Politik/Ausland

Streit um Gas im östlichen Mittelmeer: EU droht der Türkei

Vor einer Woche hat ein drittes türkisches Bohrschiff vor der Küste Zyperns Anker geworfen. In den Regierungsbüros der Hauptstadt Nikosia läuten seither alle Alarmglocken Sturm. Und nicht nur dort. Auch in Brüssel, wo heute die EU-Außenminister zu ihren Beratungen zusammentreffen, herrscht größte Besorgnis.

Im Gleichklang mit ihrem Mitglied Zypern lehnt die EU die türkischen Erkundungsbohrungen vor der zypriotischen Küste ab. Mit Sanktionen, die heute von den EU-Außenministern beschlossen werden könnten, soll die Regierung in Ankara dazu bewegt werden, die als illegal erachteten Bohrungen sofort einzustellen.

Alle Inhalte anzeigen

Doch der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu weist die Forderungen der EU brüsk zurück. Im Gegenteil, die Türkei werde ihre Bohrungen fortsetzen. Die Spannungen zwischen der Türkei und der EU drohen damit weiter zu steigen.

Denn die Regierung in Ankara erkennt nicht an, was die zur EU gehörende Republik Zypern für sich beansprucht: Nämlich die von der Küste der Insel 200 Meilen (rund 370 km) ins Meer reichende Zone, in der Zypern laut internationalem Seerecht den alleinigen Anspruch auf wirtschaftliche Nutzung hat. Von Fischereirechten bis zur Hebung von Bodenschätzen.

Riesige Gasvorkommen

Genau dort aber, ebenso wie in weiten Teilen des östlichen Mittelmeeres, wurden in den vergangenen Jahren gigantische Erdgaskommen entdeckt. 3.500 Milliarden Kubikmeter Gas werden dort vermutet, ebenso wie 1,7 Milliarden Barrel Erdöl (zu je 159 Liter). Um die riesigen Bodenschätze zu heben, haben sich heuer im Jänner sechs Staaten zusammengetan: Zypern, Griechenland, Italien, Ägypten, Jordanien und Israel, und auch der Energieminister der Palästinensischen Autonomiegebiete ist mit dabei.

Gratwanderung

Die Türkei aber fehlt. Vor allem, weil die Türkei der Regierung in Nikosia das Recht abspricht, für die ganze Insel zu handeln. Die Türkei hält den Norden der Insel seit 1974 besetzt. Und Ankara pocht darauf, Bohrungen in jenen Gebieten durchzuführen, die es als Teile des eigenen, türkischen Festlandsockels ansieht.

Bei ihrer Suche nach geeigneten Strafmaßnahmen gegen Ankara wandelt die EU allerdings auf einem schmalen Pfad. Bisher waren sich die EU-Staaten noch nicht einig, wie hart die Türkei sanktioniert werden soll – die Türkei ist ein wichtiger strategischer Partner. In der NATO und vor allem als Partner des EU-Flüchtlingsabkommens: Mehr als zwei Millionen syrische Flüchtlinge sind in der Türkei untergebracht, dafür leistet die EU Milliardenhilfe an Ankara. Die Türkei verpflichtete sich im Gegenzug dafür, die Flüchtlinge nicht nach Europa durchzulassen.

Sanktionen „light“

Angedacht sind deshalb nur nicht allzu schmerzhafte Sanktionen – etwa der Stopp der Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen. Zudem könnte die Kreditvergabe durch die Europäische Investitionsbank eingeschränkt werden.

Ebenso könnten die so genannten Vorbeitrittshilfen für den EU-Beitrittskandidaten Türkei weiter gekürzt werden. EU-Beitrittsgespräche mit Ankara werden derzeit ohnehin nicht geführt. Sie liegen seit drei Jahren auf Eis, werden aber nicht offiziell gestoppt. Die früheren österreichischen Regierungen hatten immer wieder gefordert, die Beitrittsgespräche mit Ankara zu beenden.

Alle Inhalte anzeigen