Ungarn: Mehr als 1.600 Schlepper vorzeitig aus Haft entlassen
In Ungarn sind heuer von Jahresanfang bis Oktober 1.634 wegen Menschenhandels verurteilte Strafgefangene freigelassen worden. Das teilte der Staatssekretär im Innenministerium, Bence Rétvári, auf eine parlamentarische Anfrage der Oppositionspartei Jobbik mit.
Als Begründungen führte Rétvári die Überbelegung der Gefängnisse und hohe Haftkosten an, wie Medien am Samstag berichteten. Die ungarische Regierung hatte im Frühjahr die Freilassung ausländischer Schlepper beschlossen.
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Freigelassene müssen Ungarn binnen 72 Stunden verlassen
Diese müssen laut dem Erlass innerhalb von 72 Stunden nach der Haftentlassung Ungarn verlassen. Den Rest ihrer Strafe sollen sie in ihren Heimatländern verbüßen. Laut Rétvári geht die Unterbringung der ausländischen Verurteilten aus verschiedenen Kulturen und deren Verköstigung mit erhöhten Kosten einher.
Die ungarischen Gefängnisse dienten nicht dem Ziel, Insassen aus verschiedenen Kulturen zu verwahren, zitierte das Online-Portal "444.hu" den Staatssekretär. Ihm zufolge sind die ungarischen Gefängnisse gerade wegen der mehr als 2.000 Schlepper überbelegt. Diese Gruppe mache auch jetzt noch 8,5 Prozent aller Häftlinge aus.
Die oppositionelle Demokratische Koalition (DK) wirft der Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orbán vor, sie überschütte mit der massenhaften Freilassung der Schleppern Ungarn mit Terroristen. Man erwarte sich von Innenminister Sándor Pintér in der Frage eine Risikoanalyse zu den möglichen Folgen für die nationale Sicherheit.
Immerhin gehe aus einem aktuellen Bericht zur nationalen Sicherheit hervor, dass in Ungarn agierende Schlepperbanden mit den afghanischen Taliban in Kontakt stehen. Mit deren Hilfe hätten Mitglieder islamistischer Terrororganisationen, vom Balkan kommend, die ungarische Grenze passieren können, so die DK in der Aussendung.
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Orbáns Regierung hatte Ende April beschlossen, einen Teil der zu dieser Zeit insgesamt 2.600 in Ungarn wegen Menschenhandels Inhaftierten freizulassen.
Österreich hatte das kritisiert und daraufhin die Grenzkontrollen zu Ungarn verschärft. Die EU-Kommission leitete in der Sache ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein.