Trump gewinnt in Florida: "Jetzt können wir zur Normalität zurück"
Als auf den Bildschirmen in der Bamboo Beach Tiki Bar in Fort Lauderdale, Florida, der erste Staat rot aufleuchtet, sind Greg und Tony Bond nicht überrascht. Rot – das bedeutet einen Sieg für Donald Trump und die Republikaner im Heimat-Bundesstaat des Ehepaars, in Indiana.
„Ja, bei uns wählt man traditionell republikanisch“, schildert der Administrator einer Schule unweit von Indianapolis. Und das halten und Greg und seine gut aufgelegte Frau mitsamt ihren fünf erwachsenen Kindern ebenso.
Während sich von Amerikas Osten her immer mehr Bundesstaaten rot einfärben, winkt Tony, nach oben auf die TV-Geräte blickend, lachend ab. „Das ist am Anfang immer so, erst hat man den Eindruck, die Republikaner gewinnen big time, aber dann wird es wie immer extrem knapp.“
Seite an Seite
Die Strandbar ist mittlerweile gut gefüllt, eine warme Brise fährt durch das offene Gelände, und die Stimmung ist gelöst. Amerikanische Urlauber sitzen hier Seite an Seite, solche mit eher demokratischen Ansichten und solche, die eher den Republikanern zuneigen.
Vielleicht sind es die Cocktails, die für Entspannung sorgen, vielleicht sind es die gemäßigten Wähler mittleren Alters und beider politischer Seiten, die sich den Spannungen nicht hingeben wollen, die die USA in den vergangenen Wochen des Wahlkampfs so zugesetzt haben. Und dass es vor dem Mittwochmorgen US-Ostküstenzeit zu einem klare Ergebnis kommt, glaubt unter den Gästen der „Election watch Party“ hier sowieso niemand. Warum also nicht einen spannenden Abend einfach nur genießen? Greg hat die beruhigende Antwort ohnehin parat: „Egal, wer gewinnt, Harris oder Trump, die Strukturen in den USA sind intakt, der Staat funktioniert, wir können jetzt zur Normalität zurückkehren.“
"Noch traumatisiert"
Während sich die TV-Moderatoren der großen US-TV-Kanäle inzwischen den Mund fusselig reden und mit ihren Kugelschreibern zwischen roten und blauen Bundestaaten hin und her deuten, ist die Stimmung bei der „Urban League of Young Professionals“ im Norden Miamis eher gedrückt. „Ich bin noch immer traumatisiert von der ersten Präsidentschaft Trumps, ich will nicht noch eine“, sagt Katrina. Die afro-amerikanische Krankenschwester gibt sich „wegen all der Jungen, die jetzt für Harris wählen gehen“, vorsichtig optimistisch. Dass es bei einer Niederlage Donald Trumps zu Unruhen kommen könnte, befürchtet sie nicht.
„Das ist doch alles nur dummes Gerede“, hofft sie – anders als ihr Mann. Der hatte sich nach dem Aufstand des 6. Jänners 2021 eine Pistole gekauft. „Ich will das gar nicht“, ereifert sich Katrina, „aber er fühlt sich so sicherer.“
"Dann wandern wir aus"
Bei Weitem nicht alle US-Bürger hängen in der Wahlnacht an den „Breaking news“. Ohnehin könne es möglicherweise Tage dauern, warnen Medien und Politik-Insider, bis das endgültige Resultat feststeht: Die Zeitenwende – mit Kamala Harris, der ersten Frau an der Spitze der USA, oder zurück in die Vergangenheit, mit der Wiederkehr von Donald Trump im Weißen Haus.
Janet, erfolgreiche Anwältin in Miami, die „immer für die Demokraten stimmt“, ist zu nervös, um sich die Wahlnacht mit ihren eintrudelnden Ergebnissen um die Ohren zu schlagen. „Ich geh lieber schlafen und hoffe dann am nächsten Tag auf die gute Überraschung.“
Für die Tochter exil-kubanischer Immigranten ist der Gedanke an mögliche, vier weitere Jahre Trump-Regierung unerträglich. „Dann müssten wir uns überlegen, auszuwandern“, lacht sie und ihre fünf Freundinnen in einem schicken, mediterranem Lokal im Süden Miamis nicken. Fast alle haben sie schon erwachsen Töchter. „Und auch wegen ihr stimme ich für Kamala Harris“, versucht Tanja die laute Musik im Restaurant zu übertönen, „ich möchte meinen Kindern nicht eine Welt zumuten, wo der Präsident lügt, Angst verbreitet, die Leute aufhetzt und das Land spaltet.“
Unvermeidbarer Streit
Nur Debbie, die einzige bekennende Republikanerin in der Runde, lächelt gequält. Auf die x-ten fruchtlosen Kampf, bei dem die Demokratinnen und Republikanerinnen einander gegenseitig nicht überzeugen können, will sie sich hier an diesem Tisch nicht einlassen. Sie versuchten ja untereinander mit der Trump-Anhängerin nicht mehr über Politik zu reden, meint wiederum Christina, die sich selbst als „unabhängige Wählerin“ bezeichnet, sich also nicht von vornherein als demokratisch oder konservativ einordnen lassen will. Böser Streit wäre dann schon wieder unvermeidbar.
„Wohin könnten wir also gehen, wenn Trump gewinnt? Zu euch nach Österreich“, fragt Christina und zwinkert. „Aber gibt es da nicht auch so rechte Populisten?“