Politik/Ausland

Trumps Politik auf dem Prüfstand

Am 18. Juni soll es amtlich werden. US-Präsident Donald Trump will in der nach dem Direktvertriebsgiganten Amway benannten Arena in Orlando, Florida, vor 20.000 Anhängern seine Kandidatur für eine zweite vierjährige Amtszeit ab Jänner 2021 bekannt geben. Im Mittelwert der relevanten Meinungsforschungsinstitute ist der New Yorker Geschäftsmann der unbeliebteste Commander-in-Chief seit Jahrzehnten. Nur 40 Prozent sind mit seiner Amtsführung zufrieden. Gleichwohl geben ihm in aktuellen Umfragen 54 % der Amerikaner solide Chancen auf eine Wiederwahl. 41 % glauben an seine Niederlage.

Warum das so ist, liegt für den bald 73-Jährigen auf der Hand: „Keine Regierung hat in den ersten zwei Jahren mehr getan als die Trump-Regierung.“ Aus Trumps Sicht geht es den USA heute so gut wie noch nie in ihrer über 240-jährigen Geschichte. Dass eine Armada von Experten dieser Deutung widerspricht, hält Trump für den Ausdruck von Gehässigkeit oder „Fake News“. Aber wie sieht seine Bilanz im Sinne von Versprochen-Gehalten tatsächlich aus? Ein Überblick.

- Wirtschaft und Arbeitsmarkt

Seit Trump im Amt ist, sind rund vier Millionen neue Jobs entstanden. Die konstante Aufwärtsentwicklung setzte bereits unter Vorgänger Obama ein. Trumps Steuergeschenke an Unternehmen und massive Deregulierung haben den Trend beschleunigt. Mit 3,6 Prozent war die Erwerbslosenquote zuletzt so niedrig wie seit 50 Jahren nicht mehr. Viele Konzerne, vor allem Banken, melden Rekordgewinne. Durch protektionistische Eingriffe bei Stahl und Aluminium (Strafzölle) sind einige tausend Industrie-Arbeitsplätze zurückgekehrt. Die Netto-Löhne stiegen um bis zu drei Prozent. Die Börsen jubeln in der Regel.

Aber: Trumps an mehreren Fronten geführter Handelskrieg verdunkelt das Bild. Die milliardenschweren Strafzölle auf Importe aus China wirken zunehmend wie eine Extra-Steuer für US-Verbraucher. Sie kann die Vorteile der Steuer-Reform von 2017 gerade für mittlere Einkommen auffressen. Parallel müssen US-Landwirte, die ihre Sojabohnen nicht mehr nach China liefern können, mit zweistelligen Milliarden-Beträgen aus der Steuerkasse entschädigt werden. Je länger der Wirtschaftskrieg dauert, desto größer ist die Gefahr einer Wachstumsdelle, die Trumps Wiederwahl-Chancen beeinträchtigen könnte. Zumal sich sein Versprechen, das Handelsungleichgewicht mit anderen Nationen radikal zu reduzieren, als Rohrkrepierer erwiesen hat. In den ersten zwei Amtsjahren ist das Export-Defizit um fast 120 Milliarden Dollar gestiegen.

- Gesundheit und Soziales: Die rückstandslose Abschaffung des von Obama installierten halb-öffentlichen Krankenversicherungssystems („Obamacare“) zugunsten eines stärker an den Prinzipien des freien Marktes orientierten Gesundheitswesens gehörte zu Trumps wichtigsten Versprechen. Hier ist der Präsident, auch bedingt auch durch fehlenden Rückhalt seiner eigenen Partei im Parlament, gescheitert. Den Rest haben die Gerichte besorgt. Im Vorwahlkampf ist „health care“, weit vor Einwanderung und Terror, das wichtigste Thema in der Bevölkerung.

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- Klimaschutz: Trump hat das Pariser Klimaschutzabkommen verlassen und zig Umweltauflagen für die Industrie zurückgenommen. So massiv, dass just 17 führende Auto-Hersteller den Präsidenten baten, die von ihm angeordnete Lockerung der Auspuffgas-Emissionen zu stoppen. General Motors, Ford & Co. fürchten Nachteile im globalen Wettbewerb.

