Politik/Ausland

Ungarn: "Orbán hat die Medien Schritt für Schritt unter Kontrolle gebracht"

„Wir haben genug von der Bosheit, den Lügen, der Propaganda“, so Péter Magyar am Wochenende zu den Tausenden protestierenden Ungarn, die sich vor dem Sitz des staatlichen Fernsehsenders MTVA versammelt hatten. 

Der Oppositionspolitiker der Mitte-Rechts-Partei TISZA, der sich einst selbst im „inneren Kreis“ um Ministerpräsident Viktor Orbán befand und mit dessen Parteikollegin und Ex-Justizministerin Judit Varga verheiratet war, gilt aktuell als eine der größten Herausforderungen für den Regierungschef. 

Das hat auch damit zu tun, dass die beiden zum Beispiel bezüglich EU eine ähnliche Einstellung haben: Beide wollen etwa die Rückkehr zu einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sind.

Seit er die Führung der TISZA übernommen hat, ruft Magyar immer wieder zu Protesten gegen die Regierung auf. Diesmal nahm er die Medienpolitik ins Visier, die kritische Journalisten massiv unter Druck setzt bzw. ihre Arbeit sehr schwer macht. Die Demonstranten kritisierten, dass MTVA einseitige Propaganda betreibe, und forderten unabhängige öffentlich-rechtliche Medien.

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"Sprachrohr der Partei"

Der ungarische Politikwissenschafter Endre Borbáth, mit dem der KURIER kürzlich über die jüngsten Erfolge von Rechtspopulisten in Europa sprach, sagt über die staatlichen Medien in seinem Heimatland: „Sie sind im Wesentlichen ein Sprachrohr der (Fidesz-)Partei.“ 

„Reporter ohne Grenzen“ sieht das ähnlich. „Seit Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei 2010 an die Regierung kamen, haben sie die Medien Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle gebracht“, so die NGO, die Orbán einen „Feind der Pressefreiheit“ nennt - als ersten EU-Ministerpräsidenten auf dieser Liste. Die regionale Presse ist demnach seit Sommer 2017 vollständig im Besitz Orbán-freundlicher Unternehmer und wurde auf Linie gebracht, kritische Medien wurden eingestellt.

2021 wurde zudem bekannt, dass die Regierung mit der Spionagesoftware Pegasus nicht nur die Handys von Politikern und Managern im Land abhörte, sondern auch die von Journalisten. Und seit 2023 sorgt ein „Souveränitätsgesetz“ für Aufruhr. Es sieht etwa Haftstrafen für Gruppen vor, die für politische Zwecke Gelder aus dem Ausland annehmen. 

EU-Kommission klagt

Kritikern zufolge werden mit einer dafür neu geschaffenen Behörde die Meinungsfreiheit sowie andere Grundrechte eingeschränkt. Erst vor wenigen Tagen kündigte die EU-Kommission an, Ungarn deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen. Das Gesetz verletze europäisches Recht.  

FPÖ-Chef Herbert Kickl, der vor einer Woche die Nationalratswahl gewann, nannte Orbán bereits mehrmals ein „Vorbild“ und schloss sich mit der Fidesz und anderen Rechtsaußen-Parteien im EU-Parlament diesen Sommer zur Fraktion „Patrioten für Europa“ zusammen.