Politik/Ausland

Steinmeier: Mit Putin keine Rückkehr zur Normalität

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat ausgeschlossen, dass der Westen mit Russland unter Präsident Wladimir Putin wieder normale Beziehungen haben kann. Er wisse nicht, wie sich Russland weiter entwickle, sagte er am Dienstag im Sender ZDF. "Ich bin sicher, es wird mit dem Russland unter Putin keine Rückkehr zur Normalität, zum Status quo ante geben", fügte er hinzu. Er nannte Putin einen "eingebunkerten Kriegstreiber".

Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, forderte unterdessen zur Abwehr der russischen Invasionstruppen von Deutschland die Lieferung von Panzern und anderen schweren Waffen. Bisher seien leichte Waffen wie Flugabwehrraketen und Panzerfäuste geliefert worden, sagte Melnyk am Dienstag im Deutschlandfunk. Was die Ukraine aber nun brauche, seien schwere Waffen, Panzer, gepanzerte Wagen, Artilleriesysteme und Mehrfachraketenwerfer, womit man auch die Gebiete im Südosten der Ukraine befreien könne.

"Man kann keine Gegenoffensive starten mit einer Panzerfaust", sagte Melnyk. Die Ukraine erwarte, dass auch aus den Beständen der deutschen Armee ähnliche Technik wie der Schützenpanzer Marder, der Flugabwehrpanzer Gepard und der Kampfpanzer Leopard geliefert werde. Dazu sei die Bundeswehr in der Lage. Die Rüstungsindustrie habe signalisiert, dass Marder, die an die Ukraine geliefert würden, sofort ersetzt werden könnten.

Fehleinschätzung in der Russland-Politik

Steinmeier räumte eigene Fehleinschätzungen in den vergangenen Jahren in seiner Russland-Politik ein. Zur bitteren Bilanz der letzten Jahre gehöre, dass auch er gedacht habe, dass "ein Putin des Jahres 2022 am Ende nicht den totalen politischen, wirtschaftlichen, moralischen Ruin des Landes hinnehmen würde für seine imperialen Träume oder für seinen imperialen Wahn". Man hätte nach 2014 mehr auf Warnungen osteuropäischer Partner hören sollen und den Bau der deutsch-russischen Nord-Stream-2-Gaspipeline durch die Ostsee stoppen sollen. Die Planung habe zwar bereits vorher stattgefunden, aber die Realisierung sei erst nach der Annexion der Krim erfolgt. "Deshalb war das Festhalten sicher ein Fehler", fügte Steinmeier hinzu. Das Projekt habe Deutschland viel Kredit und Glaubwürdigkeit bei osteuropäischen Partnern gekostet.

Steinmeier wies aber den Vorwurf zurück, dass seit Jahrzehnten klar sei, wie sich Putin entwickeln würde. Der Putin des Jahres 2022 sei nicht derselbe wie der des Jahres 2001. "Auf der Strecke ist etwas passiert", sagte der Bundespräsident.

Botschafter Melnyk sieht das Fehler-Eingeständnis von Steinmeier nur als "ersten Schritt". "Für uns ist wichtig, dass jetzt Taten folgen, diesen Aussagen. Diese Taten fehlen", sagte Melnyk im Deutschlandfunk. "Also ich würde mir schon wünschen, wie viele meiner Landsleute, dass der Bundespräsident jetzt nicht nur diese Reue zeigt, sondern dass er auch von der Bundesregierung als Staatschef verlangt, die Lehren zu ziehen aus dem Massaker von Butscha, aus anderen Gräueltaten, die wir Tag und Nacht jetzt in der Ukraine erleben." Konkret bedeute das unter anderem schärfere Sanktionen und ein Energie-Embargo, sagte der Botschafter.

Steinmeier, der von 2005 bis 2009 und von 2013 bis 2017 deutscher Außenminister war, hatte schon am Montag erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. "Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler", sagte er. "Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben."

Melynk forderte am Dienstag nicht nur von der Politik Konsequenzen. "Wir glauben, dass das, was in den letzten über zwei Jahrzehnten hier in Deutschland geschehen ist, dringend aufgearbeitet werden muss, und zwar nicht nur politisch, sondern auch auf der Ebene der Gesellschaft und der Medien", sagte er.

Die Frage sei, wie Deutschland energiepolitisch "fast vollständig" vom russischen Staat abhängig habe werden können. Diese Abhängigkeit müsse die Ukraine nun mit dem Leid ziviler Opfer ausbaden.

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