Politik/Ausland

Alle Rechte ab Tag 1: Flüchtlingspolitik anders gedacht

„130.000 Geflüchtete waren es alleine letzte Woche“, erzählt Chali Tophious in einem kleinen Besprechungsraum, „täglich kommen sie über das Wasser“. Tophious ist Leiterin der Flüchtlingssiedlung Kyangwali im Westen Ugandas, nahe dem besagten Wasser des Albertsees.

Hinter dem See liegt die Demokratische Republik Kongo, und dort beherrschen seit Jahren militärisch ausgetragene Konflikte um Macht und Rohstoffe das Tagesgeschehen.

Doch es ist nicht nur die geografische Nähe, die die Menschen die Flucht nach Uganda ergreifen lässt, sondern auch die menschliche Behandlung. Denn Uganda, selbst immer wieder von Konflikten geplagt, betreibt seit den 60er-Jahren eine der progressivsten Flüchtlingspolitiken der Welt.

Möglichkeit zur Selbsterhaltung

Registrierte Geflüchtete genießen umfassende Freiheiten. Vor allem dürfen sie gehen, wohin sie wollen, und arbeiten, was sie wollen. „Sie sind Ugandern gleichgestellt“, erklärt Tophious, „nur in der Politik sind sie nicht erlaubt.“ Das Wahlrecht, aktiv wie passiv, bleibt auch in Uganda den eigenen Staatsbürgern vorbehalten.

Wer nicht gleich weiterzieht, bekommt ein kleines Grundstück und ein wenig Baumaterial für eine Hütte zugewiesen. Die Idee: sich möglichst bald selbst erhalten zu können.

Gut für dich, gut für mich

Die Bevölkerung akzeptiert diese nationale Großzügigkeit. Weshalb das so ist, dafür gibt es mehrere Erklärungen. Ein häufig angeführter Grund ist, dass Verbesserungen der Infrastruktur für Geflüchtete allen Menschen der Region zugutekommen, weil es dieselbe Infrastruktur ist.

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Selbst die Siedlungen wie Kyangwali sind keine abgeschlossenen Einheiten, Geflüchtete und Einheimische leben miteinander. Wenn also das im Siedlungsgebiet liegende Kasonga Health Centre eine Photovoltaikanlage erhält, ist das für alle gut, die in seinem Einzugsbereich leben.

Zu wenig "Hilfe vor Ort"

Dennoch gerät das ugandische Modell unter Druck, weil durch immer mehr Konflikte im Umfeld – allen voran im Südsudan – immer mehr Menschen ins Land kommen.

In Folge geht einerseits das Land aus, andererseits fehlen ausreichende Geldmittel der internationalen Gemeinschaft, um das (nach der Türkei und Pakistan) drittwichtigste Aufnahmeland für Geflüchtete ausreichend zu unterstützen.

Dabei wäre Hilfe vor Ort hier wirklich sinnvoll: Denn wer in der Nähe der Heimat in Sicherheit leben kann, muss sein Glück nicht woanders suchen – etwa in Europa.