Sozialpartner: Kampf gegen Europa-Frust
Keine Lügen mehr über Europa, keine Euro-Austrittsszenarien für Griechenland oder andere Staaten, keine Rückkehr zum Schilling: "Die Sozialpartner wollen diese Argumente nicht mehr länger Demagogen überlassen", sagte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl zum Auftakt der Herbsttagung der Sozialpartner am Montag in Bad Ischl.
Geschickt umschifften die Vertreter der Sozialpartner-Organisationen die klare Benennung ihrer Zielgruppe: Die EU-Gegner und die Anhänger der Stronach-Partei. "Wir wollen den Dialog mit den Österreichern suchen, das offene Wort." Um Europa besser zu erklären, starten die Sozialpartner jetzt eine Europa-Informationsoffensive. Bis Ende des Jahres soll es eine Plattform für breite Kampagne geben.
Drei Schwerpunkte stehen im Zentrum: Wirtschaft und Beschäftigung, Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit und die Abwehr von Finanzspekulationen, die die Realwirtschaft bedrohen. Die Kampagne soll, so Leitl, die Botschaft vermitteln: "Die Sozialpartner bewähren sich als Krisenfeuerwehr in Europa. Sie verhindern die Brände."
Leitlinien
Die Grundsätze der Sozialpartner, die in einem Manifest mit dem Titel "Zukunft Europa" auf 36 Seiten zusammengefasst sind, wurden Montagnachmittag der Regierungsspitze von Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger sowie EU-Kommissar Johannes Hahn und dem Chef der Sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, Hannes Swoboda, übergeben.
Ausgesprochen harmonisch gaben sich die Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertreter bei der gemeinsamen Pressekonferenz: "Die EU ist die vernünftigste Alternative aller Denkmöglichkeiten", sagte AK-Chef Herbert Tumpel. Er verwahrte sich gegen das andauernde "Bashing" der Euro-Schuldenländer: 90 Prozent des Handelns würde in der EU selbst stattfinden.
Arbeiterkammer und ÖGB forderten eine stärkere Eindämmung von Steuerbetrug: Der EU würden dadurch rund 500 Milliarden Euro im Jahr entgehen.
Für ein Mehr an Europa – "aber nicht um jeden Preis" – setzte sich ÖGB-Vorsitzender Erich Foglar ein. Er betonte, dass es neben der Haushaltskonsolidierung auch Wachstumsimpulse geben müsse. Der Fiskalpakt und mehr gemeinsame Wirtschafts- und Budgetpolitik sollen aber keine Nivellierung der Sozialstandards nach unten bedeuten: "Es darf kein Diktat der nationalen Budgets geben", warnte der ÖGB-Boss. Die EU habe kein Recht, sich in das österreichische Pensionssystem einzumischen: "Wir brauchen keine Troika, die uns den Kollektivvertrag, das Pensionsantrittsalter oder die Verkehrspolitik vorschreibt."
Der Präsident der Landwirtschaftskammer, Gerhard Wlodkowski, appellierte an Kanzler Faymann, sich bei den Verhandlungen für das mehrjährige EU-Budget für Österreichs Bauern einzusetzen. Ein Minus an Förderungen könnte Tausende Arbeitslose in der Landwirtschaft nach sich ziehen.
Kein Hehl machten die Sozialpartner daraus, dass die EU schon längst eine Haftungsunion ist: "In gewissen Bereichen müssen wir füreinander einstehen", hieß es unisono.