Stadt bei Kiew von Leichen in Zivilkleidung übersät: EU "erschüttert"
Von Daniela Kittner
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat sich nach der Entdeckung zahlreicher getöteter Zivilisten in der Region um Kiew entsetzt gezeigt. „Eine unabhängige Untersuchung ist dringend erforderlich“, schrieb die deutsche Politikerin am Sonntag auf Twitter. Zugleich versicherte sie, dass die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen würden. Auch Ratspräsident Charles Michel sagt, die EU werde die Untersuchung von „Gräueltaten“ der russischen Armee in Vororten von Kiew unterstützen. Michel zeigte sich auf Twitter „erschüttert“ über Bilder aus dem ukrainischen Ort Butscha und sprach von einem „Massaker“. Die EU werde bei der „Sammlung der notwendigen Beweise für die Verfolgung vor internationalen Gerichten“ helfen, kündigte er an.
AFP-Reporter berichten von erschossenen Zivilisten
Die russische Armee hatte sich zuletzt in der Region um Kiew zurückgezogen. In Butscha wurden danach laut Angaben der ukrainischen Behörden fast 300 Leichen gefunden. AFP-Reporter berichteten, dass zahlreiche Toten zivile Kleidung getragen hätten. Sie sahen auf einer einzigen Straße in Butscha mindestens 20 Leichen liegen.
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von Kriegsverbrechen und „Völkermord“. „Das, was in Butscha und anderen Vororten von Kiew passiert ist, kann man nur als Völkermord bezeichnen“, sagte er der „Bild“. „Es sind grausame Kriegsverbrechen, die (Russlands Präsident Wladimir) Putin dort zu verantworten hat. Zivilisten, die mit verbundenen Händen erschossen wurden.“
Ukraine: "Hölle des 21. Jahrhunderts"
Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak teilte im Kurznachrichtendienst Twitter ein Foto, auf dem erschossene Männer zu sehen waren. Einem der Männer waren die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Echtheit konnte nicht unabhängig geprüft werden. Auf einem anderen Foto waren Leichen auf einer Straße zu sehen. „Die Hölle des 21. Jahrhunderts“, kommentierte Podoljak.
Klitschko forderte: „Für die ganze Welt und insbesondere Deutschland kann es nur eine Konsequenz geben: Kein Cent darf mehr nach Russland gehen, das ist blutiges Geld, mit dem Menschen abgeschlachtet werden.“ Ein Embargo auf russisches Gas und Öl müsse sofort kommen. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau nahm zu den Vorwürfen zunächst nicht Stellung.
EU will Sanktionen verschärfen
Michel kündigte an, angesichts der „erschütternden Bilder“ aus Butscha den wirtschaftlichen Druck auf Russland weiter erhöhen zu wollen. „Weitere EU-Sanktionen und Unterstützung (für die Ukraine) sind auf dem Weg“, schrieb er auf Twitter.