- Öffentliche Finanzen: Im Sinne künftiger Generationen das astronomisch hohe Haushaltsdefizit abzubauen, war Trumps feste Ankündigung im Wahlkampf. In der Realität sind die Staatsschulden von 19 Billionen Dollar Ende 2016 auf zuletzt 22 Billionen Dollar angewachsen. Bereits 2022 wird die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zum ersten Mal in einem Jahr die magische Summe von 1000 Milliarden Dollar übersteigen, meinen staatliche Rechnungsprüfer.

- Justiz: Die Ernennung von zwei ultra-konservativen Richtern am Obersten Gerichtshof auf Lebenszeit ist der nachhaltigste Einzelerfolg für Trump. Er hatte versprochen, den Supreme Court im Geist seiner Kern-Wählerschaft neu aufzustellen. Dauerbrenner wie Abtreibung, Waffenbesitz, Umweltauflagen, Wahlrecht oder Gesundheitspolitik sollen im Sinn der Konservativen geregelt werden. Aufgrund der Altersstruktur des neunköpfigen Gremiums wären in einer zweiten Amtsperiode Trumps weitere Abgänge liberaler Richter nicht auszuschließen. Das wichtigstes US-Gericht bekäme bis 2050 ein stramm konservatives Gesicht.

- Verteidigung: Trump hatte im Lichte der militärischen Kosten aus Afghanistan und dem Irak den Rückzug auf die eigene Scholle („America First“) angekündigt. Nur bei akuter Bedrohung der nationalen Sicherheit seien mit ihm militärische Einsätze zu machen, sagte er. Abseits martialischer Drohungen gegen Nordkorea und den Iran und vereinzelter Aktionen (Syrien) hat der Präsident bisher Wort gehalten, gleichzeitig aber massiv in Aufrüstung investieren lassen.

- NATO: Durch Mahnen und die kaum verklausulierte Drohung, das westliche Bündnis zu sprengen, hat Trump etlichen NATO-Mitgliedern die Zusage abgetrotzt, mehr Geld für Verteidigung auszugeben (rund 100 Milliarden Dollar). Dadurch wird der größte Einzel-Nettozahler USA entlastet. Ein Erfolg für Trump. Kollateralschaden: Das Verhältnis etwa zu Deutschland, das regelmäßig vom Präsidenten als zahlungssäumig angezählt wird, ist beschädigt.

- Außenpolitik: Statt den versprochenen Isolationismus zu praktizieren, agieren die USA unter Trump als globale Ordnungsmacht, die auf Alleingänge und Konfrontation setzt. Im Nahen Osten hat der Präsident mit klarer Parteinahme für Israel (Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem) eine neue Front aufgemacht.

In Sachen Iran hat Trump das internationale Atomabkommen einseitig aufgekündigt, Teile des Mullah-Regimes mit Terroristen gleichgesetzt und durch Sanktionen im Öl-Sektor den wirtschaftlichen Niedergang des Landes beschleunigt – gleichwohl ohne greifbaren Erfolg. Die Regierung in Teheran will kein neues Atomabkommen.

Handfestes fehlt auch im Verhältnis zu Nordkorea. Nach zwei Gipfeltreffen mit Kim Jong-un ist nicht erkennbar, dass der Diktator aus Pjöngjang – wie gefordert – sein Atom-Arsenal aufgibt.

Auch Trumps Bestrebungen, in Venezuela den sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro zu Fall zu bringen und die Machtübernahme durch Oppositionsführer Juan Guaidó zu beschleunigen, sind bisher fruchtlos geblieben.

Gleiches gilt für die versprochene Verbesserung der Beziehungen zu Russland.

- Einwanderung: Trump Versuche, die illegale Migration, Kriminalität und Terror-Prävention mittels Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko zu begegnen, sind bisher vom Parlament oder von den Gerichten gebremst worden. Dem Präsidenten ist das Projekt aber so wichtig, dass er einen Regierungsstillstand („Shutdown“) inszenierte und durch Ausrufung eines Nationalen Notstands Gelder aus dem Verteidigungsetat abzweigen ließ, um sein zentrales Wahlversprechen einzulösen. Mit einer Realisierung ist während seiner Amtszeit nicht mehr zu rechnen.