Politik/Ausland

Ukrainischen Kämpfern aus Mariupol droht die Todesstrafe

Es werden immer mehr. Beinahe 1000 Kämpfer hätten sich im Laufe des Mittwoch auf dem Gelände des seit Monaten umkämpften Asow-Stahlwerks in Mariupol ergeben, meldete das russische Militär. In den Ruinen und in den unterirdischen Tunnelsystemen des weitläufigen Geländes hatten sich offensichtlich mehrere Einheiten der ukrainischen Armee, aber auch der berüchtigten Asow-Miliz bis zuletzt verschanzt. Gerade das Asow-Bataillon mit seiner Vergangenheit als rechtsradikale Miliz steht ja besonders im Fokus der russischen Führer, die diese als Neonazis bezeichnet. Die russischen Truppen sind damit beschäftigt, das Gelände Meter für Meter zu durchkämmen.  

In Händen der Separatisten

Am Montag Abend hatten sich die ersten 260 ukrainischen Kämpfer im Stahlwerk ergeben: Dutzende von ihnen waren schwerverletzt und mussten auf Bahren aus den Ruinen des Werks getragen werden. Sie alle wurden in die von den pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiete in der Ostukraine gebracht. Die 53 schwer Verwundeten in ein Krankenhaus in der Kleinstadt Nowoasowsk, die anderen den Ort Oleniwka, der sich ebenfalls unter russischer Kontrolle befindet.

Kaum Hoffnung auf Austausch

Die ukrainische Regierung in Kiew gab sich anfangs zuversichtlich, die Kämpfer im Austausch gegen russische Gefangene freizubekommen. Präsident  Selenskyj erklärte in einer Videobotschaft, dass bereits internationale Vermittler in die Verhandlungen eingeschaltet seien. Er sei jedenfalls zuversichtlich, dass die "Helden der Ukraine" freikommen würden. Das russische Militär dagegen ließ vorerst offen, wie man mit den Gefangenen umgehen will. Man veröffentlichte lediglich ein Video, in dem der Abtransport von Soldaten und deren erste Versorgung gezeigt wurden. Dass man sich tatsächlich auf einen Austausch einlässt, wird von den meisten internationalen Beobachtern bezweifelt. Erste Reaktionen aus Moskau lassen einen ganz anderen Schluss zu: Russland könnte an den Kämpfern ein Exempel statuieren.

Ruf nach Todesstrafe

Genau in diese Richtung gehen die ersten öffentlichen Bemerkungen maßgeblicher russischer Politiker. Der Sprecher des russischen Parlaments Wjatscheslaw Wolodin forderte am Dienstag in einer Plenarsitzung, dass gefangene Kriegsverbrecher nicht ausgetauscht, sondern vor Gericht gestellt werden sollten: "Nazi-Verbrecher sollten nicht ausgetauscht werden". . Er forderte die Verteidigungs- und Sicherheitsausschüsse der Duma dazu auf, ein entsprechendes Protokoll vorzubereiten und bat die Abgeordneten, seinen Antrag zu unterstützen. Der amtierende Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei, Leonid Sluzkij, schlug am Dienstag sogar vor, das Moratorium für die Todesstrafe aufzuheben, um die Ukrainer zu dieser Höchststrafe verurteilen zu können. Am Dienstagabend schließlich wurde bekannt, dass die russische Generalstaatsanwaltschaft das Oberste Gericht dazu aufgefordert hat, Asow als Terrororganisation einzustufen, was eine Verurteilung der ukrainischen Kämpfer wahrscheinlicher macht. Denn Russland hat die Todesstrafe zwar ausgesetzt, behält sich aber das Recht vor, diese im Kriegsfall wieder auszuüben. Damit könnte gerade den Mitgliedern des Asow-Bataillons die Hinrichtung drohen.