Politik/Ausland

Strahlende Gefahr im Grand Canyon

Die Nachfahren der indianischen Ureinwohner vom Stamm der Havasupai nennen ihn nicht ohne Grund das „Haus der Morgenröte“.

Der Blick vom Rand des Grand Canyon zaubert Jahr für Jahr fünf Millionen Besuchern aus aller Welt Staunen und Strahlen aufs Gesicht. Die erhabene Stille der einzigartigen Natur-Kathedrale, die der Colorado River und die Erosion über Jahrmillionen in die sich über 450 Kilometer erstreckende monumentale Felsenschlucht im US-Bundesstaat Arizona gemeißelt haben, rückt jetzt besonders intensiv ins Scheinwerferlicht.

Am 26. Februar vor 100 Jahren machte Präsident Woodrow Wilson, ein Demokrat, das Areal offiziell zum Nationalpark. Die Grundlagen hatte 1909 sein republikanischer Vorvorgänger und Natur-Freund Theodore Roosevelt gelegt.

Hohes Risiko

Da kommt es umso ungelegener, dass in einem Museumsgebäude im Grand Canyon Village über fast 20 Jahre mehrere Behälter mit Uran-Erz höchst unsachgemäß gelagert waren.

Tausende Besucher haben unwissentlich möglicherweise extrem hohe Strahlendosen abbekommen. Sie sollen bis zu 4000 Mal höher gewesen sein als von der staatlichen Aufsichtsbehörde „Nuclear Regulatory Commission“ (NRC) empfohlen. Das behauptet Elston „Swede“ Stephenson. Der für die Sicherheit im Nationalpark zuständige Fachmann hat den Skandal in Wort und Bild (45 Dias) minutiös dokumentiert und an das zuständige Innenministerium in Washington geleitet. Seine Befürchtung: Der Fall, der bereits vor einem Jahr intern bekannt geworden sei, soll aus Angst vor schlechter Publicity vertuscht werden. Obwohl eine unbestimmt hohe Zahl von Menschen gesundheitliche Schäden davongetragen haben könnte.

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Laut Stephenson brachte der naturwissenschaftlich interessierte Sohn eines Park-Angestellten den Stein ins Rollen. Als er in dem Museumsgebäude mit einem Geigerzähler auftauchte, schlug das Messgerät neben einer vor allem von Schulklassen besuchten Ausstellung mit Tier-Präparaten stark aus.

Die fünf Behälter mit den Uran-Erzen, die mutmaßlich aus nahegelegenen Minen stammten, wurden in einen Keller verlegt, berichtete Stephenson der Nachrichtenseite Arizona Republic.

Erst als er nach Phoenix fuhr und die Bundesbehörde für Arbeitssicherheit alarmierte, wurden geschulte Inspektoren an den Grand Canyon geschickt. Fotos zeigen sie in gelben Schutzanzügen, wie man sie aus Atomkraftwerken kennt. Vorher seien die fünf Plastikbehälter mit dem strahlenden Material laienhaft ohne geeignete Sicherheitsvorkehrungen abtransportiert worden.

Was die Behörden intern herausgefunden und unternommen haben, ist öffentlich unbekannt – sie schweigen zu dem Vorfall.

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Emily Davis, eine Sprecherin der Nationalparkverwaltung am Grand Canyon, verwies wortkarg auf „laufende Untersuchungen“. Nur so viel: „Es gibt momentan kein Risiko für Parkangestellte und Besucher.“

Abbau-Stopp gefordert

Stephensons Weckruf fällt zusammen mit einem Appell der Witwe des im vergangenen Jahr gestorbenen republikanischen Senators John McCain, der Arizona im Kongress in Washington vertrat. Sie forderte das Parlament auf, den in unmittelbarer Nähe des Grand Canyon lange Jahre praktizierten Uran-Abbau endgültig zu unterbinden.

Gegen den Willen der dort ansässigen Indianer-Stämme, die um ihre Wasserversorgung fürchten, sollte dort mit politischer Unterstützung der Regierung von Präsident Donald Trump der Betrieb wieder aufgenommen werden. Ende 2018 bestätigte der Oberste Gerichtshof in Washington das Urteil eines Bundesgerichts, das den Bestrebungen nach Aufweichung des Banns aus der Obama-Zeit einen Riegel vorschob.