Arizona (11) auf einen offenen Stimmausgang hin. Ein wahres Erdbeben wäre es, falls es Biden gelingen würde, Texas zu gewinnen. Der große Staat mit 36 Stimmen geht seit Jahrzehnten an Republikaner - manche Umfragen räumen ihm dort aber zumindest geringe Chancen ein.

Viele andere Staaten sind kaum umkämpft. Für die Demokraten etwa sind die Staaten an der Westküste eine sichere Bank, darunter das bevölkerungsreiche Kalifornien sowie Oregon und Washington. Auch im Nordosten gibt es zahlreiche als sicher geltende Staaten, darunter New York, New Jersey, Connecticut, Massachusetts, Rhode Island, Delaware und Maryland. Die Republikaner schneiden dafür in der Regel im Zentrum des Landes stark ab, darunter im Mittleren Westen sowie im Süden. Sie gewinnen in der Regel Staaten wie Montana, Kansas, Oklahoma, Missouri, Tennessee, Kentucky, West Virginia, Arkansas, Alabama, Louisiana, Mississippi und South Carolina.

Das ist extrem unwahrscheinlich. Präsident Trump hatte im Juli eine Verschiebung zeitweise ins Gespräch gebracht, bevor er sich wieder von der Idee distanzierte. Die Hürden für eine Verschiebung wären extrem hoch, weil der Termin seit 1845 gesetzlich festgeschrieben ist. Nötig wäre eine Änderung durch den Kongress, die noch dazu vor Gerichten angefochten werden könnte. Die Demokraten, die das Repräsentantenhaus kontrollieren, lehnen eine Verschiebung ab. Zudem wären auf diesem Weg nur einige Wochen zu gewinnen, denn der weitere Zeitplan ist in der Verfassung festgeschrieben und damit noch starrer. Der Starttermin für den neuen Kongress ist demnach der 3. Jänner, der Amtsantritt des neuen Präsidenten am 20. Jänner.

Briefwähler können lange vor der Wahl am 3. November abstimmen. Zudem bieten die meisten Bundesstaaten auch schon im Voraus die Möglichkeit einer Abstimmung in Wahllokalen an. In Minnesota, South Dakota, Vermont, Virginia, Wyoming und Illinois etwa konnte schon im September abgestimmt werden, im Oktober bieten dann sehr viele Staaten Termine an. Am Wahltag selbst werden die Wahllokale in den verschiedenen Zeitzonen jeweils bis in den Abend geöffnet sein, also nach mitteleuropäischer Zeit (MEZ) bis in den Morgen des 4. November.

Bei den vergangenen Präsidentenwahlen stand der Sieger meist noch in der Wahlnacht fest. Experten gehen aber davon aus, dass in diesem Jahr wegen der Pandemie wesentlich mehr Menschen per Briefwahl abstimmen werden. Daher könnte sich die Auszählung der Stimmen deutlich verzögern - um einige Tage oder sogar noch länger.

Das US-Wahlrecht wird vor allem von den Bundesstaaten bestimmt. Mancherorts dürfen sogar noch am Wahltag abgesendete Stimmzettel gezählt werden, zudem ist die Auszählung von Briefwahlstimmen komplexer, etwa wegen eines nötigen Abgleichs der Unterschriften der Wähler. Wenige Tausend Stimmen könnten über den Wahlausgang in einem Staat entscheiden - eine verzögerte Auszählung der Briefwahlunterlagen könnte also von großer Bedeutung sein. Die im Staat Michigan für die Wahl verantwortliche Politikerin Jocelyn Benson hat wegen der Zunahme der Briefwahl vorgeschlagen, dieses Jahr lieber von einer "Wahlwoche" als von einem Wahltag zu sprechen.

Zudem wollen Umfragen zufolge mehr Demokraten als Republikaner die Briefwahl nutzen. Daher könnten die ersten Auszählungsergebnisse aus den Wahllokalen mancherorts Trump in Führung sehen, die Auszählung der Briefwahlunterlagen letztlich aber Biden zum Sieg verhelfen. In einzelnen Bundesstaaten könnte es zudem auch Klagen und Forderungen nach einer Neuauszählung geben. Im Jahr 2000 etwa stand das Ergebnis im Bundesstaat Florida, das letztlich auch über die Präsidentenwahl entschied, erst gut einen Monat nach der Wahl fest. Der Rechtsstreit ging bis vor das Oberste Gericht in Washington.

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