Trump drängt NATO-Mitglieder zu noch höheren Militärausgaben
In der belgischen Hauptstadt hat man dem neuen US-Präsidenten offenbar nicht vergessen, was er einst über Brüssel geätzt hatte: Die Hauptstadt der EU sei ein "Höllenloch", sagte Donald Trump, als er noch wahlkämpfend durch die USA zog.
Kurz vor der Ankunft des US-Präsidenten schafften es heute einige Dutzend Demonstranten eine Kreuzung in der Nähe des NATO-Hauptquartiers in Brüssel zu blockieren. Ihr Ziel: Den Beginn des NATO-Treffens mit den Staats- und Regierungschefs der 28 Bündnisstaaten zu verzögern.
Schon am Mittwochabend waren rund 9.000 Menschen unter dem Motto "Anti-Trump-Marsch" auf die Straßen des "Höllenlochs" Brüssel gegangen. "Wir wollen vor dem zunehmenden Populismus warnen", sagte der Sprecher von Greenpeace Belgien, Joeri Thijs.
Merkel: Erfolg haben offene Gesellschaften
Ähnliches hatte heute auch die deutsche Kanzlerin Merkel vor, die gleich nachdem sie mit Barack Obama in Berlin auf der Bühne des evangelischen Kirchentags gestanden war, noch Brüssel kam. Die NATO sei sich einig in dem Vertrauen darauf, "dass nicht Abschottung und nicht Mauern erfolgreich sind, sondern offene Gesellschaften, die auf gemeinsamen Werten aufgebaut sind", sagte sie am Donnerstag beim NATO-Gipfel in Brüssel zur Eröffnung eines Gedenkorts, der Stücke des World Trade Centers und der Berliner Mauer integriert.
Donald Trump, der direkt im Anschluss an Merkel sprach, widmete den Besuch seines ersten NATO-Gipfels dagegen ganz dem Kampf gegen Terror. "Wir müssen hart sein, wir müssen stark sein, wir müssen wachsam sein", sagte Trump. Terror bedrohe die ganze Menschheit.
"Die NATO der Zukunft muss sich sehr stark auf Terrorismus und auf Zuwanderung konzentrieren, sowie auf die Bedrohung durch Russland an den Ost- und Südgrenzen der NATO ." Seine Reise in die arabische Welt habe ihm wieder Hoffnung gegeben, dass Nationen verschiedenen Glaubens sich vereinen können, um den Terrorismus zu besiegen. Die NATO will der Koalition gegen die Terrormiliz IS beitreten.
"Zwei-Prozent-Ziel nicht genug"
Was die NATO betrifft, so blieb Trump bei seiner Forderung anderen Mitgliedsländer einmal mehr auf, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Viele der Verbündeten kämen ihren finanziellen Pflichten immer noch nicht nach, sagte Trump am Donnerstag bei seinem ersten Spitzentreffen der Mitgliedsstaaten.
Konkret gäben 23 von 28 NATO -Mitgliedern immer noch nicht zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung aus, sagte der US-Präsident. "Und viele dieser Nationen schulden enorme Mengen Geld aus den vergangenen Jahren." 23 der 28 NATO -Mitgliedstaaten "zahlen immer noch nicht, was sie zahlen sollten", sagte Trump. "Das ist nicht fair gegenüber den US-Steuerzahlern."
Im Jahr 2014 hatten die Bündnisstaaten bei einem Gipfeltreffen in Wales das Ziel vereinbart, die Verteidigungsausgaben binnen eines Jahrzehnts "Richtung zwei Prozent" der Wirtschaftsleistung zu steigern. Um die Auslegung dieser Formulierung wird gestritten. Zwei Prozent der Wirtschaftsleistung schafften im vergangenen Jahr nach NATO -Daten vom Februar außer den USA nur vier weitere NATO -Länder. Deutschland liegt seit Jahren bei rund 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Washington kommt auf 3,61 Prozent.
Wobei: "Es ist auch nicht genug, nur das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen", fügte Trump hinzu. Trump hatte die NATO im Wahlkampf immer wieder kritisiert und die Zukunftsfähigkeit des Bündnisses in Frage gestellt. Mittlerweile ist er von seiner Äußerung abgerückt, das Bündnis sei obsolet. Er will aber, dass die anderen Mitglieder ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöhen.
"Ich hoffe, er hat noch keinen Tweet über mich versendet"
Bei dem Treffen Trumps mit den EU-Spitzen war es zu Mittag noch deutlich harmloser zur Sache gegangen. Auf seinem Programm standen unter anderem ein Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk, Kommissionschef Jean Claude Juncker und dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron.
Auf die Frage, wie er US-Präsident Donald Trump persönlich erlebt habe, antwortete Juncker bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron: "Ich hoffe, er hat noch keinen Tweet über mich versendet".
Macron gab sich weniger sarkastisch. Er wolle keine psychologischen Bewertungen über Trumps Persönlichkeit abgeben, sagte der frisch gebackene französische Staatspräsident. Er habe in ihm einen effizienten und warmherzigen Gesprächspartner getroffen. Es sei eine "offene und freundliche Diskussion" gewesen.
Über die künftige Zusammenarbeit mit Donald Trump äußerte er sich zuversichtlich. "Der NATO-Gipfel gibt uns die Gelegenheit eines ersten Treffens, und ich bin sehr froh, in der Lage zu sein, gemeinsam viele Dinge zu verändern", sagte Macron beim ersten Treffen mit Trump vor einem Mittagessen in der US-Botschaft in Brüssel. Deutlicher wurde Macron nicht. Er verwies lediglich auf eine umfangreiche Agenda: "Der Kampf gegen Terrorismus, die Wirtschaft, Klima und Energie."
Trump gratulierte dem neuen französischen Staatschef seinerseits zu dessen Wahlsieg vor einigen Wochen. ""Auf der ganzen Welt sprechen sie darüber", sagte Trump. "Glückwunsch. Großartige Arbeit."
Eröffnung des neuen NATO-Hauptquartiers
Anlass des Treffen ist die Eröffnung des neuen NATO-Hauptquartiers im Norden Brüssels. Das rund eine Milliarde Euro teure Gebäude, bestehend aus acht ineinandergreifenden Flügeln, ist zwar noch immer nicht fertig, Donald Trump wird aber dennoch das Rote Band durchschneiden. Beim Treffen der Staatenlenker des Militärbündnisses will Trump die NATO-Partner auf höhere Verteidigungsaufgaben einschwören.
Diese wiederum signalisierten unmittelbar vor dem Treffen ihre Bereitschaft, sich wie von Trump gewünscht geschlossen gegen den internationalen Terrorismus zu engagieren. Jeder der 28 NATO-Staaten tut das schon im Kampf gegen den "Islamischen Staat". Nun einigten sich die Bündnispartner aber auch darauf, dass die Militärallianz insgesamt offiziell der von den USA geführten Anti-IS-Koalition beitritt. Eine direkte Beteiligung an Kampfeinsätzen bleibt aber ausgeschlossen.
Am Abend werden der US-Präsident und seine Frau Melania nach Sizilien weiterfliegen, wo in dem 11.000 Einwohner-Städtchen Taormina morgen der G7-Gipfel stattfinden wird.