Angriff mit US-Raketen: Russland droht Ukraine mit "entsprechender" Antwort
Die Ukraine hat nach russischen Angaben russisches Territorium mit von den USA gelieferten ATACMS-Raketen beschossen. In der Nacht auf Dienstag habe Kiew eine Militäreinrichtung in der Grenzregion Brjansk mit sechs ballistischen Raketen angegriffen, hieß es am Dienstag in einer von staatlichen russischen Nachrichtenagenturen veröffentlichten Erklärung des Verteidigungsministeriums in Moskau. Demnach wurden von den USA gelieferte Langstreckenraketen des Typs ATACMS eingesetzt.
Wie russische Nachrichtenagenturen am Dienstag unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium weiter berichteten, wurden fünf der Raketen abgefangen und eine beschädigt. Die Trümmer einer Rakete seien auf eine Militäreinrichtung in der Region gefallen und hätten einen Brand verursacht, hieß es in dem Bericht weiter. Der Angriff habe keine Opfer oder Schäden verursacht, so das Ministerium in Moskau weiter.
Russland droht mit Antwort
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat jedenfalls eine "entsprechende" Antwort auf den von Moskau gemeldeten ukrainischen Beschuss auf russisches Gebiet mit ATACMS-Raketen angekündigt. "Wenn Raketen größerer Reichweite von der Ukraine aus in Richtung russisches Territorium eingesetzt werden, bedeutet dies, dass sie von US-Militärexperten bedient werden", sagte Lawrow am Dienstag nach dem G20-Gipfel vor Journalisten in Rio de Janeiro.
Er fügte hinzu: "Wir werden dies als eine neue Phase des westlichen Krieges gegen Russland betrachten und entsprechend reagieren." Es handle sich um ein "Zeichen" der Ukraine und ihrer westlichen Verbündeten, dass diese eine Eskalation suchten. Lawrow sagte außerdem in Richtung der westlichen Verbündeten der Ukraine, diese sollten die russische Nukleardoktrin "vollständig" lesen.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nannte die Drohung "unverantwortlich". Die EU verurteile jede Drohung mit Atomwaffen, sagte er nach einem Verteidigungsministertreffen in Brüssel. Es sei nicht das erste Mal, dass der russische Staatschef Wladimir Putin Unsicherheit erzeugen wolle, betonte Borrell.
Keine offizielle Bestätigung aus Kiew
Die russische Agentur RIA Novosti meldete auf ihrer Homepage: "Heute Nacht um 3.25 Uhr hat der Feind eine Einrichtung auf dem Gebiet der Region Brjansk mit sechs ballistischen Raketen angegriffen. Nach bestätigten Daten, verwendet operativ-taktischen Raketen ATACMS amerikanischer Herkunft". Auch die russischen Agenturen TASS und Interfax berichteten von der Attacke und bezogen sich dabei ebenfalls auf das russische Verteidigungsministerium. Für den Kreml bedeute diese Attacke am 1.000 Tag des Krieges eine "erhebliche Eskalation", hieß es weiter. Auch auf einem russischen Militärblog und auf inoffiziellen Telegramkanälen war von Explosionen bei Karatschew die Rede. Die Stadt ist etwa 115 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.
Zuvor hatte es aus Kiew geheißen, dass ein russisches Waffenlager in der Nähe der Stadt Karatschew in der Region Brjansk, 115 Kilometer von der Ukraine entfernt, angegriffen worden sei. Das berichteten Bloomberg und Reuters und bezogen sich dabei auf den ukrainischen Generalstab. Zwei ukrainische Medien berichteten, es habe sich um einen Erstschlag mit von den USA gelieferten ATACMS-Raketen gehandelt. Eine offizielle Bestätigung der Ukraine, welche Waffe eingesetzt wurde, gab es nicht. Der Generalstab des Militärs und der militärische Nachrichtendienst antworteten nicht sofort auf Reuters-Bitten um eine Stellungnahme. Das Portal RBK-Ukraina zitierte eine Armeequelle mit den Worten: "Das Objekt ist erfolgreich zerstört worden." Unabhängig überprüfbar waren diese Angaben jedoch nicht.
Bis jetzt nur HIMARS-Raketenartillerie erlaubt
Die USA gestatten der Ukraine nach Medienberichten erst kürzlich, die Waffen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite auch gegen Ziele in Russland einzusetzen. Dies gilt als Antwort auf den vermuteten Einsatz nordkoreanischer Soldaten aufseiten Moskaus. Der Kreml wiederum betrachtet die US-Waffen als eine Eskalation und eine Verwickelung der USA und anderer westlicher Staaten in den seit genau 1.000 Tage währenden Krieg.
Bisher durfte die Ukraine nur HIMARS-Raketenartillerie aus den USA gegen Ziele dicht hinter der russischen Grenze einsetzen, um die Offensive gegen die ostukrainische Großstadt Charkiw abzuwehren. Die Entscheidung des ausscheidenden US-Präsidenten Joe Biden ist im Lager seines Nachfolgers Donald Trump auf Kritik gestoßen.
Russland rückt in Ostukraine weiter vor
Unterdessen rückte das russische Militär nach Angaben aus Moskau in der Ostukraine weiter vor und eroberte dort erneut ein Dorf. Dabei handle es sich um die Ortschaft Nowoselydiwka, meldete die staatliche Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Seit August erobert Russland in der Ostukraine Dorf um Dorf und verzeichnet seine schnellsten Geländegewinne seit dem ersten Kriegsjahr 2022.