Nach Luftschlag in Syrien: Hoffen auf Neustart der Diplomatie
Von Walter Friedl
Nach den begrenzten Luftschlägen des Westens gegen mutmaßliche Chemiewaffen-Einrichtungen des syrischen Machthabers Bashar al-Assad könnte sich ein Fenster für die Diplomatie öffnen – zumindest drängen viele Staaten darauf. Und dabei könnte Wien eine Vermittlerrolle zukommen.
"Wir bieten uns an. Wir würden das gerne machen", sagte Österreichs Chefdiplomatin Karin vor dem EU-Außenministerrat am Montag in Luxemburg. Man wolle als "ehrlicher Makler" aktiv werden, fügte die Nahost-Expertin an. Sie zog zudem eine Parallele zum Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). So wie jetzt in Syrien sei auch damals die Erschöpfung auf allen Seiten so groß gewesen, dass man sich doch wieder an den Verhandlungstisch gesetzt habe.
Momentan gibt es zwei Formate, um zu einer Lösung zu kommen – beide zeitigten bisher allerdings keine Durchbrüche:
Astana-Prozess
Benannt nach dem ersten Treffen in der kasachischen Hauptstadt versuchen drei Hauptakteure in dem Konflikt eine Eindämmung desselben: Russland, der Iran (beide auf der Seite Assads) und die Türkei (gegen Assad und die Kurden). Erst vor zwei Vorwoche trafen sich die Präsidenten, Wladimir Putin, Hassan Rohani und Recep Tayyip Erdoğan, in Ankara.
UN-Vermittlung
Sonderemissär Staffan de Mistura kurbelt zwar unermüdlich, bisher verliefen diese Gespräche aber im Sand. Wechselweise kamen die UN-Städte Genf und Wien als Begegnungsorte zum Zug. Hier möchte Kneissl anknüpfen.
Und vielleicht gleich aufbauend auf einen neuen Vorstoß ihres französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian. Diesen präsentierte er am Montag in Luxemburg. Demnach soll es unter anderem zu einer landesweiten Waffenruhe in Syrien kommen, zudem sollen humanitäre Helfer sichere Zugänge zu den Hotspots erhalten.
All das soll in eine UN-Resolution münden. Erschwert werden alle Bemühungen durch die Vielzahl an Rebellengruppen, die zum Teil untereinander verfeindet sind, die Partikular-Interessen der syrischen Kurden (Drängen auf Eigenstaatlichkeit) sowie der Internationalisierung des Konflikts. Denn neben Russland, dem Iran und der Türkei sind ja auch noch die USA (mit 2000 Spezialkräften), die libanesische Hisbollah-Miliz und Reste der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) militärisch aktiv. Zudem lanciert Israel immer wieder Luftschläge gegen mutmaßliche Stellungen Assads und dessen (iranische ) Verbündete.
Für Kneissl ist "Stunde der Diplomatie gekommen"
Karin Kneissl ist aber der festen Überzeugung, dass jetzt die Stunde der Diplomatie gekommen sei. Viel setzt sie auf ihren dieswöchigen Besuch in Moskau (ab Donnerstag). Bei der Visite – längst vor der jüngsten Eskalation vereinbart – wird sie unter anderem mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow zusammentreffen. Dabei wird der Krieg in
Syrien im Zentrum stehen.
Den Giftgas-Anschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal,66, und dessen Tochter Yulia, 33, in Großbritannien will die österreichische Außenministerin nicht verknüpft wissen mit dem Einsatz von Chlorgas und/oder einem weiteren Nervengift in Syrien.
Das seien unterschiedliche Dossiers. In der Skripal-Causa hatten 18 EU-Staaten russische Diplomaten ausgewiesen, weil sie der Argumentation Londons folgten und Moskau hinter der Tat sehen. Wien hatte sich an der Strafmaßnahme nicht beteiligt, was zum Teil heftige Kritik ausgelöst hatte. Die Begründung der heimischen Bundesregierung: Man wolle alle Kanäle offenhalten.