Politik/Ausland

Trumps "America first"-Vorgaben verteilen die Karten neu

Donald Trump macht Ernst: Das USA-Asien-Abkommen ist Geschichte. Eigentlich hätte mit TPP (Trans-Pazifische Partnerschaft) die weltgrößte Freihandelszone entstehen sollen: Zwölf Pazifik-Staaten, 800 Millionen Bürger, fast 40 Prozent der Weltwirtschaft. Ein riesiges Handelsgebiet, von Kanada bis Australien, Japan bis Chile. Mit den USA als Dreh- und Angelpunkt.

Doch für Trump widerspricht der Deal dem Motto "America first". Er fürchtet, asiatische Billiglohnländer könnten davon profitieren. Und entsorgte, wie angekündigt, gleich am ersten Arbeitstag mit einem Federstrich die Arbeit von sieben Jahren Verhandlungen.

Nur: Was haben die USA davon? "Dieses Vakuum wird gefüllt werden", warnte Globalisierungsexperte und US-Professor Jeffrey Bergstrand. "Unglücklicherweise bestimmen jetzt andere die Wirtschaftsregeln. Und die Handelsströme werden Umwege um die USA machen."

Türöffner für China

Genau das zeichnet sich ab: Die verbliebenen elf TPP-Unterzeichner geben den Vertrag nicht verloren. Australiens Ministerpräsident Malcolm Turnbull betonte, man wolle auch ohne USA weitermachen. Weil die Amerikaner jedoch fast 60 Prozent des TPP-Volumens stellen, fehlt ein echtes Schwergewicht. Turnbull brachte die andere Großmacht ins Spiel: Es könne doch auch China mittun.

Alle Inhalte anzeigen
Ausgerechnet. Damit hätte Trump unfreiwillig seinem größten Gegenspieler auf der Welthandelsbühne die Tür geöffnet. Vorgänger Barack Obama hatte die Chinesen nämlich bewusst links liegen gelassen. Er wollte so ihre Handelsmacht in Asien begrenzen: TPP sollte die Wirtschaftspartner in Chinas Vorhof eng an die USA binden. Und das Abkommen wäre zu einem späteren Zeitpunkt auch für China offengestanden. Wozu Peking aber die US-Regeln akzeptieren hätte müssen.

Diese Strategie ist mit Trumps Rückzieher gescheitert. Eine "große Erleichterung für Peking", kommentierte Ni Dongxiong, Wirtschaftsexperte in Schanghai. Zumal die Chinesen längst eigene Allianzen schmieden: Seit 2012 verhandeln sie über ein eigenes Abkommen, dem Indien, Japan, Südkorea, Neuseeland und zehn südostasiatische ASEAN-Staaten angehören sollen, genannt: RCEP (Regionale umfassende Wirtschaftspartnerschaft). Bei RCEP wären die USA und die Europäer in die Zuschauerrolle verbannt. Fairer würde der Handel damit wohl nicht: In Chinas RCEP-Plänen spielen Arbeitsrechte, soziale oder Umweltstandards so gut wie keine Rolle.

Durch den US-Rückzug erhält aber auch die EU Oberwasser. Bisher waren die Europäer stets einen Schritt hintennach. "Die Räume, die Amerika freimacht, müssen wir jetzt nutzen", forderte deshalb Deutschlands Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nun im Handelsblatt. Wenn Trump einen Handelskrieg mit Asien und Südamerika vom Zaun breche, eröffne das für Europas Industrie Chancen – vor allem in Indien und China.

Die Frage ist freilich: Gelingt es der EU überhaupt noch, Handelsverträge abzuschließen? TTIP, der Handelspakt mit den USA, gilt seit Trumps Antritt als tot. Gegen CETA, den EU-Kanada-Pakt, gibt es heftigen Widerstand. Weitere Abkommen mit Australien oder Neuseeland sind erst in der Warteschlange. Der Deal mit Indien kommt seit 2007 kaum voran.

Und jener mit Japan sollte längst unter Dach und Fach sein. Eine Verhandlungsrunde in Tokio im Dezember 2016 brachte aber kaum Fortschritte. Es spießt sich, weil die Japaner zögern, EU-Lebensmittel ins Land zu lassen. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström drückt nun besonders auf die Tube. Sie rief ihren japanischen Kollegen auf, die politischen Hürden rasch zu beseitigen.

Dann kam Trump

Auch China hat es eilig, in die US-Fußstapfen zu treten. Die Volksrepublik hatte bisher eigene Vorstellungen von Freihandel, ganz ähnlich jenen von Trump – nach der Devise: gut ist, was China nützt.

Mit seiner Rede in Davos empfahl sich Präsident Xi Jinping nun als neue Führungsmacht der Globalisierung. Abschottung löste die Probleme nicht, im Gegenteil. Wenn es der Weltwirtschaft schlechter ginge, falle es noch schwerer, die große Einkommenskluft zu bekämpfen, sagte Xi. "Ob es Ihnen gefällt oder nicht, dem Ozean der Globalisierung entkommt man nicht." Das war wohl auf Trump gemünzt. Japan hofft, diesen noch zum Umdenken zu bewegen. Außenminister Fumio Kishida sagte, die USA hätten doch nach dem Krieg sehr vom freien Handel profitiert. Das galt bisher auch als unumstößliche Doktrin der US-Republikaner. Dann kam Trump.

Einfach einmal so die Einfuhrzölle anzuheben, wie es der neue US-Präsident Trump immer wieder androht – das widerspricht den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Und als einer der insgesamt 164 Mitgliedsstaaten der WTO müssten sich die USA an diese Regeln halten, andernfalls drohen Strafen. Oder die USA könnten aus der WTO austreten – was allerdings als äußerst unwahrscheinlich gilt.
Schraubt etwa Präsident Trump die Zölle für japanische Autos hoch, könnte Japan die USA vor dem Schiedsgericht der WTO klagen. Die Krux dabei: Die WTO kann die USA nicht zum Abbau der Zölle zwingen. Sie könnte aber ihrerseits Japan gestatten, Strafzölle gegen die USA zu verhängen.
Seit Gründung der WTO im Jahr 1994 wurden Zölle weltweit ständig abgebaut. Ziel der in Genf ansässigen Organisation ist der Abbau von Handelshemmnissen bzw. der Ausbau des Freihandels. Die WTO verfolgt im Wesentlichen zwei Kernaufgaben: Zum einen die Koordination der Wirtschaftspolitik ihrer Mitgliedstaaten und zum anderen die Streitschlichtung zwischen den Mitgliedern.